Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Archive > 2009 > Aufenthaltsrechtliche Übermittlungspflichten
In einer 45-minütigen Debatte hat der Bundestag am Donnerstag, 26. November, in erster Lesung über zwei Anträge der von Bündnis 90/Die Grünen und der Linksfraktion zu einer Änderung des Aufenthaltsgesetzes beraten. Beide Fraktionen fordern, das Bleiberecht für geduldete Ausländer zu verlängern. Nach der so genannten Altfallregelung haben bis zum Sommer 2009 rund 62.600 geduldete Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis erhalten; jeder zweite allerdings „auf Probe.“ Mehr als 30.000 Menschen könnten zum Jahresende in den Status der Duldung zurückfallen, wenn sie nicht nachweisen können, eigenständig ihren Lebensunterhalt zu sichern.
Bündnis 90/Die Grünen fordern in ihrem Antrag (17/34 neu), die Regelung um ein Jahr zu verlängern. Die Linke fordert darüber hinaus (17/19), eine Aufenthaltserlaubnis auch dann zu erteilen, wenn „eine Abschiebung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen in absehbarer Zeit nicht möglich ist.“
Während die SPD ankündigte, eine Neuregelung des Aufenthaltsgesetzes zu unterstützen und zudem einen eigenen Gesetzentwurf einzubringen, hielten die Vertreter von FDP und CDU/CSU die in der kommenden Woche tagende Innenministerkonferenz für das in der Frage zuständige Gremium.
Der Abgeordnete Reinhard Grindel (CDU/CSU) warb für seine Fraktion um eine „differenzierte Lösung.“ Die im Jahr 2007 beschlossene Bleiberechtslegung solle „Geduldeten, die sich gut integriert haben, helfen“; eine „Zuwanderung in die Sozialsysteme“ solle allerdings auch weiterhin verhindert werden. Wer in Deutschland bleiben wolle müsse „nachweisen können dass er sich zumindest um Arbeit bemüht hätten.“
Sowohl Grüne wie Linke argumentieren in ihren Anträgen, die Wirtschaftskrise mache das Finden von Arbeit für Flüchtlinge derzeit nahezu unmöglich. Ulla Jelpke (Die Linke) sagte im Plenum, mit 30.000 „Mitmenschen auf Abruf“ sei 2007 eine „kleinmütige Teillösung“ gefunden worden: „Diese Menschen brauchen Rechtssicherheit.“
Der FDP-Abgeordnete Hartfrid Wolff warf der Linken vor, bei den Betroffenen das „Anspruchsdenken zu fördern“ und „de facto auf jede Steuerung der Zuwanderung verzichten zu wollen“. Das erweise der Integration wie der Akzeptanz in der Bevölkerung einen „Bärendienst“.
Stephan Mayer (CDU/CSU) sagte, es drohe „keine humanitäre Katastrophe.“ Auch jenen 15.000 Menschen, die als Hartz-IV-Empfänger in die Duldung zurückfallen könnten, drohe nicht die Abschiebung.
Rüdiger Veit (SPD) erinnerte daran, dass das Bemühen der rot-grünen Regierung, die Duldung abzuschaffen, dereinst am Widerstand des Bundesrates gescheitert sei. Er kündigte einen Gesetzentwurf der SPD an, der ebenfalls von der unbedingten Pflicht zur eigenständigen Sicherung des Lebensunterhaltes abweicht: „Wer sich seit zehn Jahren hier aufhält, soll bleiben können." In Ausnahmefällen auch früher: Familien bereits ab sechs Jahren, Minderjährige nach vier. Auch Geduldete, die in Deutschland einen Schulabschluss gemacht haben, sollten bleiben dürfen.
Josef Winkler (Bündnis 90/Die Grünen) forderte das Parlament auf, sich für eine Regelung auf Bundesebene einzusetzen. Ein von der Innenministerkonferenz gefällter Beschluss sei ein „demokratischer Rückschritt.“ Die Frage sei keine, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit „beim Kamingespräch“ geklärt werden könne.
Die vom 2. bis 4. Dezember in Bremen tagenden Innenminister der Länder haben das Thema ebenfalls auf der Tagesordnung. Nach der ersten Lesung verwies Bundestagspräsident Wolfgang Thierse die Beratung der Gesetzentwürfe an die Ausschüsse des Bundestages. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes lebten am 31. Dezember 2008 103.218 Menschen mit einer Duldung in Deutschland.