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Waffenlieferungen nach Ägypten, Konsequenzen aus dem Scheitern der CCS-Technologie, mehr Bürgerbeteiligung bei der Planung von Verkehrsprojekten – in der Fragestunde des Bundestages (17/8101) am Mittwoch, 14. Dezember 2011, stehen viele unterschiedliche Themen im Fokus. Frank Schwabe, klimapolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, will sich in der zweistündigen Fragestunde nach Fördergeldern für den internationalen Klimaschutz erkundigen, die Bundesumweltminister Dr. Norbert Röttgen (CDU) vergangene Woche auf der UN-Klimakonferenz im südafrikanischen Durban angekündigt hat, wie er im Interview mitteilt:
Herr Schwabe, der Bundesumweltminister hat sich in seiner Rede auf der Klimakonferenz für den Sitz des so genannten Grünen Klimaschutzfonds in Deutschland stark gemacht und in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass Deutschland 2011 bereits rund 1,8 Milliarden Euro für internationale Klimaprojekte ausgegeben habe. In der Fragestunde bitten Sie um detaillierte Informationen zur Herkunft dieser Gelder. Warum?
Weil ich andere Zahlen kenne. Mir liegt eine Übersicht der Gelder vor, die im Bundeshaushalt 2011 für den internationalen Klimaschutz zur Verfügung stehen – und da komme ich nicht auf 1,8 Milliarden, sondern allenfalls auf ungefähr 1,2 Milliarden Euro. Aber schon diese Summe würde ich kritisch sehen. Davon werden nämlich auch Projekte finanziert, die eigentlich unter die „normale“ Entwicklungszusammenarbeit fallen, etwa der Brunnenbau zur Wasserversorgung in einem Entwicklungsland. Der ist notwendig –  aber völlig unanhängig vom Klimaschutz. Eine solche Förderung zum internationalen Klimaschutz zu rechnen, ist zumindest zu hinterfragen.
Woher könnte denn das Geld kommen, das die Bundesregierung versprochen hat?
Ich könnte mir denken, dass es aus dem Sondervermögen „Energie- und Klimafonds“ zur Verfügung gestellt werden soll. In diesen Fonds fließen ab 2012 die gesamten Erlöse aus dem Emissionshandel. Das Problem ist nur, dass derzeit der Preis für die Kohlendioxidzertifikate mehr als die Hälfte unter dem ursprünglichen angesetzten Preis liegt. Es ist daher hochgradig zweifelhaft, ob die finanziellen Mittel aus dem Fonds für die Klimaschutzprojekte wirklich zur Verfügung stehen. Deswegen möchte ich genau vorgerechnet bekommen, woher das Geld kommen soll.
Warum sind Sie so misstrauisch? Grundsätzlich ist es doch zu unterstützen, dass mehr Geld für den Klimaschutz zur Verfügung gestellt wird...
Natürlich ist es gut, wenn Deutschland auf internationalen Konferenzen Fördergelder verspricht. Doch: Wenn man Zusagen gibt, müssen diese auch durch Zahlen unterlegt sein. Und die 40 Millionen, die Röttgen zudem in Durban für den Aufbau des Grünen Klimaschutzfonds zugesagt hat, sehe ich im gerade beschlossenen Haushalt nicht. Hinzu kommt, dass wir leider bereits erlebt haben, dass Geld versprochen wurde, welches gar nicht zur Verfügung stand. So etwas ist ein Problem – zum einen, weil das Parlament solche Ausgaben zu billigen hat. Da muss transparent sein, woher die finanziellen Mittel kommen. Gelder irgendwo zu verstecken, das darf nicht sein! Zum anderen geht es um das Vertrauen der anderen Länder auf der Welt. Man kann eigentlich nichts Schlimmeres tun, als dieses Vertrauen zu missbrauchen, indem man gegebene Zusagen nicht einhält.
Sie befürchten zudem, dass bestehende Projekte einfach „umetikettiert“ werden und die Unterstützung anderer Projekte zugunsten des Klimaschutzes gekürzt werden könnte?
Ja. Es wurde zum Beispiel auf der letzten Klimakonferenz in Kopenhagen verabredet, dass Deutschland zur „Fast-Start-Finance“, also zur Anschubfinanzierung für internationale Klimaschutzprojekte, von 2009 an bis 2012 insgesamt 1,26 Milliarden Euro zur Verfügung stellt. Dabei sollte es sich ausdrücklich um zusätzliche Fördergelder handeln. Doch nur etwa 12 Prozent dieser zugesagten Milliarden war wirklich neues, zusätzliches Geld. Die Bundesregierung hat also schon einmal die internationale Gemeinschaft falsch informiert und hinter die Fichte geführt. Das hat uns Vertrauen gekostet – das darf nicht noch einmal passieren.
(sas)