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Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen hat der Bundestag am Freitag, 23. September 2011, einer umfassenden Reform der Förderinstrumente für Arbeitslose zugestimmt. Mit dem Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt (17/6277/17/6853) will die Bundesregierung nicht nur die Integration in Erwerbsarbeit beschleunigen, sondern auch den Bereich der öffentlich geförderten Beschäftigung neu ordnen. Dezentrale Entscheidungs- kompetenzen in den Agenturen für Arbeit (BA) und den Jobcentern sollen gestärkt, ineffektive Fördermaßnahmen abgeschafft und andere so verändert werden, dass eine schnellere und flexiblere Vermittlung von Arbeitslosen möglich wird. Die während der Wirtschaftskrise eingeführten Sonderregelungen zum Kurzarbeitergeld werden wieder abgeschafft. Der Bundestag schloss sich mit einem Beschluss einer Empfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales (17/7065) an.
Bundesarbeitsministerin Dr. Ursula von der Leyen (CDU) betonte, man müsse die derzeit gute Lage am Arbeitsmarkt ausnutzen, deshalb sei dieses Gesetz das „richtige Gesetz zur richtigen Zeit". Dessen vorrangiges Ziel sei es vor allem, die Zahl der arbeitsmarktpolitischen Instrumente zu reduzieren. „Wir müssen umstellen von den Szenarien der Massenarbeitslosigkeit hin zur gezielten und passgenauen Qualifizierung", sagte von der Leyen.
Es gehe nicht mehr darum, dass alle Instrumente für alle passen müssen. Sie bezog sich dabei unter anderem auf die Neuausrichtung des öffentlich geförderten Beschäftigungssektors. „Hier müssen wir weg von der Dauerförderung künstlicher Beschäftigung." Zu oft seien die Falschen dort gelandet und hätten deshalb auch Chancen verpasst, so die Begründung der Ministerin.
Im Bereich der öffentlich geförderten Beschäftigung soll es künftig nur noch zwei Instrumente geben: Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung (Ein-Euro-Jobs) und Arbeitsverhältnisse durch Zuschüsse zum Arbeitsentgelt. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) werden abgeschafft. Nach wie vor sollen Arbeiten gefördert werden, die zusätzlich sind und im öffentlichen Interesse liegen.
Neu ist, dass sie auch wettbewerbsneutral sein müssen. Und neu ist auch, dass die Förderdauer von Ein-Euro-Jobs auf maximal zwei Jahre innerhalb von fünf Jahren beschränkt wird. Bisher gab es keine Zeitbegrenzung. Diese Neuregelung gilt auch für die bezuschussten Arbeitsverhältnisse.
Die Linke kritisierte den Umbau: So bezeichnete Sabine Zimmermann das Gesetz als „Kahlschlag auf dem Rücken der Arbeitslosen". Denn für die Langzeitarbeitslosen tue die Regierung viel zu wenig. Nur 2,2 Prozent der Langzeitarbeitslosen sei es im vergangenen Jahr gelungen, eine reguläre Beschäftigung zu finden.
Die Maßnahmen für Qualifikation und Weiterbildung seien aber im selben Zeitraum um 36 Prozent gesunken, rechnete Zimmermann vor. Sie forderte: „Wir müssen den öffentlich geförderten Beschäftigungssektor sinnvoll ausbauen, und das sind nicht Ein-Euro-Jobs, sondern Jobs, von denen man leben kann."
Das sah Johannes Vogel von der FDP anders: „Es ist richtig, dass Instrumente wegfallen, die nicht erfolgreich waren, und deshalb ist es gut, dass zum Beispiel Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen wegfallen."
Der öffentlich geförderte Beschäftigungssektor könne nicht das Instrument der ersten Wahl sein, sondern müsse wirklich für jene da sein, die es wirklich nötig haben, so Vogel weiter.
Auch Arbeitslose, die vorhaben, sich selbstständig zu machen, werden dies künftig unter neuen Vorzeichen tun müssen. Zum einen ist ihnen der Gründungszuschuss nicht mehr garantiert, weil er von einer Pflicht- in eine Ermessensleistung umgewandelt wird. Zum anderen reduziert sich die Förderdauer von neun auf sechs Monate. Allerdings kann der Zuschuss weitere neun Monate gezahlt werden.
Hubertus Heil (SPD) lobte den Gründungszuschuss als erfolgreiches Instrument der Arbeitsmarktpolitik und warf der Regierung vor: „Sie trocknen dieses Instrument in wesentlichen Teilen aus." Mit dem Gesetz verfolge die Regierung nicht in erster Linie eine Instrumentenreform, sondern eine Kürzungspolitik. Diese werde, so Heil weiter, in einen tief gespaltenen Arbeitsmarkt münden, auf dem es weiter einen „verfestigten Sockel" von Langzeitarbeitslosen gebe.
Auch Brigitte Pothmer, die Arbeitsmarktexpertin von Bündnis 90/Die Grünen, kritisierte den Umbau beim Gründungszuschuss. „Allein im nächsten Jahr streichen Sie dort fünf Milliarden Euro. Das sind 83 Prozent", rief sie empört in Richtung Regierungsbank.
Auch sie warf der Ministerin vor, die „Schattenseiten" des Arbeitsmarktes, nämlich die schwer Vermittelbaren, Älteren und Alleinerziehenden zu vernachlässigen.
Der Arbeitsmarktexperte der Unionsfraktion, Karl Schiewerling, entgegnete daraufhin: „Die Langzeitarbeitslosen brauchen keine Schwarzmaler, die ihnen ständig sagen, sie haben keine Chancen. Sie haben Chancen und wir eröffnen sie ihnen."
Die Regierung gebe im kommenden Jahr 2.400 Euro pro Kopf für jeden Langzeitarbeitslosen aus, im Jahr 2005 seien dies nur 1.300 Euro gewesen. Deshalb gehe es bei dem Gesetz nicht um einen Abbau, sondern einen Umbau, so Schiewerling.
Anträge der SPD (17/6454, 17/7065), von Bündnis 90/Die Grünen (17/6319, 17/7065) und der Fraktion Die Linke (17/5526, 17/7065) zum selben Thema lehnte der Bundestag mit Koalitionsmehrheit ab. (che)