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"Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“: Diesen Grundsatz wollen die Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke gesetzlich für die Zeitarbeitsbranche verankern. In einer kontroversen Bundestagsdebatte am Freitag, 26. März 2010, forderten die Abgeordneten der Oppositionsfraktionen die Bundesregierung zum sofortigen Handeln auf, um weiteren Missbrauch zu verhindern.
"Wir wollen die Leiharbeit nicht abschaffen, aber wir wollen eine Rückführung auf die Kernfunktion“, sagte die arbeits- und sozialpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Anette Kramme. Sie verwies darauf, dass Leiharbeit eine Einladung zum Lohndumping sei und dadurch Stammarbeitsplätze vernichtet würden. In einem eigenen Antrag (17/1155) verlangt die SPD-Fraktion, den Gleichbehandlungsgrundsatz "equal pay“ ohne Ausnahmen durchzusetzen.
Grundlage der rund 45-minütigen Debatte war der elfte Bericht der Bundesregierung über die Entwicklung der legalen Arbeitnehmerüberlassung (17/464). 1972 verabschiedete der Bundestag das Gesetz zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung. Seit dieser Zeit muss die Bundesregierung regelmäßig über die Entwicklung der Zeit- und Leiharbeitsbranche berichten.
Der Parlamentarische Staatssekretär im Arbeitsministerium, Ralf Brauksiepe (CDU), forderte einen differenzierten Blick auf die Branche. Der Aufbau von Zeitarbeit in Großbetrieben führe in den allermeisten Fällen auch zum Aufbau der Stammbelegschaft, sagte er und widersprach damit der SPD. Zudem seien nie mehr als 2,6 Prozent aller Beschäftigten in der Zeitarbeit tätig. Mehr als 60 Prozent von ihnen seien zuvor arbeitslos gewesen.
"Auch das gehört zu den Chancen, die Zeitarbeit bietet“, unterstrich Brauksiepe und versicherte der Opposition: "Da wo Missbrauch vorliegt, muss er bekämpft werden.“ Einen gesetzlichen Mindestlohn für die Zeitarbeitsbranche lehnt die Bundesregierung ab.
Nach Überzeugung der SPD liefert die Zeitarbeit nur einen sehr eingeschränkten Beitrag zur Reintegration von Erwerbslosen in den Arbeitsmarkt. Kramme verwies dabei auf eine Untersuchung des Institutes für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), nach der nur etwa 15 Prozent der Leiharbeiter im Anschluss eine Festanstellung bekommen, obwohl rund 80 Prozent von ihnen eine abgeschlossene Berufsausbildung haben.
Geburtsfehler der Reform in der Zeitarbeitsbranche sei, dass die Union sich mit der Forderung nach Abweichung vom Gleichbehandlungsgrundsatz durchgesetzt habe, sagte Kramme. 2003 hatte die damalige rot-grüne Bundesregierung im Zuge der Hartz-Arbeitsmarktreform auch die Zeitarbeitsbranche umgewandelt.
Die SPD-Fraktion spricht sich in ihrem Antrag dafür aus, dass Fehlentwicklungen beseitigt werden. Das betreffe vor allem Lohndrückerei und Billigkonkurrenz. Als aktuelles Beispiel führen sie den Drogeriediscounter Schlecker auf, der die Stammbelegschaft durch Zeitarbeiter austauschen ließ, denen ein geringerer Lohn gezahlt wurde. "Schlecker ist kein Einzelfall. In vielen Branchen wird Leiharbeit zu Tarifflucht und Lohndrückerei missbraucht“, heißt es in dem Antrag.
Die Forderungen der SPD stießen auf heftigen Widerspruch der Liberalen. "Zeitarbeit ist das wichtigste und erfolgreichste Arbeitsmarktinstrument, das wir haben“, sagte der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Heinrich Kolb. Mit keiner anderen Maßnahme sei es gelungen, Langzeitarbeitslose so erfolgreich in den Arbeitsmarkt zurückzuführen. Kolb sprach sich auch gegen einen Mindestlohn aus, da bereits in der Branche eine 100-prozentige Tarifbindung bestehe.
Beate Müller-Gemmeke, Arbeitsmarktexpertin der Fraktion Bündnis90/Die Grünen, verlangte ein Verbot der konzerninternen Arbeitnehmerüberlassung. "Es darf keine Beschäftigten erster und zweiter Klasse geben“, sagte sie und warnte davor, dass Zeitarbeit sich zu einer Einbahnstraße in eine dauerhafte Niedriglohnfalle entwickle.
Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke, Jutta Krellmann, verwies darauf, dass es zwischen Stammbelegschaft und Leiharbeitern Lohnunterschiede von bis zu 45 Prozent gebe. "Der Grundsatz gleicher Lohn für gleiche Arbeit muss ohne Ausnahme gelten“, betonte sie
Dem Bericht der Bundesregierung zufolge waren Ende 2008 rund 670.000 Menschen in der Zeitarbeitsbranche beschäftigt. Zeitarbeiter seien aber die Ersten gewesen, die im Zuge der weltweiten Finanzkrise von den Unternehmen entlassen wurden. Mitte 2008 gingen noch knapp 800.000 Menschen einem Zeitarbeitsverhältnis nach.
Die tariflichen Stundenlöhne betragen in der Branche in der untersten Entgeltgruppe in den neuen Bundesländern zwischen sech Euro und 6,55 Euro. In den alten Bundesländern wurden sieben Euro und 7,38 Euro vereinbart. Für die höchste Entgeltstufe werden in Ostdeutschland zwischen 12,43 Euro und 15,03 Euro gezahlt; in Westdeutschland sind es zwischen 15,77 Euro und 19 Euro.
Nach wie vor sind Metall- und Elektroberufe sowie Dienstleistungsberufe die wichtigsten Einsatzfelder der Zeitarbeit. Der von der Bundesregierung vorgelegte Bericht basiert auf Beiträgen und Datenmaterial der Gewerkschaften, der Zeitarbeitsbranche, von Arbeitgebern und Wirtschaftsverbänden.