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Tunesien und Ägypten besitzen eine reale Chance auf Demokratie und der politische Islam ist weitaus integrierbarer, als er von manchen Leuten im Westen gemacht wird. Dies ist das Fazit einer Anhörung des Auswärtigen Ausschusses unter Vorsitz von Ruprecht Polenz (CDU/CSU) am Mittwoch, 6. April 2011. Rudolph Chimelli, Journalist und Autor aus Paris, meinte beispielsweise, in Tunesien sei die Chancen auf die Herausbildung eines neuen demokratischen Regimes "gut“. Der von der Regierung Essebsi aufgestellte Zeitplan werde von den wesentlichen Kräften mit Rückhalt im Volk akzeptiert.
Auch in Ägypten seien nach dem Verfassungsreferendum die Aussichten auf Stabilität und Reformen besser geworden. Derselben Meinung war Gudrun Krämer, Leiterin des Instituts für Islamwissenschaften an der Freien Universität Berlin: Die Demokratiebewegung in beiden Ländern sei von einer breiten gesellschaftlichen Basis getragen, die durch alle Schichten der städtischen Gesellschaft gehe.
Und Prof. Dr. Volker Perthes, Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik, meinte, am ehesten wäre eine pluralistischere demokratische Regierung in Tunesien, Ägypten und Palästina möglich - wenngleich keineswegs garantiert. Die Ereignisse in der Region entwickelten sich "mit großer Dynamik, aber keineswegs einheitlich“, sagte Perthes.
Sowohl die an-Nahda-Bewegung in Tunesien als auch die Muslim-Brüder würden sich glaubhaft zu einem gemäßigten Fundamentalismus bekennen, der die Konkurrenz mit anderen politischen Kräften akzeptiere, meinte Chimelli. Viele jüngere Anhänger sähen in der Türkei ihr Vorbild.
Und Krämer ergänzte: In der Demokratiebewegung selbst habe der politische Islam bislang weder in der einen noch in der anderen Variante eine prominente Rolle gespielt.
Hardy Ostry, Teamleiter Afrika und Naher Osten der Konrad-Adenauer-Stiftung, meinte, beide Vereinigungen in Tunesien und Ägypten erklärten, dass sie rechtsstaatliche Grundlagen und demokratische Verfahrensregeln akzeptierten.
Deutlich geworden sei, dass extremistische und terroristische Gruppen islamistischer Provenienz in den Revolutionen in Ägypten und Tunesien und bei den Protesten in Jordanien, Marokko, Bahrein, Saudi-Arabien und anderen Ländern keine Rolle spielten, ergänzte der Sachverständige Perthes.
Mustafa Barghouti, Politiker und Bürgerrechtler aus Ramallah (Palästinensische Autonomiegebiete), nahm zu einem weiteren Aspekt Stellung: Seiner Meinung nach ist es mit der Rolle Israels, das sich selbst als "einzige Demokratie“ der Region porträtiere, vorbei.
Nunmehr sei eine "Familie der Demokratien“ vorhanden. Und noch etwas hatte Barghouti auf dem Herzen: Das Recht auf ein Leben in Würde in einem demokratischen Staat sei auch der palästinensischen Bevölkerung nicht länger vorzuenthalten. (bob)