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Der Streit über die Atompolitik geht in die nächste Runde. Am Donnerstag, 28.Oktober 2010, wird der Bundestag über die Gesetzesvorlagen der Regierungskoalition zur Novelle des Atomgesetzes abstimmen. Mit diesen will sie bis 2050 etwa 80 Prozent des Stroms aus Öko-Energien erzeugen und hat hierfür Änderungen des Atomgesetzes (17/3051), (17/3052) sowie Gesetzentwürfe zur Errichtung eines Energie- und Klimafonds (17/3053) und für ein Kernbrennstoff- steuergesetz (17/3054) eingebracht. Über alle vier Gesetzentwürfe sowie über Änderungsanträge soll namentlich abgestimmt werden. Zur Abstimmung steht auch ein Antrag der SPD (17/3426), wonach die Bundesregierung ihr Energiekonzept zurückziehen soll.
Außerdem berät der Bundestag ab 9 Uhr zwei Stunden lang über den Antrag der Regierungsfraktionen "Energiekonzept umsetzen - Der Weg in das Zeitalter der erneuerbaren Energien" (17/3050) sowie über den Koalitionsantrag (17/3049), der eine regelmäßige Unterrichtung des Bundestages zur Umsetzung des Energiekonzeptes durch die Bundesregierung vorsieht sowie einen alle drei Jahre zu erstellenden Zwischenbericht der Bundesregierung zum Thema. Dazu liegt eine Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses vor (17/3402)
Die von den Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP eingebrachten Anträge für die Änderung des Atomgesetzes (17/3051), (17/3052) beinhalten zum einen die zusätzliche Gewährung von Rechten zur Elektrizitätsmengenerzeugung einzelner Kernkraftwerke sowie eine befristete Verlängerung der Laufzeiten der vorhandenen Kernkraftwerke um durchschnittlich zwölf Jahre.
Dies leiste einen Beitrag, um in einem Übergangszeitraum die drei energiepolitischen Ziele Klimaschutz, Wirtschaftlichkeit und Versorgungssicherheit in Deutschland zu verwirklichen, heißt es im Entwurf eines elften Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes.
In dem anderen Entwurf wird vorgeschlagen, dass wieder Enteignungen zum Zwecke der Errichtung von Anlagen zur Lagerung radioaktiver Abfälle möglich sein sollen. Eine Enteignung stelle nach dem Scheitern von Einigungsversuchen die Möglichkeit sicher, dass Anlagen zur Endlagerung radioaktiver Abfälle eingerichtet werden können. Der Umweltausschuss hat dazu eine Beschlussempfehlung vorgelegt (17/3409, 17/3435).
Die von den Koalitionsfraktionen geplante Einführung einer Kernbrennstoffsteuer (17/3054) sieht vor, den Verbrauch von Kernbrennstoffen im Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2016 zu besteuern. Die Steuer soll jährlich 2,3 Milliarden Euro einbringen und hat den Zweck, die Zusatzgewinne aus den Laufzeitverlängerungen abzuzschöpfen und für den Klima- und Umweltschutz bereitzustellen.
In diesem Zusammenahng haben die Koalitionsfraktionen einen Gesetzentwurf zur Errichtung eines Sondervermögens "Energie- und Klimafonds" (EKFG) (17/3053) vorgelegt, mit dem erneuerbare Energien gefördert werden sollen.
Nach Auslaufen der Kernbrennstoffsteuer ab dem Jahr 2017 sollen sich die Zahlungsverpflichtungen entsprechend den zusätzlichen Strommengen aus der Laufzeitverlängerung und der Entwicklung der Konsumgüter- und Grundlaststrompreise entwickeln, heißt es im Antrag der Regierungsfraktionen. Der Haushaltsausschuss hat dazu eine Beschlussempfehlung vorgelegt (17/3405).
Beim Streit in der Atomdebatte sorgt vor allem die Frage für Kontroversen, ob bei der angestrebten Verabschiedung des neuen Gesetzes zum 1. Januar 2011 der Bundesrat einbezogen werden muss. Dort hat die Koalition seit der NRW-Wahl keine Mehrheit mehr. SIe plant, das Gesetz am 26. November lediglich zur Kenntnisnahme vorzulegen.
