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Die schwarz-gelbe Koalition ist überzeugt davon, dass das Bild von der Lage der Kinder und Jugendlichen in Deutschland oftmals zu düster gezeichnet wird. Dies wurde in der Debatte des Bundestag am Donnerstag, 27. September 2012, zum 13. Kinder- und Jugendbericht (16/12860) deutlich. Natürlich sei jedes Kind im Hartz-IV-Bezug zu viel, betonte Dr. Peter Tauber für die Unionsfraktion. Man müsse aber auch das Positive zur Kenntnis nehmen: So liege die Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland mit acht Prozent deutlich unter dem europäischen Schnitt, zudem sei die Situation mit fast 200.000 freien Ausbildungsplätzen "sensationell".
Tauber betonte, die Koalition habe – etwa mit dem Deutschland-Stipendium oder dem Ausbau der Freiwilligendienste – in Zeiten der Schuldenkrise vieles zu tun. Tauber gab zudem zu bedenken, dass die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die von Hartz IV leben, in Berlin rund 33 Prozent betrage, in Bayern dagegen bei nur 6,2 Prozent liege.
Dies habe vermutlich auch etwas mit "Familienbildern zu tun" und deute darauf hin, dass Bayern bei den Rahmenbedingungen für Familien besser sei als die Bundeshauptstadt.
Auch der jugendpolitische Sprecher der FDP, Florian Bernschneider, zog ein positives Fazit. Die Koalition müsse sich mit ihrer Bilanz "nicht verstecken". So sei es etwa mit dem Führerschein ab 17 Jahren gelungen, die sichere Mobilität Jugendlicher zu verbessern. Über Ferienjobregelungen sei sichergestellt worden, dass sich "Leistung auch für jüngere Menschen lohnt". Der Opposition warf Bernschneider vor, die Lage der Jugend schlechterzureden als sie sei. Dies führe zu einem Bild einer Jugend, die zu viel Alkohol trinke und nicht in der Lage sei, Verantwortung für sich und andere zu übernehmen.
Bernschneider kritisierte die Anträge der Oppositionsfraktionen. Die von SPD und Grünen geforderte Absenkung des Wahlrechtsalters sei ein "Klassiker", aber "kein sinnvoller Schritt zur Partizipation". Man müsse die Probleme von Kindern und Jugendlichen ernst nehmen, so das Fazit des Abgeordneten. Es gelte aber auch festzustellen, dass ein Großteil der jungen Menschen in Deutschland "gesund und wohlbehütet aufwächst".
Grundlegende Kritik an der Kinder- und Jugendpolitik der Bundesregierung kam aus den Reihen der Opposition. Noch immer sei viel zu tun bei der Vernetzung aller Akteure in diesem Politikfeld, betonte die Kinderbeauftragte der SPD-Fraktion Marlene Rupprecht. Sie stelle immer wieder fest, wie schwer die Zusammenarbeit bereits im Bundestag sei – wenn man aber hier nicht zusammenkomme, "wie soll das draußen gelingen?".
Rupprecht wiederholte ihre Forderung nach der Aufnahme der Kinderrechte in das Grundgesetz und der Installation eines Kinderbeauftragten. Berechne man dessen Stab nach der Gleichung wie beim Wehrbeauftragten, müsste der Kinderbeauftragte rund 2.000 Mitarbeiter haben. Ihr, so die Politikerin, würden "schon 40" reichen.
Für die Fraktion Die Linke kritisierte Diana Golze, dass die Hartz-IV-Regelsätze für Kinder noch immer nicht nach dem tatsächlichen Bedarf berechnet würden. So sei es Eltern nicht möglich, ihre Kinder gesund zu ernähren, zu kleiden und angemessen zu fördern. Kinder seien "keine kleinen Erwerbslosen"; dies müsse man bei den Regelsätzen endlich anerkennen.
Auch von einem wirklichen Präventionsprogramm sei die Bundesregierung "noch meilenweit entfernt". Insgesamt müsse sie ihre Haltung gegenüber Kindern ändern und diese endlich als "eigene Bevölkerungsgruppe mit eigenständigen Ansprüchen an die Gesellschaft" begreifen.
Für die bündnisgrüne Fraktion beklagte Katja Dörner, dass die Koalition keinen eigenen Antrag zum Kinder- und Jugendbericht vorgelegt habe. Dies sei "ein Armutszeugnis schwarz-gelber Politik" und beweise die "Geringschätzung" eines so wichtigen Themas.
Es sei eben "nicht alles in Butter", so lange die Chancen, gesund aufzuwachsen, für Kinder in Deutschland so unterschiedlich seien. Nötig sei viel mehr Vernetzung bei allen Akteuren und ein Präventionsgesetz, das dies verbindlich regele.
Während der Bundestag mit den Stimmen der Koalition den gemeinsamen Antrag von Union und FDP zu einer eigenständigen Jugendpolitik (17/9397) annahm, wurden drei Anträge von SPD (17/3178), Linksfraktion (17/7846) und Grünen (17/3863) für eine bessere Gesundheitsförderung und einen Preis für die jugendfreundlichste Kommune auf Empfehlungen des Familienausschusses (17/4754), 17/9840) abgelehnt. Auch ein Entschließungsantrag der Linken (17/10777) fand keine Mehrheit. (suk/27.09.2012)