Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Archive > 2011 > Steuerpolitik
Für die Oppositionsfraktionen wird der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf des Steuervereinfachungsgesetzes (17/5125, 17/5196) seinem Namen nicht gerecht. So beklagte Ingrid Arndt-Brauer (SPD) bei der ersten Lesung des Gesetzentwurfs am Freitag, 25. März 2011, Vereinfachungswirkungen im Steuerrecht würden kaum eintreten, und auch die Erwartungen einer Entlastung würden nicht erfüllt. Wer seine Steuererklärung nur noch alle zwei Jahre abgebe, werde zwei Jahre auf Rückerstattungen warten. Auch bei der geplanten Erhöhung des Arbeitnehmer-Pauschbetrages von 920 auf 1.000 Euro im Jahr falle die Notwendigkeit, Belege sammeln zu müssen, nicht weg.
Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) wies darauf hin, von dieser Erhöhung profitierten nur diejenigen profitieren, die überhaupt keine Werbungskosten nachweisen können.
Dr. Barbara Höll (Die Linke) kritisierte, dass von ursprünglich 90 Vorschlägen nur noch drei im Gesetzentwurf enthalten seien, die finanzwirksam sind. Für einen Gesetzentwurf von mehr als 90 Seiten sei das "dürftig“.
Die monatliche Entlastungswirkung für Normalverdiener wie eine Krankenschwester betrage zwei bis drei Euro. Im Gegenzug seien die Sozialbeiträge erhöht worden, sodass diese Krankenschwester 95 Euro im Jahr mehr bezahlen müsse, kritisierte Höll.
Auch Lisa Paus (Bündnis 90/die Grünen) sagte, für die Entlastung durch die Anhebung des Arbeitnehmer-Pauschbetrages erhalte man einmal im Monat eine Tasse Kaffee oder eine Portion Pommes. "Das ist wirklich lächerlich“, kritisierte die Abgeordnete, die wie schon zuvor Barbara Höll auf die steigenden Sozialbeiträge verwies, die zu geringeren Nettoeinkünften der Arbeitnehmer geführt hätten.
Dass es mit der Verlängerung der Frist zur Abgabe von Steuererklärungen auf zwei Jahre zu einer Reduzierung von Bürokratie komme, bestritt Paus mit dem Hinweis, die Betroffenen hätten dann nicht nur zwei Steuerklärungen abzugeben, sondern auch noch ein zusätzliches Formular auszufüllen. "Das ist kein Steuervereinfachungspaket, sondern ein Placebo-Werk zur Erhaltung des Koalitionsfriedens“, so Paus.
Der parlamentarische Staatssekretär im Finanzministerium, Hartmut Koschyk (CDU/CSU) hatte zuvor auf das "zentrale Ziel Bürokratieabbau“ der Koalition hingewiesen.
Mit dem Gesetzentwurf verbinde die Koalition ein Maßnahmenpaket zur Steuervereinfachung mit der Notwendigkeit, den Konsolidierungskurs fortzuführen. Die Entlastung sei mit insgesamt 590 Millionen Euro auf ein "vernünftiges Maß“ begrenzt und werde vom Bund allein getragen.
Dr. Volker Wissing (FDP) bezeichnete die Erhöhung des Arbeitnehmer-Pauschbetrages als "wichtigen Akzent“. Wenn die Opposition Politik für die Arbeitnehmer machen wolle, müsse sie "mit fliegenden Fahnen“ zustimmen.
Die SPD habe in der Vergangenheit Freibeträge gekürzt. "Das drehen wir jetzt um“, sagte Wissing mit Blick auf den Arbeitnehmer-Pauschbetrag. Steuervereinfachung sei schwierig, aber möglich, gab sich der FDP-Politiker überzeugt.
Der Gesetzentwurf wurde an die Ausschüsse überwiesen. Einer der wichtigsten Punkte ist neben der Anhebung des jährlichen Arbeitnehmer-Pauschbetrags von 920 auf 1.000 Euro die Erleichterung bei der steuerlichen Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten. Bisher wurden diese Aufwendungen, je nach dem, ob sie beruflich bedingt oder privat veranlasst waren, steuerlich unterschiedlich behandelt.
"Unter Beibehaltung der bestehenden Höchstbeträge werden zukünftig Aufwendungen anerkannt, ohne dass es wie bisher auf die persönlichen Anspruchsvoraussetzungen bei den Eltern ankommt“, heißt es in der Begründung des Entwurfs. Durch den Verzicht auf persönliche Anspruchsvoraussetzungen könnten auch mehr Eltern von dem Steuervorteil profitieren.
Die Einkünfte- und Bezügegrenze beim Kindergeld und bei Kinderfreibeträgen für volljährige Kinder soll gestrichen werden. Dadurch werde der Erklärungsaufwand für Eltern deutlich vermindert. Die bisher notwenige aufwendige Ermittlung und Erklärung der Einkünfte und Bezüge von Kindern werde damit der Vergangenheit angehören.
Außerdem müssen Kapitaleinkünfte in Zukunft nicht mehr bei der Ermittlung zumutbarer Belastungen bei den "außergewöhnlichen Belastungen“ einbezogen werden. Dadurch entfalle die Abfrage von Kapitaleinkünften in den Vordrucken.
Die Anforderungen an elektronische Rechnungen für Umsatzsteuerbelange sollen reduziert werden. Durch diese und andere Maßnahmen zum Abbau von Bürokratie für Unternehmen wird eine Netto-Entlastung von vier Milliarden Euro erwartet.
Weitere Entlastung soll eine verstärkte Nutzung elektronischer Formulare bringen. (hle)