Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Archive > 2010 > Beitrittsantrag der Republik Serbien
Alle Fraktionen im Bundestag sprechen sich dafür aus, Serbien auf dem Weg in die Europäische Union zu unterstützen. Das wurde in der Debatte über drei Anträge zum „Beitrittsantrag der Republik Serbien zur EU“ am 8. Oktober 2010 deutlich. In den Anträgen war jeweils gefordert worden, das Beitrittsgesuch Serbiens schnell an die EU-Kommission weiterzuleiten. Dafür solle sich die Bundesregierung im EU-Ministerrat einsetzen
Marieluise Beck von Bündnis 90/Die Grünen betonte in der Debatte, dass es gut sei, "die Tür in die EU für Serbien ein Stück weiter aufzumachen“. Gleichzeitig sollten aber auch die Schwierigkeiten offen angesprochen werden, die das Land noch habe. Dazu gehöre etwa, dass Serbiens Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien von dessen Chefankläger wieder negativer bewertet würde. "Dass in einem Land mit rund 7,5 Millionen Einwohnern zwei gesuchte Kriegsverbrecher nicht gefunden werden, stellt die Reife des Justizwesens und der Polizei in Frage“, gab Beck zu bedenken.
Der Weg in die EU werde noch lang sein. Die Südosteuropaexpertin der Grünen forderte außerdem, einen „regionalen Blick auf den Westbalkan zu haben“. Das schreibt die Grünenfraktion auch in ihrem Antrag (17/3204), der vom Bundestag abgelehnt wurde.
Rainer Stinner (FDP) erklärte, dass CDU/CSU und FDP, die ebenfalls einen Antrag (17/3190) eingebracht hatten, den Grünenantrag gerade deshalb ablehnten. Er sei nicht fokussiert genug auf Serbien. In ihrem eigenen Antrag, der vom Bundestag mit den Stimmen von CDU/CSU und FDP und bei Enthaltung der Grünen angenommen wurde, forderten die Koalitionsfraktionen deutliche Fortschritte, aber nicht die Lösung aller Probleme bevor Serbien sich der EU weiter annähern könne.
Wichtig sei allerdings, dass mit einem Beitritt Serbiens nicht ungelöste Probleme in die EU hineingetragen würden. „Erfahrungen wie die Grenzstreitigkeiten zwischen Kroatien und Slowenien müssen vermieden werden“, sagte Stinner und wandte sich an den auf der Besuchertribüne sitzenden Botschafter Serbiens: „Jeder in Serbien muss das verstehen.“
Dem Antrag der SPD-Fraktion (17/3175), der inhaltlich ebenfalls in weiten Teilen mit dem Koalitionsantrag übereinstimmte, könne er nicht zustimmen, weil darin gefordert würde, die Verhandlungen über einen Beitritt noch in diesem Jahr zu beginnen. Das sei zu kurzfristig und könne nicht ernst gemeint sein, sagte Stinner.
Wie alle anderen Redner sprach auch Günter Gloser (SPD) die „bemerkenswerten Entwicklungen in Serbien an, die Anerkennung verdient haben“. Dennoch forderte auch er eine „noch überzeugendere Zusammenarbeit“ mit dem internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag.
Auch das „Maß an Korruption in Serbien ist nicht europafähig“, sagte Gloser. Hier könne die EU nicht wegsehen. Dem schloss sich auch Roderich Kiesewetter (CDU/CSU) an. Die Erweiterungsmüdigkeit der letzten Zeit habe auch mit den negativen Erfahrungen zu tun, die die Beitritte Rumäniens und Bulgariens mit sich gebracht hätten. „Vor einem Beitritt müssen bestimmte Dinge geklärt werden“, so Kiesewetter. „Serbien hat es in der Hand.“
Thomas Nord von der Linksfraktion, die gegen alle drei Anträge stimmte, nannte die Beitrittsperspektive für Serbien „eine Chance, einen alten Konflikt dauerhaft zu beenden“. Dafür solle sich die Regierung einsetzen. Allerdings unterstellte er, dass für Serbien nicht nur die Kopenhagener Beitrittskriterien gelten sollten, sondern darüber hinaus Forderungen an das Land gestellt werden würden. „Es darf nicht von Serbien verlangt werden, das Kosovo als unabhängigen Staat anzuerkennen“, sagte Nord. (nt)