Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Archive > 2010 > Lohndumping und Zeitarbeit
Mit Maßnahmen gegen Lohndumping und Missbrauch in der Zeitarbeitsbranche will sich der Bundestag am Donnerstag, 28. Januar 2010, auf Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke (17/426) in einer rund 90-minütigen Debatte ab 11.10 Uhr befassen. Nach der ersten Lesung sollen die Anträge in den Ausschüssen weiterberaten werden. "Die Auswüchse des Missbrauchs der Zeitarbeit sind nicht mehr länger hinnehmbar", heißt es in dem von den Bündnisgrünen eingebrachten Antrag. Der Gesetzgeber müsse entschieden dagegen angehen, damit Zeitarbeit nicht mehr zum Austausch der Stammbelegschaft und damit zur Abschaffung regulärer Beschäftigungsverhältnisse ausgenutzt werde, fordern die Abgeordneten.
Sie verlangen, dass Zeitarbeitskräfte zu den gleichen Bedingungen wie die Stammbelegschaft eingestellt werden und ihnen ein gesetzlicher Mindestlohn gezahlt wird. Als bekanntestes Beispiel eines Unternehmens, das Zeitarbeit gezielt zum Lohndumping ausnutzt, führen sie die Drogeriekette Schlecker an. Der Discounter habe gezielt Mitarbeiter entlassen und dann zu deutlich schlechteren Bedingungen über eine Zeitarbeitsfirma wieder eingestellt, heißt es in dem Antrag.
"Reguläre Beschäftigungsverhältnisse sollen die Regel bleiben. Dazu muss die konzerninterne gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung gesetzlich verboten werden." Bündnis 90/Die Grünen stellen aber auch klar, dass Zeitarbeit nicht generell abgeschafft werden solle, da sie vor allem für kleine und mittlere Unternehmen unverzichtbar sei. Denn besonders Mittelständler benötigten kurzfristig Personal, um Auftragsspitzen zu bewältigen.
Deshalb solle die Zeitarbeit in Zukunft wieder als kurzzeitige Vertretung und zur Abfederung von Auftragsspitzen eingesetzt werden. Den Arbeitnehmern in Zeitarbeitsfirmen müssten zudem die gleichen Arbeitsbedingungen wie der Stammbelegschaft zugesichert werden.
Noch vor der Sommerpause soll nach dem Willen der Grünen ein Gesetz gegen den Missbrauch der Zeitarbeit verabschiedet werden. Dafür schlägt die Fraktion eine Vielzahl konkreter Maßnahmen vor. Unbedingt notwendig sei ein Mindestlohn für die Zeitarbeitsbranche, der auch in verleihfreien Zeiten gezahlt wird.
Um die Flexibilität von Zeitarbeitnehmern zu honorieren, solle ihnen zudem eine gesetzlich verankerte Prämie in Höhe von zehn Prozent des Bruttolohns gezahlt werden. Eine ähnliche Risikoprämie gebe es bereits in Frankreich.
Außerdem solle eine Quote für Leiharbeitskräfte eingeführt werden. "Ziel muss sein, dass im nächsten Konjunkturaufschwung nicht mehr die Zeitarbeit, sondern reguläre Beschäftigungsverhältnisse die am stärksten wachsende Beschäftigungsform sind", heißt es in dem Antrag.
"Angesichts der sich abzeichnenden erneuten Zunahme der Leiharbeitsverhältnisse muss der Gesetzgeber endlich tätig werden und verhindern, dass Leiharbeit weiterhin als Instrument zum Lohndumping eingesetzt wird", schreibt die Fraktion Die Linke in ihrem Antrag.
Sie stellt fest, dass das Vorgehen von Schlecker "leider kein Einzelfall" sei. Bereits heute sei jeder achte Zeitarbeiter ein so genannter Aufstocker und beziehe zusätzlich Hartz-IV-Leistungen, weil sein Lohn nicht zum Leben reiche.
"Das ist ein unhaltbarer Zustand. Die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler müssen dafür aufkommen, dass Arbeitgeber wie Schlecker keine anständigen Löhne mehr zahlen", schreibt die Fraktion.
Mit Einführung von Hartz IV sei auch die Leiharbeitsbranche dereguliert worden, heißt es weiter in dem Antrag. So sei die Begrenzung der Überlassungshöchstdauer vollständig aufgehoben und Ausnahmeregelungen vom Gleichbehandlungsgrundsatz seien zugelassen worden.
Zeitarbeiter fielen nicht unter den Kündigungsschutz, die betriebliche Mitbestimmung sei ausgehebelt und sie verdienten im Durchschnitt 30 Prozent weniger als Mitarbeiter der Stammbelegschaft, betonen die Abgeordneten. Sie fordern deshalb, den Gleichbehandlungsgrundsatz ohne Einschränkungen durchzusetzen und keine Ausnahmeregelungen im Arbeitnehmerentsendegesetz mehr zuzulassen.
Wie die Grünen spricht sich auch Die Linke für eine Flexibilitätsprämie von zehn Prozent des Bruttolohnes für Zeitarbeiter aus. Die Überlassungshöchstdauer für Leiharbeiter solle auf drei Monate begrenzt werden.