Parlamentarische Versammlung des Europarates verabschiedet Definition politischer Gefangener

Die Parlamentarische Versammlung des Europarates, die vom 1. bis 5. Oktober 2012 in Straßburg zu ihrer vierten Teilsitzungswoche im Jahr 2012 zusammentritt, hat sich auf Kriterien zur Definition politischer Gefangener verständigt. Die deutsche Delegation in der Versammlung, in der alle Fraktionen vertreten sind, wird vom Abgeordneten Joachim Hörster (CDU/CSU) geleitet.

In der Plenarsitzung der Versammlung am 3. Oktober 2012 wurde der Bericht des Abgeordneten Christoph Strässer (SPD) zur „Definition politischer Gefangener“ angenommen. Der Bericht ist eine wichtige Grundlage für die Arbeit des Europarates. Die Definition geht auf die Arbeit einer Expertengruppe zurück und bezieht sich auf Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschrechte. Damit ist der Weg frei für die Beratung eines auf dieser Definition basierenden weiteren Berichts des Abg. Strässer über „die Lage politischer Gefangener in Aserbaidschan“, voraussichtlich in der nächsten Plenarsitzung der Versammlung im Januar 2013.

Nachfolgend die Kriterien für die Definition eines politischen Gefangenen im Wortlaut:

„Eine ihrer persönlichen Freiheit beraubte Person ist als politischer Gefangener zu erachten, wenn

  1. die Verhaftung im Verstoß gegen eine der in der Europäischen Menschenrechtskon­vention und ihren Protokollen dargelegten grundlegenden Garantien erfolgte, insbesondere die Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit, die Meinungs- und Informationsfreiheit, die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit;
  2. die Verhaftung aus rein politischen Gründen ohne Zusammenhang mit einer Straftat erfolgte;
  3. die Länge der Haft oder die Haftbedingungen aus politischen Gründen eindeutig nicht im Verhältnis zu der Straftat stehen, derer die Person für schuldig befunden wurde oder derer sie verdächtigt wird;
  4. die Person aus politischen Gründen auf diskriminierende Art und Weise im Vergleich zu anderen Personen inhaftiert wird oder wenn;
  5. die Inhaftierung das Ergebnis von Verfahren ist, die eindeutig unfair waren und dies im Zusammenhang mit politischen Gründen der Regierung zu stehen scheint.

Personen, die ihrer persönlichen Freiheit aufgrund terroristischer Verbrechen beraubt werden, sollen nicht als politische Gefangene erachtet werden, da sie nach nationalem Recht und nach der Europäischen Menschenrechtskonvention strafrechtlich verfolgt und verurteilt wurden.“

Weitere Beratungsschwerpunkte dieser Teilsitzung sind u.a. Menschenrechte und Außenpolitik; die politische Repräsentation von Frauen in Parteien; Maßnahmen für demokratischere Wahlen und Fragen des Europäischen Hochschulraums.

Auf der Tagesordnung der Versammlung steht ferner eine Dringlichkeitsdebatte zu „Europas Antwort auf die humanitäre Krise in Syrien“ und eine Aktualitätsdebatte über den „Fall Safarow“ (über den 2004 während einer NATO-Fortbildungsveranstaltung in Ungarn begangenen Mord des aserbaidschanischen Soldaten Ramil Safarow an einem armenischen Armeeangehörigen. Nach der Überstellung des verurteilten Täters auf der Grundlage eines Abkommens des Europarates nach Baku Ende August dieses Jahres wurde er dort begnadigt, freigelassen und befördert).

Ein Bericht sowie eine Entschließung über die Einhaltung der von Russland im Rahmen der Mitgliedschaft im Europarat eingegangenen Pflichten und Verpflichtungen war am 2. Oktober 2012 mit großer Mehrheit verabschiedet worden. Jedoch scheiterte der Antrag, eine Empfehlung der Versammlung an das Ministerkomitee zu geben.

Weitere Informationen zum Verlauf der Sitzungswoche und die Ergebnisse der Abstimmungen sind auf der Website der Versammlung erhältlich: assembly.coe.int