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Vier Tage vor dem Weltfrauentag werden sich am Donnerstag, 4. März 2010, ab 9 Uhr die Bundestagsfraktionen einen Schlagabtausch darüber liefern, wie die Gleichstellung von Männern und Frauen auf dem deutschen Arbeitsmarkt effektiver durchzusetzen ist. Union und FDP setzen auf freiwillige Vereinbarungen; die Oppositionsparteien fordern dagegen verpflichtende Regeln und Sanktionen.
Der EU-Vergleich macht es deutlich: In Deutschland sind Frauen den Männern in vielen Punkten noch immer nicht gleichgestellt. Vor allem am Arbeitsmarkt kann von Gleichstellung keine Rede sein. So verdienen Frauen in Deutschland im Durchschnitt 25 Prozent weniger pro Arbeitsstunde als ihre männlichen Kollegen - im europäischen Mittel beträgt die Lohnlücke hingegen nur 17,4 Prozent.
Die Ursachen sind vielschichtig, und im Grundsatz sind sich alle Fraktionen einig: Für die Gleichstellung von Mann und Frau muss in Deutschland einiges getan werden. Doch was und wie, darüber gehen die Meinungen weit auseinander. Während Union und FDP eher auf freiwillige Vereinbarungen mit der Privatwirtschaft setzen, verlangen die Oppositionsparteien verpflichtende Regeln und zur Not auch die Einführung von Sanktionen.
Insgesamt vier Anträge zur Gleichstellungspolitik stehen am Donnerstag, 4. März, in der auf 75 Minuten angelegten Sitzung ab 9 Uhr zur Debatte. Außerdem wird ein Bericht der Bundesregierung aus der vorigen Wahlperiode zur Chancengleichheit von Frauen und Männer in der Privatwirtschaft (16/10500) vorgestellt.
In ihrem gemeinsamen Antrag "Internationaler Frauentag - Gleichstellung national und international durchsetzen" (17/901) listen Union und FDP 24 Punkte auf, die angegangen werden sollen. Unter anderem fordern sie, dass auch bei deutschen Auslandseinsätzen mehr zum Schutz von Frauen in bewaffneten Konflikten getan werden müsse. Über den Antrag stimmt der Bundestag im Anschluss an die Debatte ab.
Im innenpolitischen Bereich sehen die Koalitionsfraktionen vor allem bei vier Punkten Handlungsbedarf: bei der Entgeltungleichheit zwischen Männern und Frauen, bei der Forderung nach einem höheren Frauenanteil in Führungspositionen, bei der Förderung des Wiedereinstiegs nach einer Familienpause in den Beruf und beim Schutz von Frauen gegen Gewalt.
Dabei setzen Union und FDP vor allem auf Freiwilligkeit in den Unternehmen: Zur Überwindung der Lohnunterschiede soll in der Wirtschaft für die Nutzung des Lohntestverfahrens Logib-D geworben werden, mit dem Firmen ihre Entgeltstruktur analysieren können. Um mehr Frauen in Vorstände und Aufsichtsräte zu bringen, plädieren die Fraktionen dafür, einen Stufenplan zu entwickeln, der als ersten Schritt "verbindliche Berichtspflichten und transparente Selbstverpflichtungen" vorsieht.
Der Opposition geht das nicht weit genug. Seit nunmehr neun Jahren bestehe die freiwillige Vereinbarung der Bundesregierung mit den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft zur Förderung der Chancengleichheit, schreibt die SPD in ihrem Antrag "Mit gesetzlichen Regelungen die Gleichstellung von Frauen im Erwerbsleben umgehend umsetzen" (17/821). Doch die Ergebnisse der Bilanzen seien "ernüchternd und in keiner Weise als zufriedenstellend zu bewerten. Die Freiwilligkeit hat nicht zum Ziel geführt."
Zu ähnlichen Auffassungen kommen auch Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen. Die freiwillige Vereinbarung zwischen Bundesregierung und Wirtschaft müsse "als gescheitert angesehen werden", heißt es im Antrag der Grünen (17/797), in dem sie die Einführung einer Frauenquote in den Aufsichtsräten von börsennotierten Unternehmen fordern. "An einem verbindlichen und klaren Zeitplan geht nun kein Weg mehr vorbei."
Der Aufsichtsrat sei ein wichtiges Kontrollgremium, in dem Frauen jedoch kaum zu finden seien, schreiben die Grünen weiter. Ihr Anteil liege in den 200 größten deutschen Unternehmen lediglich bei 9,8 Prozent - wobei die meisten Frauen von Gewerkschaftsseite entsandt seien. Um diese Zahl zu ändern, fordern die Grünen eine Quote, wie sie auch in Norwegen gilt: Bis 2017 sollten mindestens 40 Prozent der Aufsichtsratsposten mit Frauen besetzt sein. Zudem solle die Zahl der Aufsichtsratsposten pro Person auf fünf begrenzt werden. Außerdem solle eine Datenbank eingeführt werden, in die sich Bewerberinnen für Aufsichtsratsmandate eintragen könnten.
Auch die SPD-Fraktion fordert in ihrem Antrag eine Frauenquote in Vorständen und Aufsichtsräten von mindestens 40 Prozent. Die Bundesregierung solle darüber hinaus ein "Entgeltgleichheitsgesetz" vorlegen und durchsetzen, dass bei der Vergabe öffentlicher Aufträge "nur Unternehmen zu berücksichtigen sind, die Frauen und Männer gleich entlohnen und je nach Betriebsgröße Gleichstellungspläne haben sowie die Vereinbarung von Beruf und Familie ermöglichen und fördern".
Wichtigste Forderung der Linken ist die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns (17/891). Rund 70 Prozent aller Mitarbeiter im Niedriglohnbereich seien Frauen, heißt es zur Begründung. Ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn von zehn Euro pro Stunde sei deshalb ein erster Schritt, um die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen zu schließen. Im Gegenzug solle die Subventionierung von Mini- und Midi-Jobs eingestellt werden.
Die Regierung müsse zudem ein Gleichstellungsgesetz einführen, das die Privatwirtschaft verpflichtet, diskriminierende Lohnstrukturen abzuschaffen und für die vergleichbare Arbeit von Männern und Frauen auch gleiche Löhne zu zahlen.
Die Oppositionsanträge und der Regierungsbericht sollen zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen werden.