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Der Tourismusausschuss des Bundestages nutzte die letzten Tage der parlamentarischen Sommerpause für einen dreitägigen Besuch des rund 1.400 Kilometer langen Geländestreifens der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze, des sogenannten Grünen Bandes. "Das Grüne Band bietet die einzigartige Möglichkeit, daran zu erinnern, was die Grenze bedeutet hat. Zugleich ist es ein wichtiger Naturschutzraum", sagte der Ausschussvorsitzende Klaus Brähmig (CDU/CSU) im mecklenburgischen Dömitz.
Beide Aspekte seien auch aus tourismuspolitischer Sicht von enormer Bedeutung, so Brähmig. Der Ausschuss wolle mit seiner Reise die Anstrengungen würdigen, die in der Region zur Erinnerung an die deutsche Teilung und die Bewahrung der einzigartigen Naturlandschaft an der ehemaligen innerdeutschen Grenze unternommen werden.
Der Delegation gehörten neben Klaus Brähmig die Abgeordneten Heike Brehmer (CDU/CSU), Hans-Joachim Hacker, Gabriele Hiller-Ohm (beide SPD), Dr. Ilja Seifert (Die Linke) und zeitweilig Dr. Valerie Wilms (Bündnis 90/Die Grünen) an. Die Reise führte die Parlamentarier von der früheren innerdeutschen Grenze bei Lübeck über Zarrentin, das Biosphärenreservat Schaalsee und die Elbstadt Dömitz in Mecklenburg-Vorpommern bis nach Wernigerode und den Brocken im Harz.
Am letzten Tag der Reise besuchten die Bundestagsabgeordneten das Freiland-Grenzmuseum in Sorge (Oberharz) sowie die Stadt Wernigerode.
Gabriele Hiller-Ohm bedauerte, dass heute nur noch wenige Spuren der deutschen Teilung zu sehen sind. "Es fehlen viele Mahnmale der Geschichte", sagte sie. Umso glücklicher sei sie, dass in der Bundespolizeiakademie in ihrer Heimatstadt Lübeck nun eine Ausstellung über die ehemalige innerdeutsche Grenze realisiert worden sei.
Für Hiller-Ohm beherbergt das kleine Museum auch ein persönliches Erinnerungsstück: Den ausgestellten Schlagbaum habe sie als Kind bei Besuchen der Großeltern in Wismar passieren müssen, erzählte sie.
Auf der Fahrt entlang der ehemaligen Grenze zwischen Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern berichtete der Initiator des Projektes "Lebensstreifen - Grünes Band", Klaus Buchin, den Abgeordneten über das Leben und Leiden diesseits und jenseits des Todesstreifens, über "geschleifte" Dörfer auf DDR-Seite, die für ein freies Blick- und Schussfeld für die Grenztruppen abgerissen wurden sowie über die Aktivitäten der Initiative, etwa für einen durchgehenden Fahrradweg von der Lübecker Bucht bis nach Hof.
Der Abgeordnete Hans-Joachim Hacker erinnerte daran, dass an der innerdeutschen Grenze nach Angaben von Opferverbänden mehr als 1.600 Menschen ums Leben gekommen seien. "Jeder, der die Teilung Deutschlands rechtfertigt, hat die Geschichte und die Brutalität des DDR-Regimes nicht begriffen", sagte Hacker im Museum "Grenzhus" Schlagsdorf bei Ratzeburg.Das Grenzmuseum soll zu einem modernen "Lern- und Lehrort" ausgebaut werden. Hacker betonte, es sei auch notwendig, an Einzelschicksale zu erinnern, um die Brutalität des Regimes nicht zu vergessen.
Klaus Brähmig und Ilja Seifert mahnten bei ihren Gesprächspartnern an, verstärkt auf barrierefreie Angebote zu setzen. Noch könnten zu wenige der Natur- und Erinnerungsräume an der innerdeutschen Grenze von Menschen mit körperlichen Behinderungen besucht werden. Im Hinblick auf die demographische Entwicklung gewinne ein barrierefreier Zugang immer stärker an Bedeutung. Seifert regte eine Änderung des Wirtschaftsförderungsgesetzes an, um den Ausbau barrierefreier Hotels, Museen und ähnlicher Einrichtungen zu beschleunigen.
Dass sich in der Abgeschiedenheit von Todesstreifen und Sperrgebieten eine einzigartige Naturlandschaft entwickeln konnte, zeigte sich den Abgeordneten im Biosphärenreservat Schaalsee. Der Leiter des Amtes für das Biosphärenreservat, Klaus Jarmatz, berichtete, dass der See auf DDR-Karten nicht verzeichnet gewesen sei. Die Grenze sei mitten durch den See verlaufen.
Heute ist die Region Heimat seltener Vögel und Pflanzen sowie Anziehungspunkt für naturliebende Touristen. Allein das Informationszentrum Schaalsee zählt jährlich 40.000 Gäste.
Auf dem Brocken erinnerte Heike Brehmer daran, dass von August 1961 bis Ende 1989 zwar jeder den Berg habe sehen, ihn aber kein Normalbürger habe besteigen können. Der Brocken sei unter anderem von der Stasi genutzt worden. "Heute lockt der Nationalpark Tausende Gäste an, der Brocken ist ein Symbol der deutschen Teilung und der Einigung, sagte Brehmer. (mpi)