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Scharfe Kritik an der aus ihrer Sicht schlechten Vorbereitung Deutschlands auf die am 1. Mai 2011 in Kraft tretende Arbeitnehmer- freizügigkeit übten Vertreter der Oppositionsfraktionen während der Debatte zum Mindestlohn am Donnerstag, 14. April 2011. Die abschließende 75-minütige Beratung der Anträge zur Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns der Fraktionen Die Linke (17/4038) und SPD (17/1408) sowie des Gesetzentwurfs der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/4435) nahmen Redner der Opposition zum Anlass, die Koalition zu gesetzlichen Nachbesserungen zu mahnen. In der anschließenden Abstimmung lehnte das Plenum die Anträge sowie den Gesetzentwurf der Opposition mit Mehrheit der Koalitionsstimmen ab und folgte damit den Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Arbeit und Soziales (17/5499, 17/5101).
"Die Realität in unserem Land ist bedrückend“, sagte Klaus Ernst von der Linksfraktion mit Blick auf die aktuelle Lohnsituation, für die er die Bundesregierung verantwortlich machte. "Sie sind nicht bereit, gesetzgeberisch zu handeln und akzeptieren, dass Löhne gezahlt werden, von denen die Menschen nicht leben können“, kritisierte Ernst.
Gleichzeitig attackierte er Bundesarbeitsministerin Dr. Ursula von der Leyen (CDU). "Sie machen sich doch sonst so stark für die Rechte Frauen“, sagte Ernst an die Ministerin gewandt. "Es ist ein Skandal, dass Sie akzeptieren, dass zwei von drei Beschäftigten, die unter 1.000 Euro verdienen, Frauen sind.“
Kritik an der Ministerin übte auch Sigmar Gabriel (SPD). Diese habe "zu den Protagonisten bei der Abschaffung des Flächentarifs gehört“. Es sei interessant, dass ausgerechnet jene nun in der aktuellen Debatte auf die Tarifautonomie setzten. Das Unterlaufen tariflich vereinbarter Mindestlöhne könne nur vermieden werden, indem man diese gesetzlich regele.
Dies sah auch seine Fraktionskollegin Anette Kramme so und forderte neben der Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns die Regelung des Equal Pay-Prinzips, nach dem Leiharbeiter bei gleicher Tätigkeit wie Stammbeschäftigte bezahlt werden, sowie eine effektive Sanktionsregelung zur Einhaltung der Mindestlöhne in der Leiharbeit und eine effektive Kontrolle von Schwarzarbeit.
Peter Weiß (CDU/CSU) sprach sich dafür aus, auf "die Tradition der Tarifautonomie“ zu setzen, anstatt sofort eine gesetzliche Regelung einzuführen. "Arbeitgeber und Gewerkschaften müssen zunächst selbst über Löhne verhandeln dürfen“, forderte er und sagte, diese könnten für ihre jeweilige Branche am besten die Fragen nach dem entsprechenden Mindestlohn beantworten. "Was wir nicht wollen, ist, dass die teilweise sehr guten Mindestlohnregelungen einkassiert werden mit dem Argument, es gebe ja nun einen gesetzlichen Mindestlohn“, warnte Weiß.
Auch Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) warnte vor übereiltem Handeln. Mit Blick auf die in den Oppositionsanträgen geforderten Stundenmindestlöhne kritisierte Kolb: "Wenn Sie schon vor der Einsetzung einer Mindestlohnkommission die Höhe der Löhne wissen, weiß ich nicht, ob diese Löhne später auch wirklich durch Wertschöpfung unterlegt sind.“
Zudem sprach sich Kolb dafür aus, die für die zweite Jahreshälfte vorgesehene Regierungsevaluierung zur Wirkung von Mindestlöhnen abzuwarten. Dann werde sich entscheiden, ob es weiteren Handlungsbedarf gebe, sagte Kolb.
Scharfe Kritik an der Linie der Liberalen äußerte indes die Abgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen, Brigitte Pothmer. "Sie haben ein kaltes Herz und keinen sozialpolitischen Verstand“, sagte Pothmer und betonte, wenn die FDP ihren Kurs nicht ändere, würde sie "weiter Schiffbruch erleiden“.
Die Fakten seien hinreichend bekannt, sagte sie. 6,6 Millionen Menschen arbeiteten im Niedriglohnsektor, "Tendenz steigend“. Eine Million Menschen verdienten zudem weniger als fünf Euro brutto pro Stunde. Wenn die FDP fordere, Arbeit müsse sich wieder lohnen, sei zu fragen, wieso dies nicht auch für die unteren Löhne gelte. Sie verwies darauf, dass die Arbeitnehmerfreizügigkeit "Druck auf die unteren Löhne in Deutschland ausüben“ werde. (jmb)