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In der Frage, ob der Bund neben Modellprojekten und überregionalen Organisationen und Zusammenschlüssen auch regionale und lokale Infrastruktureinrichtungen im Bereich des bürgerschaftlichen Engagements fördern darf, herrscht nach wie vor Uneinigkeit. Das zeigte sich auch bei der Sitzung des Unterausschusses "Bürgerliches Engagement" unter Vorsitz von Markus Grübel (CDU/CSU) am Mittwoch, 29. September 2010.
Aus Sicht von Professor Dr. Gerhard Igl, der im Auftrag des Bundesfamilienministeriums ein Gutachten zu der Problematik erarbeitet hat, ist eine solche Bundeskompetenz durchaus gegeben. Allein durch die Tatsache, dass das bürgerliche Engagement eine "gesamtgesellschaftliche Wirkung“ entfalte, sei der Bund und nicht nur Länder und Kommunen angesprochen, sagte Igl.
Dem widersprach ein Vertreter des Bundesfinanzministeriums (BMF). Der Bund habe keine Verwaltungs- und folglich auch keine Finanzierungskompetenz auf dem Gebiet des bürgerschaftlichen Engagements.
Bürgerschaftliches Engagement, so Professor Igl, werde zwar "lokal und regional in kleineren Einheiten organisiert“, entfache aber Wirkungen für das gesamte Gemeinwesen. Dies unterschiede das bürgerliche Engagement von der Kultur- oder Sportförderung.
Zudem gebe es im Bereich des bürgerlichen Engagements im Rahmen der "konkurrierenden Gesetzgebung“ bereits jetzt Kompetenzen des Bundes. Das gelte etwa für das Kinder- und Jugendhilfegesetz und ganz besonders im Steuerrecht, mit denen bürgerschaftliches Engagement gefördert werde.
Igl verwies zudem darauf, dass es vom Bundesverfassungsgericht akzeptierte "Parallelkompetenzen“ zwischen Bund und Ländern gebe, von denen bisher "sparsam Gebrauch gemacht wird“. Wer nun eine"„Verwischung der Kompetenzen zwischen Bund und Ländern“ fürchte, müsse konstatieren, dass es diese schon in vielen Bereichen gebe. Das sei kein Novum, sondern Staatspraxis, sagte Igl.
Um die Bundeskompetenz "verfassungsrechtlich wasserdicht“ zu machen, schlug der Sozialrechtsprofessor unter anderem vor, eine Gemeinschaftsaufgabe zwischen Bund und Ländern im Bereich des bürgerlichen Engagements einzuführen. Die Kostenverteilung müsse dann in einer Vereinbarung geregelt werden.
Aus Sicht des BMF kann das Gutachten "nicht überzeugen“. Wer unter Hinweis auf die "Staatspraxis“ zu dem Schluss komme, dass es eine Bundeszuständigkeit gebe, verkenne, dass diese Staatspraxis eher Gegenstand der verfassungsrechtlichen Überprüfung sei und nur begrenzt zur Rechtfertigung herangezogen werden könne.
Auch die Unionsfraktion lehnt eine Kompetenzausweitung auf den Bund ab, wie Klaus Riegert deutlich machte. Die Föderalismuskommissionen I und II hätten die Kompetenzen klar geregelt, befand Riegert. Man könne diese nicht nach dem "Wünsch-Dir-was-Prinzip“ verteilen.
"Zudem stellt sich vor dem Hintergrund des Subsidiaritätsgedankens die Frage, ob der Bund es tatsächlich besser kann als Länder und Kommunen vor Ort“, sagte der Unionsabgeordnete. Seiner Meinung nach muss weiter nach dem Prinzip verfahren werden: "Wer etwas beschließt, soll auch die Verantwortung für die Einnahmen- wie auch für die Ausgabenseite übernehmen.“
Das BMF verhalte sich in der Frage "sehr hartleibig“, kritisierte die SPD-Abgeordnete Ute Kumpf. Ihr sei das von Professor Igl angesprochene Konstrukt der Gemeinschaftsaufgabe "sympathisch“. Ziel der Politik müsse es schließlich sein, das Gemeinwesen zu aktivieren.
Daher würde auch immer wieder betont werden, wie wichtig bürgerschaftliches Engagement sei und dass dazu gute Rahmenbedingungen geschaffen werden müssten. Das Gutachten von Professor Igl habe dazu gangbare Wege aufgeführt, urteilte Kumpf.
Sie habe die Ergebnisse der Föderalismuskommission seinerzeit abgelehnt, sagte Britta Haßelmann (Bündnis 90/Die Grünen), da sie schon früh Schwierigkeiten durch das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern befürchtet habe.
Da bedauerlicherweise keine Zweidrittelmehrheit für eine Grundgesetzänderung in Sicht sei, müsse man nun die Frage stellen, was unter den gegeben Umständen getan werden könne. Die Bundesregierung biete hierauf jedoch keine klaren Antworten, kritisierte Haßelmann.
Es sei "erschütternd“ zu erleben, wie BMF und Bundesrechnungshof lediglich feststellten, dass die Kompetenzausweitung "ordnungspolitisch nicht tragbar“ sei, sagte Thomas Böhme von der niedersächsischen Staatskanzlei.
"Damit machen Sie es sich zu einfach“, kritisierte der Ländervertreter. Er forderte stattdessen, auf der Basis des vorgelegten Gutachtens "inhaltlich darüber zu diskutieren“. (hau)