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Bei einer Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales unter Vorsitz von Max Straubinger (CDU/CSU) am Montag, 4. Oktober 2010, hat sich die Mehrheit der geladenen Experten für eine Beibehaltung der sogenannten "sachgrundlosen Befristung" bei Arbeitsverhältnissen auf Zeit ausgesprochen. Aktuell können Arbeitgeber Mitarbeiter bis zu zwei Jahre lang ohne Angabe von Gründen befristet beschäftigen. Die SPD-Fraktion hat sich in einem Antrag (17/1769) dafür ausgesprochen, diese Möglichkeit zu streichen. Auch Linksfraktion (18/1968) und Bündnis 90/Die Grünen (17/2922) schlossen sich dieser Forderung an. Linke und Grüne wollen darüber hinaus die gesetzliche Möglichkeit einer ”Befristung zur Erprobung“ für neue Mitarbeiter abschaffen.
Bei der Anhörung betonten mehrere Experten die Chancen, die sich aus befristeten Beschäftigungsverhältnissen ergäben: Roland Wolf von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) sagte, 40 bis 50 Prozent der Arbeitnehmer würden nach Auslaufen der befristeten Verträge in unbefristete Jobs übernommen.
Hildegard Reppelmund vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sagte, eine Umfrage unter den Mitgliedsunternehmen habe ergeben, dass sogar 60 Prozent der befristet Eingestellten zeitlich unbegrenzt weiterbeschäftigt würden.
Holger Schäfer vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln wies darauf hin, dass nach Untersuchungen seines Instituts die Beschäftigungschancen Einzelner auch durch befristete Arbeitsverträge erhöht würden.
Die Vertreter aller geladenen Wirtschaftsverbände betonten, dass Unternehmer die Möglichkeit zur befristeten Beschäftigung vor allem in Krisensituationen bräuchten. DIHK-Vertreterin Reppelmund sagte, mehr als 65 Prozent der befragten Mitglieder hätten angegeben, ohne diese Möglichkeit weniger Mitarbeiter einzustellen.
Martina Perreng vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) sagte hingegen, dass die Schaffung neuer Jobs vor allem mit der wirtschaftlichen Entwicklung zusammenhänge. Bei Auftragsspitzen könnten Unternehmer Mitarbeiter mit genau dieser Begründung auf Zeit einstellen; wenn Arbeit dauerhaft anfalle, solle man eine unbefristete Stelle schaffen.
Nadine Zeibig vom Hugo Sinzheimer Institut für Arbeitsrecht betonte die negativen Auswirkungen befristeter Arbeit auf die Lebensqualität: Den Mitarbeitern fehle die Planungssicherheit, außerdem gingen Verträge auf Zeit überdurchschnittlich oft mit prekärer Arbeit einher.
Allerdings sagte DGB-Vertreterin Perreng, dass Unternehmen vermutlich in andere Formen prekärer Beschäftigung wie Praktika, Volontariate oder Leiharbeit ausweichen würden, wenn man die Möglichkeit sachgrundloser Befristung abschaffen würde.
Christian Hohendanner vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung wies darauf hin, dass befristet Beschäftigte gerade in den Branchen häufig übernommen würden, wo Verträge in der Regel ohne Sachgrund befristet seien, wie im produzierenden Gewerbe. Im öffentlichen und im sozialen Sektor, wo Mitarbeiter überwiegend aufgrund eines Sachgrundes auf Zeit eingestellt würden - also beispielsweise als Schwangerschaftsvertretung -, würden sie hingegen weniger häufig weiterbeschäftigt.
Die geladenen Wirtschaftsverbände unterstützten den Plan der schwarz-gelben Koalition, das ”Ersteinstellungsgebot“ abzuschaffen: Es besagt, dass Firmen, die einen Mitarbeiter schon einmal auf Zeit beschäftigt haben, ihn nicht wieder befristet einstellen dürfen.
Laut Koalitionsvertrag soll eine erneute Einstellung nach einer Karenzzeit von zwölf Monaten erlaubt werden, um sogenannte ”Kettenbefristungen“ zu verhindern. BDA-Vertreter Wolf und DIHK-Vertreterin Reppelmund plädierten sogar für kürzere Karenzzeiten. (ktk)
Martina Perreng, Deutscher Gewerkschaftsbund
Roland Wolf, Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände
Die Familienunternehmer (ASU)
Hildegard Reppelmund, Deutscher Industrie- und Handelskammertag
Zentralverband des Deutschen Handwerks
Holger Schäfer, Institut der deutschen Wirtschaft, Köln
Nadine Zeibig, Hugo Sinzheimer Institut für Arbeitsrecht
IZA Forschungsinstitut
Prof. Dr. Gregor Thüsing
Dr. Claudia Weinkopf
Dr. Hajo Holst
Christian Hohendanner, Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung