Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Archive > 2010 > Bürgerschaftliches Engagement
Am Donnerstag, 16. Dezember 2010, debattiert der Bundestag voraussichtlich ab 14.10 Uhr über eine Große Anfrage der SPD-Fraktion (17/3712) zur nationalen Engagementstrategie der Bundesregierung, die am 6. Oktober 2010 vom Bundeskabinett verabschiedet wurde. Ziel der Engagementstrategie ist es laut Regierung, "die Grundlage für eine gemeinsame und aufeinander abgestimmte Engagementförderung aller Ressorts“ zu schaffen. Dabei gehe es um die Förderung intelligenter, innovativer Lösungen für gesellschaftliche Probleme durch Akteure vor Ort und eine gemeinsame Anstrengung des Staates, der Bürgergesellschaft und der Wirtschaft zur Bewältigung dieser Probleme.
Der SPD-Fraktion zufolge bleibt die Engagementstrategie der Bundesregierung allerdings hinter den geweckten Erwartungen zurück. Ein "Leitfaden für eine lebendige Bürgergesellschaft“ – so der Titel der Engagementstrategie – und ein Strauß an Projekten stelle noch keine Strategie dar und werde damit zum Etikettenschwindel, so Ute Kumpf (SPD), engagementpolitische Sprecherin ihrer Fraktion.
In der Anfrage zeigen sich die Sozialdemokraten vor allem enttäuscht darüber, dass die Vorarbeiten des Nationalen Forums für Engagement und Partizipation "keinen oder so gut wie keinen Eingang“ in die nationale Engagementstrategie der Bundesregierung gefunden hätten.
Das sei "bedauerlich und riskant“, weil damit Vertrauen auf Seiten der Bürgergesellschaft verloren gehe und "die eindrucksvolle Mitwirkungsbereitschaft der Bürgergesellschaft“, die sich in den zurückliegenden eineinhalb Jahren abgezeichnet habe, aufs Spiel gesetzt werde.
Das Nationale Forum für Engagement und Partizipation, dem über 300 Vertreter aus Zivilgesellschaft, Wissenschaft, Politik und Wirtschaft angehören, wurde 2009 noch zu Zeiten der Großen Koalition gegründet mit dem Auftrag, die Bundesregierung bei der Entwicklung einer Engagementstrategie zu begleiten.
Von der schwarz-gelben Bundesregierung wollen die SPD-Abgeordneten nun wissen, warum in der vom Bundeskabinett beschlossenen Engagementstrategie "weite Teile der Empfehlungen“ des Nationalen Forums nicht berücksichtigt worden seien.
Der SPD-Fraktion zufolge muss sich eine erfolgreiche Engagementpolitik an zwei zentralen Herausforderungen für Gesellschaft und Politik messen lassen: dem Älterwerden der Gesellschaft und der Integration eines wachsenden Anteils von Bürgerinnen und Bürgern mit Migrationshintergrund.
"Menschen jenseits der 65 sind heute noch lange nicht am Ende ihres aktiven Lebens“, schreiben die Abgeordneten. Sie brauchten aber auch Möglichkeiten zum Mitgestalten und Mitentscheiden.
Fragen zur Förderung von Migranten
Auch die Beteiligungsmöglichkeiten für Menschen mit Migrationshintergrund müssten gezielt ausgebaut werden. Denn bürgerschaftliches Engagement sei unter Migranten weniger verbreitet als unter Bürgern ohne Migrationshintergrund, so die Sozialdemokraten.
An die Bundesregierung richten sie die Frage, mit welchen konkreten Maßnahmen oder Modellprojekten sie die Einbindung und Teilhabe von Menschen mit Migrationshintergrund auf Bundes-, Landes- und auf kommunaler Ebene fördern und ausbauen wolle. Gedanken machen sich die Abgeordneten auch über die Förderung der politischen Partizipation und aktiven Teilhabe anderer gesellschaftlicher Gruppen wie etwa bildungsferner Geringverdiener am gesellschaftlichen Leben.
Darüber hinaus enthält die Vorlage einen umfangreichen Fragenkatalog zu vielen weiteren engagementpolitischen Aspekten. Thematisiert werden etwa Leitbild und Strukturen der nationalen Engagementstrategie, der geplante Ausbau der Infrastrukturen und der Rahmenbedingungen bürgerschaftlichen Engagements und die Vorhaben der Bundesregierung im Bereich der so genannten Freiwilligendienste, die im Zuge des Wegfalls des Zivildienstes im kommenden Jahr neu geordnet werden.
Die Anfrage beschäftigt sich zudem mit dem Verhältnis von Bildung und bürgerschaftlichem Engagement und mit Fragen des Zuwendungs- und Gemeinnützigkeitsrechts.
Schließlich wird die Bundesregierung gefragt, welche konkreten Schritte sie vorsehe, damit sich Erwerbsarbeit und bürgerschaftliches Engagement besser vereinbaren lassen, welche Engagementpolitik sie auf europäischer Ebene verfolge und welche Schwerpunkte sie beim Ausbau der Engagementforschung setzen wolle.
Die Bundesregierung wird voraussichtlich bis zum Frühjahr 2011 die schriftliche Beantwortung der Großen Anfrage vorlegen. Für die Aussprache am Donnerstag sind 45 Minuten vorgesehen. (nal)