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Zeit, Bilanz zu ziehen. Unter diesem Motto hat der Unterausschuss "Zivile Krisenprävention und vernetzte Sicherheit“ unter dem dem Vorsitz von Joachim Spatz (FDP) Vertreter verschiedener Nichtregierungsorganisationen geladen, um gemeinsam in einer öffentlichen Anhörung am Montag, 14. März 2011, im Deutschen Bundestag Erfahrungen und Perspektiven der zivilen Krisenprävention zu erörtern. Das Gremium ist ein Unterausschuss des Auswärtigen Ausschusses.
Im Mittelpunkt standen dabei vor allem Fragen nach dem bestehenden Frühwarnsystem für internationale Konflikte sowie nach der Zusammenarbeit zwischen staatlichen und zivilgesellschaftlichen Akteuren und schließlich nach der Wirksamkeit der Umsetzung des nationalen Aktionsplans.
Josephine Liebl vom European Peacebuilding Liaison Office (EPLO) wünschte sich ein aktiveres Vorgehen auf nationaler Ebene. “Deutschland muss sich dafür einsetzen, dass die EU ihre Verantwortung auf dem Feld des zivilen Konfliktmanagements und der Konfliktprävention wahrnimmt“, forderte sie.
Die Frage sei in diesem Zusammenhang auch, wie die zivile Krisenprävention aus ihrem Schattendasein herauskommen könne. Dafür müsse insbesondere ihr politischer Mehrwert klarer herausgestellt werden.
Early Warning und Early Action
Dr. Jochen Motte vom Forum Menschenrechte betonte, es sei wichtig, künftig noch mehr die Instrumente aus dem Bereich "Menschenrechte“ mit denen der Krisenprävention zu verknüpfen. Das so genannte "Early Warning“-Frühwarnsystem für internationale Konflikte sieht er in der Praxis nicht als Problem an, sondern vielmehr die "Early Action“ als nächsten wichtigen Schritt, der das konsequente Handeln aus dem Befund ableitet.
Dabei sei es für Nichtregierungsorganisationen nicht immer einfach, sich mit dem Auswärtigen Amt auf entsprechende Maßnahmen zu einigen.
Hans Jörg Friedrich vom Konsortium Ziviler Friedensdienst (ZfD) schloss sich Mottes Kritik an und betonte, es gebe zwar ein Übermaß an zugänglichen Informationen über Länder und mögliche Konflikte. Es stelle sich aber die Frage, wie diese Komplexität reduziert werden könne.
Dabei verwies er auf die bedeutende Rolle von Experten innerhalb der Nichtregierungsorganisationen, die Informationen auf ihre Relevanz und Glaubwürdigkeit bewerten könnten. Deutschland müsse in der Frage seiner strategischen vor allem das Leitbild menschlicher Sicherheit anstelle von staatlicher Sicherheit in den Mittelpunkt rücken.
Dr. Christine Schweitzer von der Plattform Zivile Konfliktbearbeitung gab an dieser Stelle zu bedenken, dass der Einfluss externer Akteure wie Deutschland und seine Nichtregierungsorganisationen beschränkt sei. "Die primären Träger von Konfliktprävention ist die Bevölkerung vor Ort selbst“, betonte Schweitzer.
Zudem wandte sie sich gegen das Bestreben, die bestehende Schwerpunktsetzung bei der Förderung internationaler Projekte auszubauen, da jeder einzelne Konflikt wichtig sei.
Jürgen Gieser vom Verband Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisationen (VENRO) kritisierte dagegen besonders die Zusammenarbeit mit der schwarz-gelben Bundesregierung. Unter ihr habe die Umsetzung des nationalen Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Resolution 1325, die Frauen, Frieden und Sicherheit auf internationaler Ebene fördern soll, an politischem Gewicht verloren.
Auch die Zusammenarbeit mit dem Bundesentwicklungsministerium (BMZ) sei inzwischen durch größere Distanz geprägt. Daher sei es höchste Zeit, das Thema "Zivile Krisenprävention" politisch aufzuwerten, sagte Gieser.
Edelgard Bulmahn (SPD) nahm die Kritik der versammelten Experten am bestehenden Frühwarnsystem sehr ernst und forderte: "Der Schritt von Early Warning hin zu Early Action, also von der Warnung hin zum sich daraus ableitenden Handeln, muss künftig besser gelingen.“
Roderich Kiesewetter (CDU/CSU) bezeichnete in diesem Zusammenhang den Barcelona-Prozess in Bezug auf Nordafrika als gescheitert und regte daher an, hieraus zu lernen. "Die Frage ist, ob es nicht noch direkter in der Praxis verankerte Möglichkeiten gibt, das bestehende Frühwarnsystem für internationale Konflikte auszubauen.“
Joachim Spatz (FDP) forderte die versammelten Experten auf, deutlicher Stellung zu Fragen der Öffentlichkeitsarbeit zu nehmen. "Die drängende Frage ist: Wie lässt sich der politische Mehrwert von ziviler Krisenprävention besser herausstellen?“, sagte Spatz.
Hiervon hänge immerhin entscheidend ab, ob ein breiteres öffentliches Bewusstsein geschaffen werden könne, was letztendlich die Chancen auf eine größere Bereitstellung von Mitteln beinhalte.
Kathrin Vogler von der Linksfraktion betonte die Notwendigkeit, ein stärkeres Augenmerk auf die Verantwortung der einzelnen Unternehmen zu richten und bezog sich dabei insbesondere auf die Problematik der Rüstungsexporte. Außerdem sprach sie sich dafür aus zu überlegen, wie man Krisenprävention künftig nachhaltiger evaluieren kann.
Kerstin Müller (Bündnis 90/Die Grünen) kritisierte hingegen, dass die Rolle des an der Umsetzung des nationalen Aktionsplans beteiligten Beirats des Ressortkreises nach wie vor unklar bleibe. An die versammelten Experten appellierte sie daher, sich an der Erörterung alternativer Strukturen zu beteiligen, die den Beirat in seiner jetzigen Form eventuell ersetzen könnten.
Uta Zapf (SPD) stieß in die gleiche Kerbe: "Ich komme mir manchmal vor wie in einer Selbsthilfegruppe. Die Frage bleibt: Was soll dieser Beirat tun?“
Wenn dieser nicht bald mehr Kompetenzen bekomme, werde die Lust, an diesem Gremium teilzunehmen, bei allen Beteiligten noch weiter sinken, warnte sie. (jmb)