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Vorabmeldung zu einem Interview in der nächsten Ausgabe der Wochenzeitung
„Das Parlament“ (Erscheinungstag: 06. Dezember 2010)
– bei Nennung der Quelle frei zur sofortigen Veröffentlichung –
Der FDP-Finanzexperte Daniel Volk rechnet mit raschen Beschlüssen der Koalition zur angestrebten Steuervereinfachung. “Bei der Vereinfachung des Steuersystems gehen wir momentan mit großen Schritten voran”, sagte der Obmann der FDP-Fraktion im Bundestags-Finanzausschuss in einem Gespräch mit der Wochenzeitung „Das Parlament“ (Erscheinungstag: 06. Dezember 2010). Noch im Dezember werde es eine Beschlussfassung der Koalitionsspitzen zu den einzelnen Steuervereinfachungsvorschlägen geben. Dann werde das Finanzministerium “sehr zügig einen Referentenentwurf vorlegen können”. Er gehe davon aus, dass Bundestag und Bundesrat die Maßnahmen zur Steuervereinfachung noch vor der Sommerpause 2011 beschließen.
Das Interview im Wortlaut:
Herr Volk, stolpert die Koalition gerade über ihr Projekt der Steuervereinfachung in den „Herbst der Entscheidungen“?
Im Gegenteil. Bei der Vereinfachung des Steuersystems gehen wir momentan mit großen Schritten voran. Im Dezember werden wir eine Beschlussfassung der Koalitionsspitzen zu den einzelnen Steuervereinfachungsvorschlägen haben. Das Finanzministerium wird dann sehr zügig einen Referentenentwurf vorlegen können. Ich gehe davon aus, dass wir die Maßnahmen zur Steuervereinfachung noch vor der kommenden Sommerpause im Bundestag wie im Bundesrat beschließen werden.
Dennoch sorgt insbesondere die Gewerbesteuer für Streit in der Koalition. Ihre Fraktionschefin Birgit Homburger hat dem Finanzminister kürzlich sogar schlechten Stil vorgeworfen, als er an der Finanzkommission vorbei Vorschläge gemacht hat.
Wir waren schon ein wenig überrascht, dass Wolfgang Schäuble mit neuen Vorschlägen kam, beispielsweise dem Aufschlag einer Kommunalsteuer auf die Einkommensteuer. Das war ja bis dahin in der Kommission kein besonders großes Thema gewesen. Dieser Vorschlag des Finanzministers wurde dann allerdings brüsk abgelehnt durch die Vertreter der kommunalen Spitzenverbände.
Anders als Schäuble will die FDP die Gewerbesteuer abschaffen und durch eine andere Besteuerung ersetzen. Was haben Sie gegen die Gewerbesteuer?
Ganz einfach: Ihr großes Problem ist die starke Abhängigkeit von der Konjunktur. Ganz zu schweigen von ihrem bürokratischen Aufwand. Wichtig ist uns daher - und das wird auch derzeit in der Kommission zur Neuordnung der Gemeindefinanzen beraten - , ob man statt der Gewerbesteuer eine Form der Gewerbebesteuerung hinbekommt, die nicht derart konjunkturabhängig ist und ob man den Gemeinden einen höheren Anteil an anderen Steuereinnahmen, die weitaus weniger konjunkturabhängig sind, gewährt. Zu nennen wäre hier zum Beispiel die Umsatzsteuer, aber auch die Lohnsteuer, die als Teil der Einkommensteuer ebenfalls deutlich weniger abhängig ist vom Auf und Ab der Konjunktur.
Die FDP steht mit ihren Forderungen ja keineswegs alleine da. Auch in der Union...
...vertreten einige diese Position, das ist richtig. Thematische Trennlinien verlaufen eben immer auch innerhalb der Parteien. Innerhalb der Union sind es vor allem die Kommunalpolitiker, die gegen die Abschaffung der Gewerbesteuer sind, weil sie glauben, „Oh je! Jetzt fällt uns unsere finanzielle Basis weg, und wir haben nur noch die Hälfte der Einnahmen!“ Dieses Missverständnis ist leider weit verbreitet.
Nur ein Missverständnis?
Aber sicher. Die Gewerbesteuer soll ja nicht ersatzlos wegfallen. Mich wundert ohnehin, wie diese Diskussion geführt wird. Denn unterm Strich sind sich doch alle durch die Bank einig, dass die Gewerbesteuer eine zu konjunkturabhängige Einnahmequelle der Gemeinden ist. Aber es geistern eben auch sehr viele Fehlinformationen herum. Der Städte- und Gemeindetag behauptet etwa, wir wollten Unternehmen nicht mehr an Kosten, die in einer Kommune anfallen, beteiligen. So ein Unsinn! Das Gegenteil ist der Fall.
Das müssen Sie erklären.
Wir wollen das Band zwischen Wirtschaft und Kommune wieder stärken - und eben auch erreichen, dass jede Gemeinde ein Interesse daran hat, Unternehmen bei sich anzusiedeln und Arbeitsplätze zu schaffen. Diesen Anreiz könnte man zum Beispiel auch dadurch schaffen, indem man Kommunen einen höheren Anteil an der Lohnsteuer gewährt, die dort durch die Arbeitgeber gezahlt wird.
