Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Archive > 2011 > Das ungarische Mediengesetz in der Kritik
Über die Fraktionsgrenzen hinweg hat der Bundestag ein Ende der Repression in Weißrussland und die sofortige Freilassung aller politischen Gefangenen gefordert. Die Abgeordneten aller im Bundestag vertretenen Fraktionen befürworteten in der rund 45-minütigen vereinbarten Debatte am Donnerstag, 20. Januar 2011, scharfe politische Sanktionen gegen das Regime von Alexander Lukaschenko. "Aber mit diesen Sanktionen dürfen wir nicht die Zivilgesellschaft und die junge Generation bestrafen und aussperren von Europa“, warnte der CDU-Parlamentarier Karl-Georg Wellmann.
Deshalb will sich der Bundestag auch für Visa-Erleichterungen für alle Menschen einsetzen, die sich der Demokratie verpflichtet fühlen. Studenten sollen mit mehr Stipendienprogrammen unterstützt werden. Nach dem umstrittenen Sieg von Lukaschenko am 19. Dezember waren in Minsk Tausende Menschen auf die Straße gegangen.
Die Proteste wurden brutal niedergeknüppelt und Hunderte Oppositionelle, darunter auch die Präsidentschaftskandidaten der Opposition, festgenommen. Auch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hatte scharfe Kritik an der Stimmabgabe und den Repressalien im Wahlkampf geübt.
Besorgt verwies Marieluise Beck, Sprecherin für Osteuropapolitik von Bündnis 90/Die Grünen, darauf, dass nichts über den Zustand der politischen Gefangenen in Weißrussland bekannt sei. Niemand, weder das Rote Kreuz noch Beobachter der OSZE, Anwälte oder Familienangehörige hätten Zugang zu den Gefangenen, sagte Beck.
"Diese Menschen sind in großer Lebensgefahr. Verantwortlich ist ein Diktator, der durch nichts zu beeinflussen ist“, sagte sie. Lukaschenko könne kein Partner mehr sein. Auch Beck plädierte für Reisefreiheit für die Bürger, "denn sonst helfen wir einem Diktator, die Menschen einzusperren“. "Wir sind schockiert über das Verhalten von Lukaschenko", fügte sie hinzu.
Der CDU-Außenpolitiker Philipp Mißfelder sagte, die Bundestagsdebatte dürfe kein Schlusspunkt der Aktivitäten sein. "Die Gefahr ist, dass das Kalkül von Lukaschenko aufgeht, prominente Kritiker einzusperren und dass diese dann sukzessive in Vergessenheit geraten“, warnte er.
Mißfelder plädierte gleichzeitig dafür, Moskau in die Bemühungen einzubeziehen und gemeinsam den Druck auf Minsk zu erhöhen.
Der FDP-Außenexperte Michael Link sagte: "Wir sind schockiert über das Verhalten von Lukaschenko.” Er habe sein Versprechen auf faire und freie Wahlen auf zynische Weise gebrochen. Link wies darauf hin, dass es im Vorfeld der Wahlen Anzeichen für ein Tauwetter in den politischen Beziehungen mit Weißrussland gegeben hätte. Das sei aber eine Fehleinschätzung gewesen.
Link plädierte dafür, alle Möglichkeiten innerhalb der OSZE für ein gemeinsames Vorgehen gegen das Regime in Minsk zu nutzen. "Wir dürfen und werden nicht wegsehen. Das sind wir den tapferen Demonstranten in Minsk schuldig“, betonte Link.
Auch die SPD-Außenexpertin Uta Zapf sprach von Fassungslosigkeit, Trauer, Wut und einem tiefen Erschrecken darüber, wie Lukaschenko seine Gegner niederknüppeln ließ. Sie zählte auf, dass es tagtäglich Fälle von Einschüchterungen, Racheakten an Oppositionellen gebe und Studenten von den Universitäten verwiesen würden.
"Dies ist in der Tat ein Schlag ins Gesicht der Annäherungspolitik“, sagte sie. Lukaschenko habe noch am 3. Dezember 2010 seine Unterschrift unter das Astana-Protokoll der OSZE gesetzt.
Zapf sprach sich wie ihre Vorredner für Solidarität mit der Zivilgesellschaft aus und betonte, dass europäische Mittel genutzt werden müssten, um die Familien von inhaftierten Oppositionellen zu unterstützen.
Der Abgeordnete der Fraktion Die Linke, Stefan Liebich, sagte, dass sich alle Bundestagsfraktionen in den allermeisten Fragen einig seien. Auch er nannte die Verhaftungswelle nicht akzeptabel.
"Für uns ist klar: Eine freie Meinungsäußerung muss möglich sein“, sagte Liebich. Deshalb sei eine gemeinsame deutliche Sprache in der EU erforderlich. Liebich forderte, dass das geschlossene OSZE-Büro in Minsk wieder eröffnet werden müsse.
Die EU hatte seit 2004 mehrfach Sanktionen gegen die autokratische Führung in Minsk verhängt und Mitgliedern des Regimes Einreiseverbote erteilt. Die Auflagen wurden ausgesetzt in der Hoffnung, die dortige Führung so auf einen demokratischen Kurs zu führen. Diese Erwartungen haben sich aber zerschlagen. Die EU-Außenminister wollen am 31. Januar über ihr Vorgehen beraten. (sn)