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Die von der Bundesregierung geplante Regulierung des "grauen Kapitalmarkts“, auf dem zum Beispiel sogenannte geschlossene Fonds verkauft werden, ist von einigen Sachverständigen in einer Anhörung des Finanzausschusses unter Vorsitz von Dr. Birgit Reinemund am Mittwoch, 6. Juli 2011, ausdrücklich begrüßt, von anderen jedoch als unzureichend bemängelt worden. Dabei ging es besonders um die Frage, ob der Schutz der Anleger am besten, wie in dem von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts (17/6051) vorgesehen, von den Gewerbeämtern gesichert werden kann oder ob nicht besser die für die Bankenaufsicht zuständige Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) diese Aufgabe übernehmen soll.
Die BaFin selbst wollte in der Anhörung nichts von zusätzlichen Aufgaben wissen. Eine dezentrale Aufsicht der Finanzvermittler und -berater durch die Gewerbeämter sei sinnvoller als durch eine zentrale Bundesbehörde, sagte ein BaFin-Sprecher. In dem Gesetzentwurf ist eine erhebliche Verschärfung der Bedingungen für die Erteilung einer gewerberechtlichen Erlaubnis für den Verkauf von Finanzanlagen und die Anlagenberatung vorgesehen.
Verlangt werden ein Sachkundenachweis und der Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherung. In die von den Industrie- und Handelskammern bereits geführten Register für Versicherungsvermittler sollen auch die Vermittler von Finanzanlagen aufgenommen werden.
Mit dem Gesetzentwurf wird außerdem angestrebt, die Pflichten für Banken und Sparkassen im regulierten Bereich des Kapitalmarktes auf die Anbieter im grauen Markt auszudehnen. Dazu gehören das Gebot, anlegergerecht zu beraten, Provisionen offenzulegen und über jedes Beratungsgespräch ein Protokoll zu führen. Für die angebotenen Produkte soll es Produktinformationsblätter ("Beipackzettel“) geben.
Ein Sprecher von "Kapital-Markt intern“ begrüßte den Gesetzentwurf ausdrücklich. 80.000 Vermittler seien von der Neuregelung betroffen. Die Branche sei mittelständisch strukturiert und regional orientiert. Eine Aufsicht durch die Gewerbeämter sei in einer Umfrage von 75 Prozent der befragten Vermittler und Berater begrüßt worden.
Der Zentrale Kreditausschuss (ZKA), in dem die großen Bankenverbände zusammengeschlossen sind, bezweifelte, dass die gleiche Regulierung des gesamten Kapitalmarktes mit dem Gesetzentwurf erreicht wird. Der Entwurf stelle keinen hinreichenden und angemessenen Regulierungsrahmen dar, weil er nicht ausgewogen sei.
"Sowohl aus Anlegerschutz- als auch aus Wettbewerbsgründen muss das Prinzip gelten, dass dieselben Dienstleistungen denselben Anforderungen und derselben Aufsicht - BaFin - unterliegen, unabhängig davon, wer diese anbietet“, heißt es in der ZKA-Stellungnahme. Die Anlegerschutzbestimmungen für den grauen Markt würden weit hinter den Bestimmungen für Banken und Sparkassen zurückbleiben.
Das Beratungshaus MLP hielt eine Kontrolle durch die Gewerbeämter nicht nur für deutlich weniger umfassend: "Problematisch ist auch, dass die Vermittlung ein und desselben Produkts je nach Vertriebsweg einer anderen Aufsichtsbehörde und einem unterschiedlichen Aufsichtsniveau unterliegt.“
Auch die Deutsche Bundesbank befasste sich kritisch mit dem "Aufsichtsdualismus“. Die Konstellation berge die Gefahr, dass die Einhaltung gleicher Regelungen unterschiedlich beaufsichtigt werde: "Dies wiederum könnte dazu führen, dass die gewünschte Anhebung des Anlegerschutzniveaus letztlich nur auf dem Papier erfolgt“, warnte die Bundesbank.
Das Institut für Finanzdienstleistungen bezweifelte, dass die Gewerbebehörden das entsprechende Fachwissen und die Kapazitäten für die Aufsicht des "grauen Marktes" hätten. Ähnlich äußerte sich der Verbraucherzentrale Bundesverband.
Der Deutsche-Industrie- und Handelskammertag (DIHK) wiederum sprach sich für die Aufsicht durch die Gewerbeämter aus und äußerte die Befürchtung, besonders kleine Vertriebsfirmen würden nicht in der Lage sein, die Anforderungen nach dem Kreditwesengesetz zu erfüllen, falls die BaFin zuständig werden würde.
Auch der AfW-Bundesverband Finanzdienstleistung, der nach eigenen Angaben 30.000 Finanzdienstleister vertritt, unterstützte den gewerberechtlichen Ansatz der Aufsicht.
Der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi ging der Entwurf noch nicht weit genug. Ein Sprecher verlangte unter anderem eine bessere Kontrolle der freien Vermittler, die oft unter stärkerem Verkaufsdruck als fest angestellte Kundenberater der Banken stünden. (hle)