Auch die Opposition hat sich hierzu ihre Gedanken gemacht...
...und marschiert in die komplett falsche Richtung. Jetzt steht plötzlich das Schlagwort der „Verstetigung der Gewerbesteuer"“im Raum. Das klingt schön, heißt aber letztendlich, dass Unternehmen Gewerbesteuer zahlen müssen, obwohl sie möglicherweise gar keinen Gewinn machen, weil nämlich Verstetigung bedeutet, dass viel stärker die so genannte Substanzbesteuerung in den Vordergrund rückt.
Etwas konkreter bitte!
Konkret bedeutet dies, dass sich die Besteuerung nach diesem Modell nicht mehr an der eigentlichen Gewinnleistung eines Unternehmens orientiert, sondern dass stattdessen eine Mindestbesteuerung herbeigeführt wird durch Hinzurechnung von Ausgaben wie Mieten, Pachten, Zinsen etc. Das ist für uns der vollkommen falsche Ansatz. Wir sind der Auffassung, dass gerade hierdurch die Gewerbesteuer sogar krisenverschärfend wirkt.
Wie bitte?
Es liegt doch auf der Hand: In schwierigen Zeiten, in denen ein Unternehmen knapp an der Gewinnschwelle hängt und gleichzeitig Steuern bezahlen muss, ohne dass Gewinn erwirtschaftet wird – dies bringt diese Unternehmen an den Rand ihrer Existenz. Das gilt besonders für den Mittelstand. Und noch etwas: Wir beklagen uns in Deutschland zurecht über die zu geringe Eigenkapitalbasis der – insbesondere mittelständischen - Unternehmen. Und jetzt sollen wir durch die Verstetigung der Gewerbesteuer diese Eigenkapitalbasis noch weiter zusammenschmelzen?!
Auf der anderen Seite wirft ihnen die Opposition vor, Sie schützten Ihre Klientel, indem Sie die Freiberufler nicht in die Gewerbesteuer einbeziehen.
Zunächst einmal: Unsere Klientel sind die Familien, die haben wir zu Beginn des Jahres entlastet. Und dann ist es schon interessant, dass die jetzige Opposition, die sich jetzt hinstellt, die Abschaffung der Gewerbesteuer verteufelt und die schlechte Haushaltslage vieler Kommunen beklagt, zuvor selbst für deren Schieflage gesorgt hat, als sie vor sieben Jahren in der Regierungsverantwortung stand. Während Rot-Grün damals den Kommunen immer mehr Aufgaben aufbürdete – wie etwa die Kosten für Unterkunft im Rahmen von Hartz IV – , sagte die Regierung damals gleichzeitig: Die Kosten tragt aber mal schön selbst! Und jetzt sollen die Freiberufler Schuld sein, weil sie keine Gewerbesteuer zahlen?
Die Opposition jedenfalls sieht dies so.
Die Forderung nach einer Gewerbesteuerpflichtigkeit der Freiberufler klingt zunächst reizvoll. Auf den zweiten Blick aber wird klar: In den entscheidenden Fragen zur Verbesserung der kommunalen Finanzbasis bringt sie uns überhaupt nicht weiter. Die meisten der Freiberufler unterliegen der Einkommensbesteuerung, und bei der Einkommensteuer ist es so, dass derjenige, der gewerbesteuerpflichtig Einkommensteuer zahlt, seine Gewerbesteuerschuld, die er sozusagen dem Bürgermeister zahlt, von seiner Einkommenssteuerschuld direkt abziehen kann.
Verglichen damit ist aber gerade bei der Gewerbesteuer bislang wenig passiert.
Wir warten auf die konkreten Vorschläge der Regierungskommission. Ich hoffe aber, dass diese jetzt so schnell wie möglich auf den Tisch kommen und wir diese bewerten und entscheiden können. Wenn die Ergebnisse präsentiert sind, bin ich mir auch sicher, dass wir eine konstruktive Debatte führen und sie schnell zur Umsetzung bringen werden.
Mit welchen Ergebnissen rechnen Sie bei der Gewerbesteuer?
Ich glaube, die Gewerbesteuer wird in ihrer jetzigen Ausgestaltung nicht überdauern. Ich glaube aber auch, dass die Frage der Kommunalfinanzen weniger ein sachliches als ein politisches Thema ist und wir aus diesem Grund noch einige, zum Teil auch sehr hitzige Debatten zu diesem Thema führen werden. Das Kapitel nicht damit sicher noch nicht beendet.
In der aktuellen Ausgabe der Wochenzeitung „Das Parlament“, Nr. 50, lesen Sie:
Weitere Themen sind unter anderem: Piraten im Netz – zur Notwendigkeit von Neuregelungen im Urheberrecht. Im Schnitt 801 Euro für langzeitarbeitslose Singles. Eine Stimme fehlt: nach dem Aus für Schwarz-Grün in Hamburg herrschen neue Stimmverhältnisse.
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