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Bronisław Komorowksi, Norbert Lammert, Bernard Accoyer vor der Villa Hügel in Essen © DBT/Dennis Straßmeier
Die Präsidenten des Deutschen Bundestages, der französischen Nationalversammlung (Assemblée nationale) und des polnischen Parlaments Sejm wollen sich künftig regelmäßig treffen, um ein Forum für einen kontinuierlichen und intensiven Meinungsaustausch über die Entwicklung der Europäischen Union und den Beitrag der Parlamente zu schaffen. Das haben Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert, der Präsident der Assemblée nationale, Bernard Accoyer, und Sejm-Marschall Bronisław Komorowski am Samstag, 29. Mai 2010, in Essen vereinbart. Anlässlich des ersten "trilateralen Treffens" der Parlamentspräsidien der drei Länder des so genannten "Weimarer Dreiecks“ verabschiedeten sie "im Lichte der Herausforderungen des Vertrags von Lissabon“ eine gemeinsame Erklärung.
Wie es darin heißt, gilt das besondere Interesse dabei dem Verhältnis der Europäischen Union zu ihren Bürgern und den Beziehungen zu ihren Nachbarn. Von der intensiven Kooperation der drei Parlamente sollen auch die übrigen nationalen Parlamente profitieren, "damit der europäische Gedanke und die demokratische Legitimation europäischen Handelns insgesamt gestärkt werden“.
Die europäische Integration kann nach Auffassung der drei Parlamentspräsidenten nicht allein ein Werk der Regierungen sein, sondern müsse "von den Völkern Europas“ getragen und mitgestaltet werden, denn die Einigung Europas ziele auf einen "immer engeren Zusammenschluss der europäischen Völker“. Diese wirkten über das Europäische Parlament und über ihre nationalen Parlamente an diesem Prozess mit, heißt es in der Erklärung.
Lammert, Accoyer und Komorowski begrüßen, dass der Vertrag von Lissabon die Rechte des Europaparlaments gestärkt und die europäische Verantwortung der nationalen Parlamente hervorgehoben habe. "Diese Verantwortung wollen wir künftig auch im Rahmen des nach der Überwindung der Teilung Europas vor 20 Jahren zwischen Polen, Frankreich und Deutschland gegründeten Weimarer Dreiecks verstärkt wahrnehmen und auf diese Weise gemeinsam zu einem immer engeren Zusammenschluss der Völker Europas beitragen.
Die Präsidenten zeigen sich überzeugt, dass die "notwendige und gewollte“ Zusammenarbeit der Regierungen wie der Parlamente in der EU auf die besonders enge und kontinuierliche Zusammenarbeit von Nachbarländern angewiesen ist. Der Zusammenarbeit Frankreichs, Deutschlands und Polens zur Vertiefung der europäischen Integration komme dabei exemplarische Bedeutung zu. Dabei könne man auf eine über viele Jahre gewachsene und gefestigte Tradition der Zusammenarbeit der drei Parlamente aufbauen.
Im Einzelnen wurde in Essen vereinbart, dass die Parlamentsausschüsse intensiver zusammenarbeiten sollen. Eine verstärkte Kooperation hätten in jüngster Zeit bereits die Europaausschüsse der drei Parlamente verabredet. "Wir streben an, dass sich auch die Fachausschüsse unserer Parlamente zu strategisch wichtigen Vorhaben der Kommission untereinander austauschen und gemeinsam eine Position gegenüber den EU-Organen vorbereiten."
Die Präsidenten verständigten sich zudem auf eine engere Kooperation mit dem Europäischen Parlament. So sollen Europaabgeordnete in die Zusammenarbeit der Ausschüsse einbezogen werden. Dazu böten sich vor allem gemeinsame Sitzungen von Abgeordneten der nationalen Parlamente und Berichterstattern des Europäischen Parlaments an.
Kooperieren wollen die Parlamente auch in der Frage, ob bei den von der EU-Kommission vorgeschlagenen Richtlinien und Verordnungen der Grundsatz der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit eingehalten wurde, nationale Souveränitätsrechte also nicht verletzt wurden. Die Parlamente wollen sich untereinander frühzeitig über mögliche Bedenken austauschen, um ihr Recht nach dem Protokoll Nr. 2 des Vertrags von Lissabon wahrzunehmen, die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips zu prüfen. Einsetzen wollen sie sich zugleich für ein "gemeinsames Verständnis aller nationalen Parlamente“ im Hinblick auf die Prüfung von Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit.
Die Präsidenten haben sich auch darauf geeinigt, dass die Fachebenen der Parlamentsverwaltungen gute Erfahrungen austauschen, die sie mit Organisation und Verfahren der parlamentarischen Beratung von EU-Dokumenten gemacht haben. Weiterhin soll es eine enge Kooperation zwischen den Vertretern der drei Parlamente in Brüssel geben. Die Bundestagsverwaltung ist mit einem eigenen Büro in Brüssel vertreten.
Schließlich soll die EU-Datenbank IPEX (Interparliamentary EU Information Exchange) als leistungsfähiges Kommunikations- und Informationsmedium für den Austausch EU-bezogener Informationen zwischen den nationalen Parlamenten und dem Europäischen Parlament sowie der Zusammenarbeit der nationalen Parlamente untereinander ausgebaut werden. Dazu sollen frühzeitig Informationen über die in der Beratung befindlichen Beschlussvorschläge in EU-Angelegenheiten ausgetauscht werden.
IPEX solle nicht nur den nationalen Parlamenten untereinander wertvolle Informationen liefern, sondern die europäische Politik und die Rolle der nationalen Parlamente darin den Bürgern näherbringen. "In diesem Sinne streben wir ein erweitertes Informationsangebot an, das wir gemeinsam erarbeiten wollen“, heißt es in der Erklärung.