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Die Arbeitssituation für wissenschaftliche Mitarbeiter an Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen ist wegen vieler befristeter Verträge weiter unsicher. Darin waren sich die Sachverständigen im öffentlichen Fachgespräch des Ausschusses für Bildung und Forschung unter Vorsitz von Ulla Burchardt (SPD) am Mittwoch, 30. November 2011, einig. Die Ursache liege aber nicht im Wissenschaftszeitvertragsgesetz, das Gegenstand des Gespräches war.
Dr. Ursula Nelles, Jura-Professorin und Rektorin der Universität Münster, schilderte die Personalsituation an den Hochschulen. „Auf eine wissenschaftliche Mitarbeiterstelle setzt man häufig vier Doktoranden“, sagte Nelles. Auf der einen Seite könnten die Hochschulen nicht genügend reguläre Stellen schaffen, auf der anderen Seite steige die Zahl der Qualifizierten.
Die Universitäten würden angehalten, verstärkt Drittmittel (neben eigenen Mitteln und institutioneller Förderung) für befristete Projekte einzuwerben. Gleichzeitig werde die institutionelle Förderung gekürzt, mit der unbefristete Stellen möglich wären.
„Man verwechselt Ursache und Wirkung, wenn man das Ansteigen der Befristung mit dem Gesetz begründet“, sagte Prof. Dr. Ulrich Preis, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Deutsches und Europäisches Arbeits- und Sozialrecht an der Universität Köln. Es sei klar, dass „das Ansteigen der Studierendenzahlen bei gleichbleibender Zahl der Professoren zu dieser Schieflage“ führen müsse.
Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz verhindere keine unbefristete Perspektive für forschende und lehrende Mitarbeiter. „Wenn ich Stellen zu vergeben habe, kann ich auch unbefristet beschäftigen“, meinte Preis. Das sei aber oft nicht der Fall.
Manfred Scheifele vom Gesamtbetriebsrat der Fraunhofer-Gesellschaft sagte, die Möglichkeit, einen Mitarbeiter ohne Begründung nur für maximal zwei Jahre einzustellen, ermögliche es Arbeitgebern, das Risiko auf Arbeitnehmer abzuwälzen. Das Fraunhofer-Institut erlebe ein kontinuierliches Wachstum in den vergangenen Jahren. Trotzdem werde ein Großteil der Mitarbeiter nur befristet eingestellt. Es handele sich um eine Art „dauerhafte Erprobung“.
„Der größte Handlungsbedarf liegt im Postdoc-Bereich“, meinte Anke Burkhardt, Geschäftsführerin des Instituts für Hochschulforschung der Universität Halle-Wittenberg. Das Gesetz sei nur „die Spitze des Eisbergs, es muss längerfristig grundsätzlich eine andere Lösung gefunden werden“.
„Die Daten haben deutlich gemacht: So kann es nicht weitergehen“, sagte Andreas Keller von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Die hohe Zahl der befristet beschäftigten Wissenschaftler habe auch Folgen für die Qualität von Forschung und Lehre.
Er forderte unter anderem eine gesetzlich festgelegte Mindestlaufzeit von Arbeitsverträgen, die verbindliche Ausgestaltung der „familienpolitischen Komponente“, mit der Verträge verlängert werden können, wenn Mitarbeiter Kinder großziehen, und die Pflicht, dass der Bund bei der Vergabe von Aufträgen auf die Personalpolitik der Auftragnehmer achten muss.
Georg Jongmanns von der Hochschul-Informations-System GmbH, die im Auftrag des Bundesforschungsministeriums das Wissenschaftszeitvertragsgesetz ausgewertet hatte, zeigte Aspekte auf, in denen das Gesetz überarbeitet werden könnte. So gebe es beispielsweise keine einheitliche Regelung, wie mit studentischen Hilfskräften verfahren werde. Diese könnten befristet angestellt werden, solange das Studium nicht abgeschlossen sei.
Für manche Hochschulen sei das Ende des Studiums schon mit dem Bachelor erreicht, für andere erst mit dem Master. Die Möglichkeit, Mitarbeiter über drittmittelfinanzierte Projekte einzustellen, nutzten einige Hochschulen auch, obwohl sie die Wissenschaftler ebenso gut aus eigenen Töpfen bezahlen könnten. Auf diese Weise erhielten sie mehr Flexibilität.
Grundlage des Fachgesprächs waren ein Antrag der SPD (17/6336), zwei Anträge der Linksfraktion (17/4423, 17/6488) und zwei Anträge von Bündnis 90/Die Grünen (17/4203, 17/7773) zum Thema (ske).