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Privatwirtschaftliche Investitionen in Entwicklungsländern sollen vermehrt abgesichert werden. © dpa-Bildarchiv
Inhaltlich ein richtiger Schritt, in der Form verfassungsrechtlich bedenklich - so haben Experten den Gesetzentwurf der Bundesregierung (17/5263) bewertet, mit dem ein Beschluss der Multilateralen Investitions-Garantie-Agentur (MIGA) umgesetzt werden soll. Dieser sieht vor, die Gewährung von Garantien für privatwirtschaftliche Investitionen in Entwicklungsländern auszuweiten.
Die MIGA ist Teil der Weltbankgruppe und hat den Auftrag, privatwirtschaftliche Investitionen in Entwicklungsländern durch Garantien gegen politische Risiken abzusichern. Deutschland ist Gründungsmitglied der 1988 ins Leben gerufenen Organisation, der heute 25 Industrie- und 150 Entwicklungsländer angehören.
"Ich habe Zweifel, ob das Gesetz so haltbar ist“, sagte der Jurist Prof. Dr. Ulrich Fastenrath von der Technischen Universität Dresden am Dienstag, 10. Mai 2011, in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung unter Vorsitz von Dagmar Wöhrl (CDU/CSU).
Der Gesetzentwurf sieht unter anderem vor, dass Änderungen des MIGA-Übereinkommens per Rechtsverordnung künftig durch den Bundesentwicklungsminister und nicht mehr durch Bundestag und Bundesrat in deutsches Recht umgesetzt wird. Zumindest zwei Eingrenzungen seien hier nötig, sagte Fastenrath.
Zum einen sollte ein Finanzierungsvorbehalt des Parlaments erhalten bleiben, zum anderen wären Verordnungen, die auch gesetzesändernden Charakter haben, nicht verfassungskonform. Die Unionsfraktion kündigte während der Anhörung an, den ursprünglich zur Beschlussfassung am 12. Mai vorgesehenen Entwurf von der Tagesordnung des Plenums nehmen zu wollen und zu überarbeiten.
In seinen konkreten Zielen - der Förderung und Erleichterung von Investitionen in Entwicklungsländern- begrüßten die Experten den Gesetzentwurf. Als Anpassung an die internationale Praxis bei Investitionsgarantien und "erfreuliche Entbürokratisierung“ bezeichnete Rainer Wietstock von der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers die vorgesehenen Änderungen: "Die Antragsverfahren werden beschleunigt“, sagte Wietstock und verwies darauf, dass die Gastländer der Investitionen laut MIGA-Statut weiter beteiligt seien.
In die gleiche Richtung argumentierte Justus Vitinius von der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft. Die Änderungen in den MIGA-Statuten seien ein richtiger Schritt, um die Arbeit der Organisation produktiver zu machen und "bürokratische Hemmnisse“ zu beseitigen.
Die Organisation prüfe weiterhin jeden Antrag umfangreich sowohl auf "betriebswirtschaftliche Plausibilität“ und "entwicklungspolitische Sinnhaftigkeit“. Zudem würden auch Umwelt- und Sozialstandards bei jedem Einzelprojekt in den Blick genommen.
Peter Wolff vom Deutschen Institut für Entwicklungspolitik gab zu bedenken, dass MIGA-Förderungen bisher einen "nicht sonderlich großen“ Anteil an Investitionsgarantien in Entwicklungsländern ausmache. 2010 seien 500 Milliarden US-Dollar an Direktinvestitionen in die ärmsten Länder geflossen.
Rund zehn Prozent - also etwa 50 Milliarden US-Dollar - seien gegen politische Risiken gedeckt. Die MIGA decke im Augenblick Projekte in Investitionsrahmen von etwa fünf bis sechs Milliarden US-Dollar. Mit den Statutenänderungen, so Wolff, wolle die MIGA ihr Geschäftsvolumen ausweiten.
Als entscheidende Schwachstelle nannte er auf kritische Nachfragen aus allen Fraktionen die aus seiner Sicht unzureichende Evaluierung bei den Organisationen der Weltbankgruppe.
Sozial- und Umweltstandards und die Folgenabschätzung von Investitionen seien "auf dem Papier“ und in den konkreten Verhandlungen mit Unternehmen stets gut repräsentiert. Allerdings untersuche die MIGA aus Kapazitätsgründen im Nachgang lediglich ein Viertel der von ihr geförderten Projekte. (ahe)