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Die Kopfprämie - ein Modell zur Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung © picture alliance
Was im Bundestag am Donnerstag, 27. Januar 2011, als erneute Auseinandersetzung mit der schwarz-gelben Gesundheitsreform begonnen hat, hat sich im Lauf der Debatte zur Auseinandersetzung um die Haltung der SPD zur Gesundheitspolitik erwiesen. 75 Minuten lang diskutierten die Abgeordneten eine Große Anfrage der SPD-Fraktion (17/865) und die entsprechende Antwort der Bundesregierung (17/3130) und lehnten schließlich einen Antrag der SPD zur Wiederherstellung der paritätischen Finanzierung in der gesetzlichen Krankenversicherung (17/879) mit den Stimmen der Koalition gegen die der SPD und Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung der Linksfraktion ab. Damit folgten die Abgeordneten einer Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses (17/4476).
Sowohl die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Ulrike Flach, als auch ihr Kollege von der Unionsfraktion, Jens Spahn, dankten der SPD dafür, den mehrere Monate alten Antrag und die noch ältere Große Anfrage aufgesetzt zu haben: Damit erkenne man, was im Laufe der letzten Monate von der "Panikmache“ der Sozialdemokraten geblieben sei, so Flach.
Jens Spahn betonte, durch das Gesetz zur Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) habe das drohende Defizit verhindert werden können. Die Finanzierung der GKV sei "endlich stabil“, durch den Ausbau der Zusatzbeiträge sei ein neues "Preisbewusstsein“ entstanden.
Die SPD aber, die in einer Kampagne unzulässigerweise die Wohlfahrtsverbände "vereinnahmt“ habe, schüre bei Schwerkranken "wider besseren Wissens“ Ängste. Flach und Spahn warfen den Sozialdemokraten vor, mit neuen Äußerungen zu einer steuerfinanzierten Bürgerversicherung zu beweisen, dass sie "täglich die Richtung ändern“ und die Versicherten "in die Irre führen“.
Der parlamentarische Staatssekretär im Gesundheitsministerium, Daniel Bahr (FDP), stellte fest, mit der Einführung der Praxisgebühr sei es die SPD gewesen, die eine Kopfpauschale und Vorkasse "ohne Zusammenhang zur Leistung“ eingeführt habe. Die Koalition habe dagegen eine "gerechte Beitragsfinanzierung“ geschaffen.
Der Kritik an der SPD schlossen sich auch Bündnis 90/Die Grünen und die Linkfraktion an. Der Obmann der Linken im Gesundheitsausschuss, Harald Weinberg, bescheinigte der SPD "konsequente Inkonsequenz“: Das von SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles und Karl Lauterbach vor einigen Tagen vorgestellte Konzept für eine steuerfinanzierte Bürgerversicherung sei "ein Widerspruch in sich“ und würde in der Konsequenz Gesundheitsleistungen "nach Kassenlage“ bedeuten.
Die SPD solle zu ihren früheren Forderungen nach einer paritätischen GKV-Finanzierung und der Bekämpfung der Zuatzbeiträge zurückkehren.
Die gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Birgitt Bender, sagte, die Zustimmung ihrer Fraktion zu dem SPD-Antrag solle als "Ermunterung“ für die SPD verstanden werden, die "Kohärenz und Konsistenz“ ihrer Politik zu überprüfen. Diese sei "hinter ihre eigene Erkenntnis zurückgefallen“, dass das Geld für einen steuerfinanzierten Sozialausgleich im Bundeshaushalt nicht vorhanden sei.
Bender warf zugleich der schwarz-gelben Koalition vor, "gründlich und lautlos“ den größten Systemwechsel in der Gesundheitspolitik "aller Zeiten“ geplant und begonnen zu haben, über eine Strategie "des Täuschens“ die Bürger darüber aber in Unklarheit zu lassen.
Für die SPD wiederholte der gesundheitspolitische Sprecher der Fraktion, Prof. Dr. Karl Lauterbach, den Vorwurf, Schwarz-Gelb habe eine Zweiklassenmedizin eingeführt und gehe "mit gut gelaunter Polemik über wichtige Themen“ hinweg.
Monatelang habe die Koalition eine "Beitragslüge“ propagiert: Es sei "gelogen“, dass es in der GKV ein Defizit von rund elf Milliarden Euro gegeben habe, das auf die Verantwortung der SPD zurückgegangen sei.
Seine Fraktionskollegin Mechthild Rawert sagte, Schwarz-Gelb habe "eine gefüllte Kasse“ vorgefunden und solle sich "bei Ulla Schmidt für ihre gute und vorausschauende Politik bedanken“. Zur Kritik an der veränderten Position der SPD sagte Lauterbach, seiner Fraktion sei bekannt, dass sie am Abschied der paritätischen Finanzierung beteiligt gewesen sei; man sei "nicht abgewählt worden, weil wir alles richtig gemacht haben“.
Die SPD habe sich entschieden, zur Finanzierung der GKV stärker die Steuern heranzuziehen, weil so auch Gutverdiener stärker belastet werden könnten. Das Konzept seiner Partei zur Bürgerversicherung sei einfach, gerecht und unbürokratisch. (suk)