Um vor allem die geplante Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke zu verhindern, hat die SPD beim Bundesverfassungsgericht einen Eilantrag eingereicht, um das Gesetz noch in diesem Jahr per einstweiliger Anordnung zu stoppen. Auch die Grünen und Die Linke hatten bereits den Gang nach Karlsruhe angekündigt. Die SPD will auch einen Antrag einbringen, wonach die Bundesregierung ihr Energiekonzept zurückziehen solle.
Mit den Stimmen der Koalition hat der Wirtschaftsausschuss am 26. Oktober dem Koalitionsantrag zur Umsetzung des Energiekonzeptes zugestimmt. Ein Ausschussantrag der SPD wurde abgelehnt. Die Sozialdemokraten hatten gefordert, Laufzeitverlängerungen für die deutschen Atomkraftwerke abzulehnen. Sie führten an, dass diese "einen erheblichen Eingriff in den Wettbewerb auf dem deutschen Strommarkt insbesondere zulasten der kommunalen und mittelständischen Wirtschaft“ darstellten.
Die CDU/CSU lobte im Ausschuss das Energiekonzept der Bundesregierung. Sie betonte aber auch, dass man in den Gesetzgebungsverfahren, die sich aus dem Konzept ergäben, den Wettbewerb auf dem Strommarkt garantieren müsse.
Am 21. Oktober hatten bei der Anhörung des Wirtschaftsausschusses zum Energiekonzept unter anderem die kommunalen Unternehmen eine Wettbewerbsverzerrung durch die Laufzeitverlängerungen beklagt. Die FDP unterstützte das Konzept und würdigte ein "Energiekonzept aus einem Guss“.
Als "Etikettenschwindel“ bezeichnete hingegen die SPD-Fraktion die Aussage, dass das Energiekonzept den Weg ins Zeitalter der erneuerbaren Energien weise. Die Laufzeitverlängerungen für Atomkraftwerke führten zu Auftragseinbrüchen in der restlichen Kraftwerksbranche. Außerdem kritisierten die Sozialdemokraten die mangelnde Beteiligung des Bundesrates.
Die Linksfraktion bemängelte, dass die Regierungsfraktionen "keinerlei Konsequenzen“ aus der Kritik gezogen hätten, die in der öffentlichen Anhörung am Energiekonzept geäußert worden sei. Sie kritisierten daneben, dass das Konzept keine verbindlichen Vorgaben für die Steigerung der Energieeffizienz enthalte.
Bündnis 90/Die Grünen warfen der Regierung "reine Atomdenke“ vor. Obwohl es im Verkehrs- und Bausektor große Energieeinsparpotenziale gebe, sei der entsprechende Bundestagsausschuss nicht einmal an der Beratung des Konzepts beteiligt worden. Die Grünen warnten vor einem Schnellschuss und plädierten für längere Beratungen.
Eine äußerst angespannte Stimmung herrschte am 25. Oktober im Umweltausschuss. Die Koalition lehnte einen Antrag der Grünen auf eine weitere Expertenanhörung zur Laufzeitverlängerung ab. Inhaltlich betonte die CDU/CSU, dass Kernenergie gebraucht würde. Sie sei "ökonomisch und ökologisch“ sinnvoll.
Die FDP nannte die Entwürfe zur Änderung des Atomgesetzes "zwei gute Gesetze“ und bezeichnete die Atomkraft als "Brücke auf dem Weg zu den erneuerbaren Energien“. Die SPD warf der Koalition vor, das Thema mit möglichst wenig Debatten "durchzukeulen", da sie wisse, dass die Mehrheit der Bevölkerung dagegen sei.
Die Linke erinnerte daran, dass der Tschernobyl-Unfall 2011 25 Jahre zurückliegt. Die Mehrheit der Bevölkerung wisse, dass Kernkraft Gefahren berge.
Bündnis 90/Die Grünen haben im Plenum Änderungsanträge vorgelegt (17/3486, 17/3487, 17/3488, 17/3489, 1/3490, 17/3491, 17/3492, 17/3493, 17/3494, 17/3495, 17/3496, 17/3497, 17/3498, 17/3499, 17/3527, 17/3528, 17/3529, 17/3530, 17/3531, 17/3532, 17/3533, 17/3534), 17/3535, 17/3536, 17/3537, 17/3538, 17/3539), die sich auf die elfte Änderung des Atomgesetzes beziehen (17/3051) und von denen 24 namentlich abgestimmt werden sollen. Abgestimmt werden auch Entschließungsanträge der Linken (17/3439) und der Grünen (17/3485). (jmb/ktk/ah)