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Die Oppositionsfraktionen ziehen die Bereitschaft der Bundesregierung in Zweifel, am Ziel, bis 2015 0,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) in Entwicklungshilfe zu investieren, festzuhalten. Während der ersten Lesung von Anträgen der SPD (17/2018), der Linksfraktion (17/2024) und von Bündnis 90/Die Grünen (17/2132) am Donnerstag, 17. Juni 2010, verwies der Grünen-Abgeordnete Uwe Kekeritz auf Interview-Aussagen des FDP-Haushaltspolitikers Jürgen Koppelin, wonach das Ziel "nicht erreichbar“ sei. Redner der Koalition hingegen machten deutlich, an der 0,7-Prozent-Marke festhalten zu wollen.
Es sei "fünf vor zwölf“ wenn die Millenniumsentwicklungsziele die im Jahr 2000 verabredet wurden, noch erreicht werden sollen, sagte Sascha Raabe (SPD). Bei der Konferenz der Vereinten Nationen im September dieses Jahres werde geprüft, wo man derzeit stehe.
Aus Raabes Sicht ist es zwar "schwer, aber nicht unmöglich“, die Ziele im Jahr 2015 zu erreichen. Seine Fraktion habe in einem Antrag daher einen "umfassenden Aktionsplan“ vorgelegt. Dieser sehe auch die Einhaltung der gemachten Zusagen vor. Dies habe nicht zuletzt der UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon gefordert, als er darauf hinwies, dass nicht zusätzliches Geld gebraucht würde, sondern die gemachten Zusagen der Industrieländer auch erfüllt werden müssten.
"Deutschland hat seine Zusagen aber eiskalt gebrochen“, sagte Raabe. Auch er zog in Zweifel, ob die Bundesregierung noch an das 0,7-Prozent-Ziel glaube und kritisierte Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP), dessen Bestreben es nicht sei, den Ärmsten der Armen zu helfen, sondern "die Auftragslage der deutschen Wirtschaft zu verbessern“.
Auch nach Ansicht der Unionsabgeordneten Dagmar Wöhrl ist die Lage ernst. Um die Ziele zu erreichen,. werde man jedoch weiter "hart arbeiten“, kündigte sie an. Wöhrl räumte ein, dass die für 2010 im Stufenplan festgelegten 0,51 Prozent vom BIP für die Entwicklungshilfe nicht erreicht worden seien. Es seien derzeit zwar nur 0,4 Prozent, doch sei sie froh, dass angesichts der Sparzwänge "keine Federn gelassen wurden“.
Schließlich müsse festgehalten werden: "Wenn wir schwächeln, können wir auch anderen nicht helfen.“ Wöhrl verteidigte Entwicklungsminister Niebel. Er habe die "ländliche Entwicklung“ zu einem Schwerpunkt seiner Politik gemacht, was eine richtige Entscheidung sei.
"Armutsbekämpfung ist unmittelbar mit ländlicher Entwicklung verbunden“, schätzte die CSU-Politikerin ein. Gefordert seien jedoch nicht nur die Geberländer, sagte Wöhrl. Zukünftig müssten auch die Entwicklungsländer "stärker in die Pflicht genommen werden“.
Dass Deutschland Probleme bei der Erfüllung seiner Zusagen in der Entwicklungshilfe habe, sei nicht allein Schuld der derzeitigen Regierung, sagte Niema Movassat (Die Linke). "Es liegt auch an der politischen Tatenlosigkeit von Rot-Grün und der großen Koalition.“ Unter Schwarz-Gelb jedoch werde diese Pflichtverletzung zum System, befand Movassat.
Gespart werde "immer bei den Ärmsten“, seien es die Hartz-IV-Empfänger oder die Menschen in den Entwicklungsländern. Auch er sei nicht sicher, ob die Bundesregierung am 0,7-Prozent-Ziel festhalten wolle. Wenn dies doch der Fall sei, könne die Koalition dem Antrag der Linksfraktion zustimmen, der die gesetzliche Fixierung des Ziels vorsehe.
Movassat regte auch an, Entwicklungshilfe klar zu definieren. Eine Anrechnung von Klimaschutzgeldern, wie von der Bundesregierung praktiziert, ist seiner Ansicht nach nicht möglich.
Armut und Klimawandel seien die größten Herausforderungen in der Entwicklungspolitik, sagte Christiane Ratjen-Damerau (FDP). Die Industrieländer hätten mit den Millenniumszielen im Jahre 2000 Verantwortung übernommen. Die Zwischenbilanz im Jahr 2010 falle gemischt aus, sagte sie.
Größtes"„Sorgenkind“ sei nach wie vor die Region Südsahara/Afrika. Während vor allem ostasiatische Länder bei der Armutsbekämpfung "große Erfolge“ erzielt hätten, konnte im Gebiet der Südsahara trotz stetigem Wirtschaftswachstum die Armutsquote nicht gesenkt werden.
Auf die deutschen Verpflichtungen bei der Entwicklungshilfe eingehend, bestätigte Ratjen-Damerau, dass Minister Niebel zu den gemachten Zusagen der Bundesregierung stehe.
Skeptisch in dieser Frage zeigte sich Uwe Kekeritz (Bündnis 90/Die Grünen). Zwar halte Niebel in der Öffentlichkeit an der Zielerreichung fest, doch habe sein Fraktionskollege Koppelin dem Minister in einem Interview unterstellt, in diesem Punkt "die Unwahrheit zu sagen“.
Wolle Minister Niebel, dass seine Aussagen ernst genommen werden, müsse die Regierung erklären, wie sie das Ziel erreichen will. "Legen Sie einen Finanzstufenplan bis 2015 vor“, forderte Kekeritz. Dies könnte jedoch schwierig werden, räumte er ein, da das Geld nicht da sei. Daher hätten die Grünen schon mehrfach als Lösung die Finanztransaktionsteuer angeboten.
Die Bankenabgabe hingegen sei dafür nicht geeignet. Als "moralisch erbärmlich“ bezeichnete er es, die Nichteinhaltung der Zusagen mit den Folgen der Finanzkrise zu begründen. Die Entwicklungsländer seien für die Krise nicht verantwortlich. Sie dafür haftbar zu machen sei unverantwortlich, sagte der Grünen-Politiker.