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Die Bundesregierung will das deutsche Steuerrecht durch zahlreiche Änderungen an europarechtliche Vorgaben anpassen. Einen entsprechenden Gesetzentwurf (17/506) hat der Bundestag in erster Lesung am Donnerstag, 28. Januar 2010, beraten. Dabei warfen die Oppositionsfraktionen der Regierung vor, mit den im Entwurf verankerten Regelungen weiterzugehen als es das EU-Recht fordere. Die Linke sprach von Klientelbedienungspolitik, Bundnis90/Die Grünen von Klientelwirtschaft. Unter anderem sieht der Entwurf Anpassungen vor in den Bereichen der Riester-Rente für Grenzarbeitnehmer, des Wohn-Riesters für selbstgenutzte Wohnimmobilien im EU-Ausland und den Ländern des europäischen Wirtschaftsraumes, der Abziehbarkeit von Spenden und der Förderung von Mitarbeiter-Kapitalbeteiligungen an Unternehmen.
Die Oppositionsparteien kritisierten besonders heftig die Regelung, wonach künftig lediglich Universal-Postdienstleistungen von der Umsatzsteuer ausgenommen sein sollen. Hierzu zählt der Gesetzentwurf Briefsendungen bis 2.000 Gramm einschließlich andressierten Büchern, Katalogen, Zeitungen und Zeitschriften, die Beförderung von adressierten Paketen bis zehn Kilogramm Gewicht sowie von Einschreibe- und Wertsendungen.
Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Hartmut Koschyk (CDU/CSU), betonte in der Debatte, dass der Gesetzentwurf wichtige steuerpolitische Maßnahmen aufgreife, die auch Gegenstand des Koalitionsvertrages seien.
Dazu zählten vor allem die Liberalisierung auf dem Postmarkt und die Mitarbeiter-Kapitalbeteiligung. Die Umsatzsteuerregelung für das Postwesen stelle sicher, so Koschyk, "dass Postdienstleistungen für die breite Bevölkerung erschwinglich bleiben“. Wettbewerbsnachteile anderen Postdienstleistern gegenüber würden so beseitigt.
Sabine Bätzing von der SPD-Fraktion kritisierte, dass die Umsatzsteuerregelung ehrenamtliche Vereine benachteilige, für die Portomehrkosten entstünden: "Die EU will eine Grundversorgung aller Bürgerinnen und Bürger mit Postzustellungen fördern, die ehrenamtliche Tätigkeit gehört auch dazu." Die Regelung im Gesetzentwurf sei deshalb falsch.
Der FDP-Sprecher für den europäischen Wirtschafts- und Rechtsraum, Dr. Daniel Volk, verteidigte den Gesetzentwurf der Bundesregierung. "Der Entwurf wird das deutsche Steuerrecht freundlicher machen“. Der Postmarkt sei ein Wachstumsmotor mit qualitativ hochwertigen Dienstleistungen und stabilen Preisen, so Volk.
Die Umsatzsteuerregelung führe nicht dazu, dass die die Preise um 19 Prozent um stiegen. Der SPD warf Volk vor, ein "Klima der Angst“ zu schüren: "Als ob wir uns in Zukunft keinen Brief mehr leisten könnten.“
Die Linke-Politikerin Dr. Barbara Höll sah in den steuerlichen Neuregelungen eine Entlastung für Konzerne: "Auch die neue Regierung“, so die steuerpolitische Sprecherin der Linksfraktion, "verteilt weiter Steuergeschenke an die großen Konzerne." Die Koalition täusche lediglich vor, dass sie EU-Vorgaben umsetzen wolle, tatsächlich mogele sie Steuergeschenke in den Gesetzentwurf.
Mit Blick auf die Regelung im Postwesen sagte Höll: "Die Regierung will das bewährte System der flächendeckenden Bereitstellung von Postdienstleistungen und die Post als einzige Anbieterin zerschlagen." Weder das Urteil des Europäischen Gerichtshofes noch die EU-Dienstleistungsrichtlinie verpflichte sie, dies zu tun.
Die Förderung der Mitarbeiter-Kapitalbeteiligung stand im Mittelpunkt der Kritik von Dr. Thomas Gambke (Bündnis90/Die Grünen) an dem vorgelegten Gesetzentwurf: "Sehenden Auges wollen Sie das Gebot der Risikosteuer missachten und die Angestellten dem Risiko der Fehlentscheidungen des Managements aussetzen."
Dies sei eine doppelte Abhängigkeit für die Angestellten, denn es bestehe die Gefahr, dass neben dem Arbeitsplatz auch die Altersrücklagen verloren gingen. „Das wollen Sie mit dieser Regelung verstärken."
"Eine Regelung“, warf Gambke der Regierung vor, "die den Vorstand am Gewinn und auch am Verlust eines Unternehmens beteiligt, bringen Sie nicht ein." Dies sei schlicht unverantwortlich, so der Grünen-Politiker.
Manfred Kolbe von der CDU/CSU-Fraktion wies die Vorwürfe der Opposition in seiner Rede entschieden zurück. "Steuergeschenke an Unternehmen und die Post zerschlagen: das ist abartig, das will keiner“, so Kolbe. Vielmehr seien die im Entwurf verankerten Änderungen im Bereich der Umsatzsteuer ein "Gebot der Gerechtigkeit und der Wettbewerbsgleichheit“.