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Die Oppositionsfraktionen werfen Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) vor, die geplante Pflegereform zu verschleppen. Die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion, Elke Ferner, kritisierte Bahr am Donnerstag, 8. September 2011, während der ersten Lesung des Gesundheitsetats 2012 im Bundestag als "Tu-nix-Minister".
Die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen würden "im Stich gelassen". Der Obmann der Fraktion Die Linke im Gesundheitsausschuss, Harald Weinberg, bemängelte, die Koalition treibe mit ihren Überlegungen zur Einführung einer kapitalgedeckten Zusatzversicherung in der Pflegeversicherung die "Entkernung des Sozialstaates" voran. Die pflegepolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Elisabeth Scharfenberg, sprach von einer "totalen Orientierungslosigkeit" der schwarz-gelben Koalition in der Pflegepolitik.
Die Opposition bezog sich auf die von Bahr angekündigte erneute Einsetzung des Pflegebeirats zur Ausarbeitung konkreter Reformschritte. Dieser Beirat hatte bereits Anfang 2009 den Vorschlag unterbreitet, dass es in der Pflege künftig fünf statt heute drei Pflegestufen geben sollte.
Bahr selbst verteidigte diesen Schritt gegen Kritik. "Es handelt sich nicht um Verzögerung, sondern es ist Beleg für eine Umsetzungsstrategie", betonte der Minister. Die Pflege müsse "zukunftsfest" gemacht werden. Der Obmann der CDU/CSU-Fraktion im Gesundheitsausschuss, Rolf Koschorrek, sagte, die Koalition werde sich den Problemen der Pflegeversicherung stellen. Der FDP-Abgeordnete Heinz Lanfermann riet der Opposition, zunächst die für den Sommer angekündigten Eckpunkte zur Pflegeversicherung abzuwarten. "So hat es der Minister versprochen, und so werden wir es halten", betonte Lanfermann.
Der Gesundheitshaushalt umfasst laut Regierungsentwurf Ausgaben in Höhe von 14,48 Milliarden Euro. Davon fließen allein 14 Milliarden Euro als Zuschuss in den Gesundheitsfonds. Obwohl der Bund im kommenden Jahr 700 Millionen Euro mehr an den Fonds überweisen wird, sinken die angestrebten Gesamtausgaben des Einzelplans 15 im Vergleich zu 2011 von 15,78 Milliarden Euro um rund 1,3 Milliarden Euro auf 14,48 Milliarden Euro. Zurückzuführen ist dies allerdings nicht auf massive Einschnitte in Bahrs Etat, sondern auf den Wegfall des im vergangenen Jahr einmalig gewährten zusätzlichen Bundeszuschusses an die gesetzlichen Krankenkassen in Höhe von zwei Milliarden Euro. Die Einnahmen betragen 92,35 Millionen Euro (2011: 83 Millionen Euro).
Bahr sagte in der gut eineinhalbstündigen Aussprache, ihm liege das Thema Organspende "besonders am Herzen". Der Bund wolle im kommenden Jahr 2,5 Millionen Euro für die Aufklärungsarbeit in diesem Bereich bereitstellen. Zugleich sagte Bahr, Schwarz-Gelb stehe für einen "effizienten Einsatz der Versichertenbeiträge".
Mit dem Einfrieren des allgemeinen Beitragssatzes auf 15,5 Prozent hätte die Koalition außerdem dafür gesorgt, dass "steigende Gesundheitskosten nicht mehr automatisch die Arbeitskosten in Deutschland verteuern". Kassen, die mit dem Geld aus dem Gesundheitsfonds nicht auskommen, müssen vom kommenden Jahr an Zusatzbeiträge als einkommensunabhängigen Pauschalbetrag von ihren Versicherten verlangen.
Ferner kritisierte, die Koalition verschiebe mit diesem Schritt "Lasten auf die Versicherten". Linksparlamentarier Weinberg ergänzte, "der Weg in die Zwei-Klassen-Medizin wurde und wird von dieser Koalition beschleunigt; und das ist ein Skandal."
Die Grünen-Abgeordnete Birgitt Bender sprach mit Blick auf das geplante Versorgungsgesetz von einem "Ärztebeglückungsgesetz", das die Ärzteversorgung auf dem Land nicht verbessern werde. „Bezahlen werden müssen diesen Goldrausch die Versicherten“, fügte Bender hinzu. Dem hielt Stefan Stracke (CDU/CSU) entgegen, mit dem geplanten Versorgungsgesetz würden Anreize gesetzt, dass sich mehr Ärzte außerhalb der Städte niederlassen. (mpi)