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Um die Kulturfinanzen der Länder und Kommunen langfristig zu sichern, sind grundsätzliche Veränderungen in der Finanzarchitektur der Bundesrepublik nötig. Diese Meinung vertrat die Mehrheit der Experten, die der Ausschuss für Kultur und Medien am Mittwoch, 24. Februar 2010, zu einem Gespräch in öffentlicher Sitzung geladen hatte. Unter dem Titel "Lage der öffentlichen Kulturfinanzierung in der Finanz- und Wirtschaftskrise“ wurden Lösungsmöglichkeiten für den Erhalt der kommunalen Infrastruktur diskutiert.
"Es ist schwer, diese Krise mit kulturpolitischen Instrumentarien zu bearbeiten, denn sie ist keine Krise der Kultur, sondern eine Finanzkrise.“ fasste Hajo Cornel, Abteilungsleiter im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg, die Situation zusammen. Diese Einschätzung wurde von den anderen Experten geteilt. Cornel führte weiter aus, dass der Bund bisher immer ein verlässlicher Partner der Länder in Sachen Kulturfinanzierung gewesen sei. Dennoch sei gegenwärtig "eine neue strategische Debatte“ nötig, die auf die veränderte Leistungsfähigkeit der jeweiligen Partner eingehe.
Klaus Hebborn, Beigeordneter des Deutschen Städtetages, warnte, die Kommunen steuerten derzeit auf ein Rekorddefizit zu, wie es das seit Kriegsende 1945 nicht mehr gegeben habe. Die Schere zwischen zu wenigen Einnahmen einerseits und steigenden Ausgaben andererseits gehe immer weiter auseinander. "Man kann über vieles diskutieren, aber der größte Effekt geht von einer soliden kommunalen Finanzarchitektur aus.“
Es gebe, sagte Hebborn weiter, derzeit aber kein funktionierendes Modell der Zusammenarbeit drei staatlichen Ebenen (Bund, Länder, Kommunen) im Bereich der Kultur; hier habe die Föderalismusreform vieles voneinander getrennt. Der Staatsrechtler Prof. Dr. Dr. Hans Meyer brachte eine Neuregelung der Gemeindefinanzen über höhere Steuern ins Gespräch. Nach der Wahl in Nordrhein-Westfalen werde man "anders über diese Dinge reden“, prophezeite er.
Kritisch äußerte sich die Mehrheit der Experten zu dem vom Deutschen Kulturrat geforderten Nothilfefonds für Kommunen. Eine solche Überbrückungsfinanzierung sei sicherlich kurzfristig hilfreich, langfristig helfe sie aber nicht, die finanzielle Grundausstattung der Kommunen zu sichern, betonte Jörg Freese, Beigeordneter des Deutschen Landkreistages. Dem schloss sich Klaus Hebborn an: "Ein Nothilfefonds wird das langfristige Problem der laufenden Ausgaben nicht lösen.“
Nikolas Hill, Staatsrat in der Behörde für Kultur, Sport und Medien der Freien und Hansestadt Hamburg, wies darauf hin, dass ein Nothilfefonds das verfassungsrechtliche Gefüge bedrohe. Er berge die Gefahr der inhaltlichen Einflussnahme des Bundes, wo bisher regionale Besonderheiten im Vordergrund stehen würden. Dem stimmte auch Peter Lönnecke, Referatsleiter im Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst zu: "Zentral ist, die kommunale Selbstverwaltung der Kommunen zu achten und zu erhalten.“
Für Hans Meyer verstößt ein solcher Fonds gegen die Verfassung, da der Bund Dinge finanzieren würde, für die er nicht zuständig sei. Dies sei jedoch keine Seltenheit, bemerkte Meyer. In der Debatte werde darüber hinaus völlig vergessen, "dass wir eigentlich eine Staatsfinanzkrise haben. Der Staat ist schon lange pleite.“ Es müsse also vor allem darum gehen, den Schuldenberg zu beseitigen, zum Beispiel durch das "sinnvolle Abschöpfen“ hoher Vermögen, lautete der Lösungsvorschlag von Meyer.
Das als Zugangserschwerungsgesetz bekannte Gesetz zur Erschwerung des Zugangs zu kinderpornografischen Inhalten in Kommunikationsnetzen soll wieder aufgehoben werden. Dies verlangt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einem Gesetzentwurf (17/772). Es habe sich innerhalb des Deutschen Bundestages inzwischen weitgehend die Überzeugung durchgesetzt, dass das Zugangserschwerungsgesetz nicht geeignet sei, Internetseiten mit kinderpornographischen Inhalten im Internet effektiv zu bekämpfen.
Die Bundesregierung selbst demonstriere durch das von ihr verhängte einjährige Anwendungsmoratorium, dass sie gravierende Bedenken hinsichtlich des Gesetzes habe. Es sei jetzt eine Weiterentwicklung effektiver, mehrdimensionaler Bekämpfungsstrategien notwendig, forderten Bündnis 90/Die Grünen.