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Nach einer weitgehenden Einigung zwischen Koalition und Opposition auf den Prüfauftrag und auf einen Fragenkatalog steht der Einsetzung des von Abgeordneten der SPD, der Linksfraktion und von Bündnis 90/Die Grünen beantragten Untersuchungsausschusses zur Frage eines Atommüllendlagers im Salzstock von Gorleben nichts mehr im Wege. Der Auftrag des Untersuchungsausschusses soll am Freitag, 26. März 2010, nach halbstündiger Beratung gegen 14.30 Uhr beschlossen werden. Dazu liegt ein Antrag von Abgeordneten der drei Oppositionsfraktionen (17/888 neu) vor, zu dem der Geschäftsordnungsausschuss des Bundestages eine Beschlussempfehlung vorgelegt hat (17/1250). Zudem soll über einen SPD-Antrag (17/1161) abgestimmt werden, keine Vorbereitungen für die Wiederaufnahme der Erkundung des Gorleben-Salzstocks zutreffen, ehe der Untersuchungsausschuss seine Arbeit abgeschlossen hat.
Das Gremium soll die Umstände klären, unter denen die Regierung unter Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl im Jahr 1983 entschied, nur den Standort im niedersächsischen Wendland und nicht auch geologische Formationen wie Granit oder Ton in anderen Bundesländern auf eine Eignung für die Endlagerung hochradioaktiven Abfalls zu erkunden.
Die Opposition kritisiert, der seinerzeitige Beschluss, allein Gorleben unter die Lupe zu nehmen, habe vermutlich nicht nur auf wissenschaftlichen Erwägungen, sondern auch auf politischen Motiven beruht. Union und FDP geben sich hingegen überzeugt, der Vorwurf der politischen Vorfestlegung im Jahr 1983 werde im Ausschuss entkräftet werden.
Am 24. März blieben bei den Verhandlungen der Obleute über die Formulierung des gemeinsamen Untersuchungsauftrags nur noch wenige Details offen, die am 25. März im Geschäftsordnungsausschuss des Bundestags geklärt werden sollten. Die Einsetzung des Gremiums am 26. März sei indes nicht in Frage gestellt, ließen Fraktionssprecher verlauten.
Dem Ausschuss sollen 15 Abgeordnete angehören, wovon sechs auf die Union, drei auf die SPD und jeweils zwei auf FDP, Linke und Grüne entfallen. Die Fraktionen haben ihre Obleute bereits benannt: Reinhard Grindel (Union), Ute Vogt (SPD), Angelika Brunkhorst (FDP), Dorothee Menzner (Linke) und Sylvia Kotting-Uhl (Grüne). Den Vorsitz wird die niedersächsische CDU-Parlamentarierin Maria Flachsbarth übernehmen.
Das Plenum des Bundestags stimmt über die Einberufung eines Untersuchungsausschusses nicht ab. Dessen Bestellung erfolgt, wenn dies mindestens 25 Prozent der Abgeordneten mit ihrer Unterschrift verlangen, SPD, Linke und Grünen liegen zusammen deutlich über diesem Quorum. Einigen müssen sich die Fraktionen jedoch auf die Modalitäten eines solchen Gremiums wie vor allem auf den Prüfauftrag.
Im Falle Gorleben hegt die Opposition den Verdacht, bei der alleinigen Auswahl dieses Standorts für Erkundungsarbeiten könnten auch politische Überlegungen eine Rolle gespielt haben, wonach das Wendland in der Nähe der damaligen DDR-Grenze lag und in dieser dünn besiedelten wie wirtschaftlich strukturschwachen Region von der Bevölkerung wenig Widerstand zu erwarten sei. Im Vorfeld der Entscheidung der schwarz-gelben Regierung Kohl 1983 seien durch die Manipulation von Gutachten geologische Risiken in Gorleben ausgeblendet worden, mutmaßen SPD, Linke und Grüne.
Verwiesen wird auf Medienberichte, nach denen seinerzeit aufgrund von nachträglichen Eingriffen des Forschungsministeriums in kritische Studien etwa die Gefahr von Wasserzuflüssen in den Salzstock nicht mehr so stark wie in der Ursprungsfassung der Expertisen gewichtet worden sei.
Die Opposition erwähnt zudem andere Stellungnahmen von Geologen, wonach die Inhomogenität des Salzstocks, die diesen Untergrund durchziehenden Frostrisse und das Fehlen eines Deckgebirges über dem Salzstock problematisch seien. Eine Festlegung nur auf die Salzformation in Gorleben sei unverantwortlich, kritisiert der SPD-Abgeordnete Matthias Miersch.
Aus Sicht von Union und FDP lag bei der Entscheidung der Regierung im Jahr 1983 kein Fehlverhalten vor, was sich im Ausschuss erweisen werde. Gorleben sei vom ehemaligen SPD-Umweltminister Sigmar Gabriel im Vorfeld der Bundestagswahl im September 2009 aus Wahlkampfgründen zum Thema gemacht worden.
Reinhard Grindel hält SPD, Linker und Grünen vor, sie spielten mit den Ängsten der Bevölkerung, der Opposition gehe es nicht um Aufklärung, sondern um die Diskreditierung des Standorts Gorleben.
Einen breiten Raum in der Debatte am 26. März dürfte der Streit über die von Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) geplante Wiederaufnahme der Erkundungsarbeiten in Gorleben einnehmen, die unter der rot-grünen Regierung im Rahmen eines Moratoriums gestoppt worden waren und auch zu Zeiten der Großen Koalition nicht wieder reaktiviert wurden.
Die Opposition fordert, für die Dauer des Ausschusses auf neuerliche Untersuchungen im Wendland zu verzichten, wozu die SPD einen Antrag vorlegt. Die Koalitionsfraktionen weisen diesen Vorstoß zurück und unterstützen das Vorgehen Röttgens.