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Die Konjunkturprogramme haben einen Beitrag zu der derzeitigen positiven wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland geleitet. Dieser Einschätzung stimmten während der Debatte zu der Großen Anfrage der SPD-Fraktion (17/1616, 17/2568) nach den ökonomischen Wirkungen der Programme Redner aller Fraktionen am Freitag, 8. Oktober 2010, weitestgehend zu. Umstritten hingegen blieb, wie groß dieser Beitrag war. Auch die Frage, ob und in welcher Form die von der Großen Koalition aufgelegten Konjunkturprogramme, die Ende 2010 auslaufen, auch künftig fortgeführt werden sollten, wurde unterschiedlich beantwortet. Während die Opposition vor den negativen wirtschaftlichen Folgen des Auslaufens warnte und gleichzeitig Kritik an der Wirtschaftspolitik der Bundesregierung übte, verteidigte die Koalition das Ende der Programme mit dem Verweis auf die benötigte Konsolidierung der Staatsfinanzen.
Als "grandios“ bezeichnete der SPD-Abgeordnete Wolfgang Tiefensee den konjunkturellen Aufschwung und nannte ihn eine "atemberaubend gute Wirkung der Konjunkturpakete“. "Atemberaubend schlecht“ sei hingegen die ökonomische Wirkung der schwarz-gelben Regierungsarbeit, urteilte Tiefensee.
Wenn Bundeswirtschaftsminister Brüderle den Aufschwung als Erfolg schwarz-gelber Regierungsarbeit verkaufe, schmücke er sich mit falschen Federn befand der SPD-Politiker. Statt beherzt einzugreifen wo es nötig sei, stehe Brüderle daneben und beobachte.
So sei das CO2-Gebäudesanierungsprogramm "der wesentliche Baustein“ im Konjunkturpaket gewesen. Nun werde dort massiv gekürzt, ohne dass der Wirtschaftsminister sich dagegen stemme. "Das ist eine Antipolitik gegen den Mittelstand“, befand Tiefensee und verwies auf die Städtebauförderung, wo gleiches gelte.
Die in der Krise beschlossenen Konjunkturpakete würden nun ihre ökonomische Wirkung zeigen, bestätigte auch die Unionsabgeordnete Lena Strothmann. "Wer hätte schon vor einem Jahr mit einem Wirtschaftswachstum von drei Prozent und einem Rückgang der Arbeitslosenzahlen auf drei Millionen gerechnet“, fragte sie.
Aber, so die CDU-Politikerin, wer A sage, müsse auch B sagen. "Wir haben für die Programme zusätzliche Schulden gemacht, die wir nun abbauen müssen.“ Daher gelte es nun eine "Exit-Strategie“ einzuleiten. "Wir wollen keine Dauersubventionen“, betonte Strothmann.
Dauerhafte Subventionen würden den Wettbewerb verzerren, befand auch der FDP-Abgeordnete Martin Lindner. Außerdem müsse es jetzt darum gehen, die Staatsfinanzen zu stabilisieren. "Es war richtig und vernünftig, die Konjunkturprogramme so anzulegen, dass sie Impulse setzen, aber auch in den nächsten Jahren wieder sanft auslaufen“, lautete sein Urteil.
Im Unterschied zur SPD wisse seine Fraktion, dass in Phasen wirtschaftlicher Erholung Ressourcen gewonnen werden müssten, um in anderen Abschwungphasen Mittel zum Anschieben zu haben. Ziel müsse es nun sein, den derzeitigen Aufschwung zu verstetigen, auch im Interesse des "Gedeihens des Sozialstaates“, sagte Lindner.
Zugleich verteidigte er die Politik der christlich-liberalen Koalition. "Wir sind auf dem richtigen Kurs“, sagte er. Mit Blick auf die aktuellen Wirtschaftsdaten könne man nach einem Jahr Regierungszeit feststellen: Schwarz-Gelb wirkt.
Am kritischsten bewertete der Abgeordnete der Linksfraktion, Michael Schlecht, die Konjunkturprogramme. Das erste sei ein "schlechter Witz“ gewesen und habe nichts gebracht, befand er. Das Konjunkturpaket II, das "auch auf Druck der Gewerkschaften“ aufgelegt worden sei, habe dann zumindest seinen Namen verdient, sei aber in seiner Bedeutung "außerordentlich begrenzt“ gewesen.
Schlecht kritisierte, dass die Bundesregierung aus diesem "zaghaften Paket“ nun wieder aussteigen wolle und mit einem "80 Millionen-Kürzungsprogramm“ die wirtschaftliche Entwicklung stranguliere. Dabei, so Schlecht, sei die wirtschaftliche Lage höchst wacklig. Entscheidend für die Zuwächse sei zuallererst der Export. "Die wirtschaftliche Verbesserung ist weniger ein Resultat der deutschen Konjunkturpakete als jener der Chinesen und der US-Amerikaner“, befand Schlecht.
Die Konjunkturpakete, die man in weiten Teilen positiv begleitet habe, seien eine "teure Angelegenheit“, sagte die Abgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen, Kerstin Andreae. Die Folge seien enorme Verschuldungsprobleme. Aus Sicht ihrer Fraktion müssten derartige Programme eine doppelte Rendite haben.
Neben der Konjunkturstärkung müssten sie auch zur Ökologisierung und Modernisierung der Wirtschaft hin zu Zukunftstechnologien und Zukunftsmärkten beitragen. Das sei in weiten Teilen nicht der Fall, kritisierte Andreae. Eine Fortführung der Programme mache auch daher keinen Sinn. "Wir brauchen Strukturprogramme und keine Konjunkturprogramme“, lautete ihre Forderung.
Der Bundesregierung warf sie vor, eine "Ankündigungspolitik“ zu betreiben. Sowohl das Entflechtungsgesetz als auch die Strukturreform bei der Umsatzsteuer und das Gesetz zur Stärkung des Normenkontrollrates seien erst angekündigt worden und dann in der Versenkung verschwunden. (hau)