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Knapp zwei Wochen nach dem zehnten Jahrestag der Anschläge in den USA vom 11. September 2001 hat der Bundestag am Donnerstag, 22. September 2011, in erster Lesung über eine Verlängerung der sogenannten Antiterrorgesetze um vier Jahre beraten. Mit dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf zur Änderung des Bundesverfassungsschutzgesetzes (17/6925) sollen die Ergebnisse der im Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz (TBEG) von 2007 vorgesehenen Evaluierung der nach den Attentaten von New York und Washington erweiterten Befugnisse der Sicherheitsbehörden umgesetzt werden. Sie sind bislang bis zum 10. Januar kommenden Jahres befristet.
Entfallen sollen der Vorlage zufolge künftig Regelungen, die "die Einholung von Auskünften zu Umständen des Postverkehrs und den Einsatz technischer Mittel in Wohnungen zur Eigensicherung ermöglichen" und im Evaluierungszeitraum nicht angewendet wurden. Ebenfalls wegfallen soll die Regelung zur "Einholung von Bestandsdaten zu Postdienstleistungen", die im Evaluierungszeitraum nicht zur Terrorismusbekämpfung genutzt wurde. Die übrigen nach dem TBEG befristeten "Eingriffsbefugnisse und Regelungen, die sich als unverzichtbar erwiesen haben", sollen befristet um weitere vier Jahre erhalten bleiben.
Zum Ausbau der parlamentarischen Kontrolle soll laut Gesetzentwurf die Mitwirkung der sogenannten G-10-Kommission des Bundestages bei der Einholung von Auskünften von Luftfahrtunternehmen einschließlich der Abfrage bei zentralen Flugbuchungssystemen sowie von Unternehmen der Finanzbranche einschließlich der Abfrage von Kontostammdaten ausgeweitet werden.
Die bisherige Höchstspeicherfrist von 15 Jahren für personenbezogene Daten "in bestimmten Bereichen der Tätigkeit der Verfassungsschutzbehörden" soll wieder auf zehn Jahre verkürzt werden. Auch soll zum Schutz der Betroffenen ausdrücklich verboten werden, sie aufgrund des Auskunftsersuchens zu benachteiligen, beispielsweise Bankkunden durch eine Kündigung der Bankverbindung.
Die verbleibenden Befugnisse der Nachrichtendienste sollen zudem effektiver ausgestaltet werden, wie es in der Vorlage weiter heißt. So sollen die Nachrichtendienste des Bundes Auskünfte zu Flugbuchungen auch von zentralen Buchungsstellen einholen können. Auch soll ihnen die Abfrage von Kontostammdaten von Betroffenen ermöglicht werden.
Bundesinnenminister Dr. Hans-Peter Friedrich (CSU) betonte in der Debatte, die Gesetze hätten dazu beigetragen, dass "einige terroristische Anschläge im Vorfeld aufgeklärt und verhindert werden konnten". Sie hätten sich auch bewährt, weil die Behörden mit den Befugnissen sorgfältig und restriktiv umgegangen seien.
Friedrich verwies zugleich darauf, dass sich die Bedrohungslage seit 2001 dahingehend verändert habe, "dass wir nicht mehr nur Rückzugsraum für Terroristen sind, wie wir es damals waren, sondern inzwischen auch in Europa Ziel terroristischer Anschläge". Deswegen sei es "mehr als notwendig", die Gesetze zu verlängern.
Für die Fraktion Die Linke kritisierte dagegen ihr Abgeordneter Jan Korte, es sei nicht akzeptabel, dass "der Eingriff in Grund- und Freiheitsrechte hier zum Normalfall wird". Die Gesetze seien seinerzeit in einer "Notsituation" erlassen worden, doch solle nun aus einem Ausnahmefall der Regelfall werden.
Die Geheimdienste sollten weiterhin Auskünfte bei Banken sowie Fluggesellschaften und Telekommunikationsanbietern einholen können. Das seien "schwerwiegendste Eingriffe" in die Persönlichkeitsrechte und in den Datenschutz. Auch sei das Gesetz lediglich vom Bundesinnenministerium evaluiert worden. Dies müsse aber durch unabhängige Kräfte "aus der Mitte des Parlaments" erfolgen.
Der Abgeordnete Wolfgang Wieland (Bündnis 90/Die Grünen) räumte ein, dass der Gesetzentwurf auch Verbesserungen wie etwa die stärkere Kontrolle durch die G-10-Kommission aufweise. Seine Fraktion bejahe die Verlängerung der Gesetze, lehne aber die geplanten Verschärfungen ab.
Wieland mahnte, man müsse sowohl an "die Sicherheit der Bürger durch den Staat" als auch an "die Sicherheit der Bürger vor dem Staat" denken. Sicherheit diene der Freiheit und nicht umgekehrt.
Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz sagte, die in Fragen der inneren Sicherheit "völlig zerstrittene und konzeptionslose Bundesregierung" mache "etwas Vernünftiges", indem sie ein "in Kern und Substanz rot-grünes Gesetz" von 2001 vorlege, das eher marginale Veränderungen aufweise.
Dies sei das einzige für die innere Sicherheit relevante Gesetz, das die schwarz-gelbe Koalition in dieser Legislaturperiode zustande bringe. Das Gesetz sei Ende 2001 notwendig gewesen und seine Verlängerung im Jahr 2006 ebenfalls. Auch heute sei seine Verlängerung erforderlich, da sich die Sicherheitslage seit 2001 nicht verändert habe.
Die FDP-Innenexpertin Gisela Piltz betonte, das Gesetz sei unter Schwarz-Gelb "wirklich evaluiert" worden. Die Koalition habe einen "hervorragenden Kompromiss" erzielt. Mit dem Gesetzentwurf würden die rechtsstaatlichen Hürden für Maßnahmen der Nachrichtendienste angehoben.
Damit reiche nicht mehr ein vager Verdacht, um in Grundrechte einzugreifen. Vielmehr müsse dafür "schon etwas Substanzielles vorliegen". Ferner würden Sicherheitsüberprüfungen künftig transparenter ausgestaltet. Zugleich sei das Gesetz aus ihrer Sicht nicht verschärft worden.
Unions-Fraktionsvize Dr. Günter Krings (CDU/CSU) betonte, der Terrorismus bedrohe "uns hier real auch in Deutschland". Dennoch habe man hierzulande in den vergangenen zehn Jahren in einer "relativ guten Sicherheitslage gelebt". Dies verdanke man der Arbeit der Sicherheitsbehörden.
Dabei würden Nachrichtendienste immer wichtiger. Ihnen komme eine "zentrale Bedeutung im Kampf gegen den Terror" zu. Um ihre Aufgabe erfüllen zu könnten, brauchten sie neben Personal und Geld auch angemessene Befugnisse. (sto)