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Die Haftung der Kreditanstalt für Wiederaufbau und der Bundesrepublik Deutschland für Fehler beim Börsengang der Deutschen Telekom im Jahr 2000 war am Mittwoch, 8. Juni 2011, Thema einer Aktuellen Stunde, die CDU/CSU und FDP beantragt hatten. Grundlage war ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 31. Mai 2011, der entschieden hatte, dass die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) Aufwendungen der Deutschen Telekom AG ersetzen muss, die dieser nach dem "dritten Börsengang“ durch den Abschluss eines Vergleichs entstanden sind. Laut BGH hat sich die Telekom mit den Sammelklägern im Zusammenhang mit dem Börsengang in einem Vergleich geeinigt.
Inwieweit die Bundesrepublik Deutschland der Telekom zum Ersatz der Aufwendungen verpflichtet ist, muss noch geklärt werden. Deshalb wurde diese Klage zurück an das Oberlandesgericht verwiesen. Insgesamt geht es dabei um rund 112 Millionen Euro, wie ein Vertreter des Bundesfinanzministeriums am 8. Juni im Haushaltsausschuss ausführte.
Norbert Brackmann (CDU/CSU) wies in der Aktuellen Stunde darauf hin, dass dieser "dritte Börsengang“ im Jahr 2000 von der rot-grünen Koalition initiiert wurde. Die Telekom-Aktien seien damals zu mehr als 60 Euro verkauft worden und innerhalb von kürzester Zeit auf zehn Euro gefallen. Deshalb hätten vor allem Anleger aus den USA dagegen geklagt, da sie Fehler in dem Verkaufsprospekt entdeckt hätten.
"Jetzt kommt die Quittung“, sagte er. Nun müsse die KfW und eventuell der Bund zurückzahlen. Damit werde Vertrauen verspielt. Es habe bei der Privatisierung der rot-grünen Koalition an Umsicht, Weitsicht und Wissen gefehlt.
Burkhard Lischka (SPD) wies darauf hin, dass das Verfahren noch nicht abgeschlossen sei und der BGH in seinem Urteil nichts über die Höhe des Schadens gesagt habe. Es wäre besser, das Ende des Verfahrens abzuwarten, so der Abgeordnete.
Mit dieser Debatte versuche die jetzige Regierungskoalition davon abzulenken, dass sie keine eigenen Ideen und Inhalte habe. Statt dessen müsse sich das Plenum mit Vorgängen beschäftigen, die elf Jahre zurückliegen.
Für Dr. Jürgen Koppelin (FDP) hat die damalige Regierung mit falschen Angaben gespielt. In Haushaltsausschusssitzungen habe die damalige Opposition schon darauf hingewiesen, dass der Prospekt fehlerhaft sei.
"Sie haben die Leute hinter das Licht geführt“, sagte er in Richtung Rot-Grün. Viele Menschen seien geschädigt worden. Die Aktuelle Stunde sei eine gute Gelegenheit, sich dafür zu entschuldigen.
Dr. Dietmar Bartsch (Die Linke) betonte, dass "viele, viele Kleinaktionäre“ ihr Geld verloren. Es gehe aber nicht nur um einen eventuell fehlerhaften Verkaufsprospekt, sondern es gehe darum, dass Privatisierung der falsche Weg sei.
Die schlechten Erfahrungen mit der Privatisierung würden jetzt auch noch nach Griechenland und Portugal weitergegeben. Es sei sicher, dass die KfW sich das Geld vom Bund zurückholen werde. Somit müssten die Kleinaktionäre erneut zahlen.
Für Dr. Thomas Gambke (Bündnis 90/Die Grünen) war der Börsengang gut vorbereitet, da namhafte Unternehmen den Börsengang begleitet hätten.
Es sei interessant, dass die FDP sich gegen eine Privatisierung ausspreche. Nach Gambkes Meinung ist es nun viel wichtiger, sich auf die Kontrolle der Finanzmarktakteure zu konzentrieren. (mik)