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Auf Antrag der Fraktion Die Linke hat der Bundestag am Donnerstag, 10. Juni 2010, in einer Aktuellen Stunde über die Vorgänge bei der Erstürmung eines Schiffskonvois mit Hilfslieferungen für Gaza durch die israelische Armee debattiert. Fraktionsübergreifend waren sich alle Redner einig darüber, dass eine transparente und umfassende Aufklärung des Vorfalls notwendig sei.
Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Werner Hoyer (FDP), schlug dafür die Beteiligung des Nahost-Quartetts vor, da dieses international hohe Anerkennung genieße. Gleichzeitig zeigten sich Abgeordnete aller Fraktionen besorgt, dass durch die Eskalation der Gewalt der gerade erst wieder aufgenommene Friedensprozess im Nahen Osten einen Rückschlag erleide.
"Wir werden unsere Bemühungen für eine politische Lösung verstärken", sagte Hoyer. Am 31. Mai hatte die israelische Marine einen Schiffskonvoi mit Hilfsgütern gewaltsam erstürmt, nachdem dieser die von Israel verhängte Seeblockade durchbrochen hatte. Neun Menschen kamen dabei ums Leben.
Auf den Schiffen der internationalen Hilfsflotille unter dem Namen Free Gaza Movement befand sich auch die menschenrechtspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Annette Groth. Sie warf im Bundestag den israelischen Militärs menschenunwürdiges Vorgehen vor. Sie selbst sei mit den Händen auf dem Rücken gefesselt worden, sagte Groth.
Die Vorwürfe gegen die Aktivisten nannte sie haltlos und tendenziös. Alle Passagiere auf den Schiffen hätten unterschrieben, dass es sich um eine friedliche Mission handele und keine Gewalt angewendet werde. Sie zeigte sich empört darüber, dass die israelische Armee alles Bildmaterial, auch das von Journalisten, beschlagnahmt habe.
Staatsminister Hoyer unterrichtete die Abgeordneten über die Kontakte der Bundesregierung zu den israelischen Behörden. "Wir brauchen eine fundamentale Änderung der israelischen Gaza-Politik", sagte der FDP-Politiker.
Die Isolation von Gaza müsse beendet werden. Gleichzeitig müsse aber die EU dazu beitragen, dass auch die israelischen Sicherheitsbedenken berücksichtigt würden.
Auch der Menschenrechtsexperte der SPD-Fraktion, Christoph Strässer, sprach sich für ein Ende der Abriegelung des Gaza-Streifens aus. Die humanitäre Lage in der Region habe sich drastisch verschlechtert. Die Leidtragenden dieser Politik seien die Ärmsten der Armen, sagte er. Für 60 Prozent aller Haushalte sei beispielsweise die Lebensmittelversorgung nicht gesichert. 10.000 Menschen hätten keinen Zugang zu fließendem Wasser.
Sein Fraktionskollege Günter Gloser verwies darauf, dass Israel seine selbst gesteckten Ziele mit der Blockade nicht erreicht habe. Die Hamas werde weiter auf Schmuggelwegen mit Waffen beliefert, aber die Zivilbevölkerung leide unter der Blockade.
Der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Philipp Mißfelder, sagte, der Schiffskonvoi sei keine humanitäre Aktion gewesen, sondern habe dazu gedient, Israel an den Pranger zu stellen. Auch er sprach sich für eine vorurteilsfreie Aufklärung der Vorgänge aus. Der Türkei hielt er vor, mit der Unterstützung für diese Aktion ein falsches Spiel zu treiben.
Sein Fraktionskollege Peter Beyer verwies auf das Angebot Israels, die Hilfsgüter auf dem Landweg nach Gaza zu transportieren. Das sei aber abgelehnt worden. "Das wirft die Frage nach der wirklichen Absicht des Konvois auf", sagte er.
Die außenpolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Kerstin Müller, warf der israelischen Armee vor, mit unverhältnismäßiger Gewalt vorgegangen zu sein. Das sei scharf zu verurteilen. Sie forderte Israel auf, die Blockade zu beenden, die inhuman und völkerrechtswidrig und im Hinblick auf die berechtigten israelischen Sicherheitsinteressen völlig kontraproduktiv sei.
Die radikalislamische Hamas werde dadurch noch politisch gestärkt. Aber die Zivilbevölkerung werde durch die Blockade kollektiv bestraft. Das sei nicht akzeptabel.
Der FDP-Außenexperte Patrick Kurth sagte, auch Fehler der Aktivisten auf den Schiffen hätten zu der Eskalation der Gewalt geführt. Manche von ihnen seien "knallharte Provokateure", andere gewaltbereit. Drei der Getöteten hätten vorher bekundet, als Märtyrer sterben zu wollen.