Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Archive > 2011 > Präimplantationsdiagnostik (PID)
Dürfen Embryonen, bevor sie für eine künstlichen Befruchtung verwendet werden, auf Erbkrankheiten untersucht werden? Auf diese Frage müssen die Abgeordneten des Deutschen Bundestags in den kommenden Monaten eine Antwort finden: Sie beraten am Donnerstag, 17. März 2011, ab 9 Uhr erstmals drei Anträge zur umstritten Präimplantationsdiagnostik (PID). Für die Debatte sind drei Stunden angesetzt.
Die Abgeordneten haben sich drei verschiedenen Gruppenanträgen angeschlossen. Dabei wird sich der Antrag, der von der gesundheitspolitischen Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, Birgitt Bender, und dem Vorsitzenden der Unionsfraktion im Bundestag, Volker Kauder, initiiert wurde, für ein vollständiges Verbot der PID aussprechen.
In einem Eckpunktepapier heißt es, die "durch Legalisierung der PID gesetzlich legitimierte Selektion vor Beginn der Schwangerschaft" würde einen "Paradigmenwechsel" darstellen. Eine Gesellschaft, in der der Staat darüber entscheide oder andere darüber entscheiden lasse, "welches Leben gelebt werden darf und welches nicht", verliere ihre Menschlichkeit.
Nach Ansicht der Abgeordneten würde eine Zulassung der PID sozialen Druck auf potenzielle Eltern ausüben, diese Möglichkeit in Anspruch zu nehmen oder "sich vor der Gemeinschaft rechtfertigen zu müssen, wenn sie die PID ablehnen und ein Kind mit Beeinträchtigungen bekommen". Bereits jetzt würden Eltern schwer kranker oder behinderter Kinder von Erfahrungen mit Diskriminierung berichten. Die PID sei keine Therapie, sondern diene der "genetischen Auswahl".
Die Abgeordneten, die den Gesetzentwurf des SPD-Ethikexperten René Röspel und der Sprecherin für Bildungspolitik und Biotechnologie der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Priska Hinz, unterstützen, sprechen sich für eine "eng begrenzte Zulassung" der PID aus.
Die Diagnostik solle "grundsätzlich verboten" bleiben und "nur ausnahmsweise" für Paare zugelassen werden, die eine genetische Vorbelastung für Tot- oder Fehlgeburten haben. Grundlage sei "somit die Lebensfähigkeit des Embryos und das Ziel, Paaren zu einem Kind zu verhelfen, die sonst keines bekommen könnten", heißt es in einer Stellungnahme.
Die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP, Ulrike Flach, und der parlamentarische Staatssekretär Peter Hintze (CDU) werben für eine Freigabe der PID. Peter Hintze betonte in einer Pressemeldung, die PID bedeute ein "Ja zum Leben". Durch eine Änderung des Embryonenschutzgesetztes wollen sie es den Eltern ermöglichen, eine künstlich befruchtete Eizelle vor ihrer Implantation in die Gebärmutter auf schwere genetische Schäden zu untersuchen, um mögliche Schwangerschaftsabbrüche, Tot- oder Fehlgeburten zu vermeiden.
Am 8. März hat auch der Ethikrat eine Stellungnahme zur PID abgegeben. Dabei konnten sich die Angehörigen des Gremiums nicht auf eine einheitliche Linie verständigen: Eine Gruppe von 13 der 26 Ratsmitglieder hat erklärt, die PID sei unter bestimmten Einschränkungen ethisch gerechtfertigt. Elf Mitglieder befürworten dagegen ein Verbot der PID. Ein Vertreter des Ethikrates enthielt sich, ein anderer gab ein Sondervotum ab. (suk)