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Über die Lage von Menschen mit Migrationshintergrund diskutiert der Bundestag am Donnerstag, 7. Oktober 2010, ab 9 Uhr rund 90 Minuten lang. Grundlage der Debatte ist ein Bericht der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Prof. Dr. Maria Böhmer (CDU). Nach dem achten Bericht über die Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland (17/2400) leben rund 15,6 Menschen mit Migrationshintergrund (Stand 2008) in Deutschland. Das ist knapp ein Fünftel der Bevölkerung.
Unter ihnen sind 8,3 Millionen Deutsche. Im Bericht heißt es, diese Zahlen würden den Wandel der deutschen Gesellschaft belegen - die bis 2005 übliche Differenzierung zwischen deutschen Staatsangehörigen einerseits und Ausländerinnen und Ausländern andererseits werde "der sozialen Realität in Deutschland nicht mehr gerecht".
Seit 2005 lasse der Mirkozensus vergleichende Aussagen zur Bevölkerung mit und ohne Migrationshintergrund zu. Dabei zeige sich, "dass mit dem Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit Integration noch nicht unbedingt abgeschlossen" sei.
Die Berücksichtigung des Mikrozensus sensibilisiere für spezifische Chancen und Defizite der zweiten und dritten Generation; vor allem die Integrations-, Bildungs- und Arbeitsmarktprobleme dieser Generationen müssten "gemeinsam mit den Migrantinnen und Migranten angegangen werden".
Die deutsche Bevölkerung, so der Bericht, werde "weniger, älter und vielfältiger und selbst aktive Zuwanderung könne die Abnahme der Bevölkerung nicht aufhalten, sondern sie nur verlangsamen.
Entgegen früherer Annahmen zur Entwicklung des Erwerbspersonenpotenzials, die von einer anhaltenden Nettozuwanderung von rund 200.000 Ausländerinnen und Ausländern jährlich ausgingen, falle der kompensatorische Effekt tatsächlich "sehr viel geringer" aus.
Er habe im Jahr 2007 nur bei der Hälfte der Annahme und "bei nur mehr knapp 11.000 Personen" gelegen. Weil seit 2005 mehr Deutsche aus- als einwanderten, ergebe sich für 2008 erstmals seit 1984 wieder ein Gesamtwanderungsverlust von 56.000.
Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund bilden nach Ansicht der Integrationsbeauftragten daher "Deutschlands größtes neu zu erschließendes Bildungspotenzial". Dies sei sowohl von der Politik, der Wirtschaft, den Migrantenverbänden und vielen Initiativen aus der Bürgerschaft erkannt worden.
Weil empirisch belegt sei, dass der Besuch einer Kindertageseinrichtung von mehr als einem Jahr "bei Kindern aus benachteiligten Milieus und Kindern mit Migrationshintergrund für den späteren Schulerfolg positive Effekte" habe, sind aus Sicht der Integrationsbeauftragten "dringend Strategien erforderlich", um die Betreuungsquoten von Kindern mit Migrationshintergrund zu erhöhen.
So sei die Betreuungsquote unter Dreijähriger mit Migrationshintergrund mit etwa neun Prozent nur halb so hoch wie die von Kindern, deren Eltern beide in Deutschland geboren wurden. Obwohl Sprachfähigkeiten als Schlüsselkompetenzen gelten würden, die den weiteren Bildungsweg beeinflussen, gebe es "für den wichtigen Indikator Sprachförderbedarf überhaupt keine bzw. keine vergleichbaren Daten" - dies sei "nicht vertretbar".
Weil sich die Beschäftigungssituation von Menschen mit Migrationshintergrund bislang nicht verbessert habe, sei die Verbesserung ihrer Arbeitsmarktintegration dringend geboten. Es müsse ein zentrales Anliegen von Politik und Wirtschaft sein, die Erwerbsbeteiligung dieser Bevölkerungsteile "gezielt zu erhöhen und insbesondere zur Verbesserung der Qualifikationsstruktur des Erwerbspersonenpotenzials mit Migrationshintergrund" beizutragen.
Die Arbeitslosenquote von Ausländerinnen und Ausländern sei fast doppelt so hoch wie die der deutschen Bevölkerung. Verbesserungen seien auch bei der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse und Qualifikationen nötig. Bislang sei die Situation hier gekennzeichnet durch Unübersichtlichkeit der Verfahren und das Fehlen einheitlicher Standards für die Bewertung.
Insgesamt sei die wirtschaftliche Lage der Migranten deutlich schlechter als die der Gesamtbevölkerung und ihr Armutsrisiko höher. (suk)