Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Web- und Textarchiv > 2010 > Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
In einer 90-minütigen Debatte befasst sich der Bundestag am Donnerstag, 1. Juli 2010, ab 9 Uhr mit dem Thema Religions- und Glaubensfreiheit. Bündnis 90/Die Grünen haben dazu einen Antrag eingebracht, in dem sie die Bundesregierung auffordern, sich für die vollständige rechtliche Gleichstellung aller Religionsgemeinschaften einzusetzen. Keine Gruppe dürfe privilegiert werden, so die Fraktion. Auch CDU/CSU und FDP haben einen gemeinsamen Antrag zum weltweiten Schutz der Religionsfreiheit angekündigt.
Das Menschenrecht auf Religions- und Glaubensfreiheit sei als Teil der UN-Menschenrechtscharta weltweit zu achten - dennoch würden täglich Menschen aufgrund ihrer religiösen Überzeugungen gesellschaftlich diskriminiert oder seien staatlichen Repressionen unterworfen, schreiben die Bündnisgrünen zu Begründung in ihrem Antrag „Das Menschenrecht auf Religions- und Glaubensfreiheit stärken“ (17/XXX). Dabei sei der Staat eigentlich „verpflichtet, allen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften als unparteiischer Verwalter neutral gegenüber zu stehen“. Bündnis 90/Die Grünen fordern die Bundesregierung daher auf, die Religionsfreiheit in allen Politikbereichen zu schützen, zu gewährleisten und, wo nötig, zu stärken. Dies gelte im Rahmen der Außen- und Menschenrechtspolitik genauso wie in der Europa- und Innenpolitik.
Das Menschenrecht auf Religionsfreiheit werde weltweit verletzt, in Deutschland jedoch fänden insbesondere Einschränkungen der Glaubensfreiheit in Staaten des Nahen und Mittleren Ostens in Nordafrika, Zentralasien, Nordkorea und China Beachtung, bemängeln die Grünen. So habe sich etwa auch die Situation der Bahai im Iran oder der Kopten in Ägypten „dramatisch verschlechtert“. Kritisch merkt die Fraktion an, die Politik der Bundesregierung sei zu sehr „auf die Belange verfolgter Christen fixiert“. Unangemessen sei es auch, stets auf das „entfernte Ausland zu schauen“, heißt es im Antrag weiter. Die alltägliche Diskriminierung religiöser Minderheiten in Deutschland und Europa müsse stärker im Fokus der Regierungsarbeit stehen, mahnen die Grünen. Das Menschenrecht der Religionsfreiheit gelte es mit der gleichen Konsequenz durchzusetzen, wie Deutschland und Europa es auch von anderen Staaten einfordere.
Mit ihrem Antrag fordert die Fraktion die Bundesregierung auf, sich für die vollständige Gleichstellung aller Religionsgemeinschaften „mit Nachdruck in allen Politikbereichen“ einzusetzen. Der bestehende Schutz müsse umgesetzt werden „ohne einzelne Gruppen zu privilegieren.“ Das Menschenrecht auf Religions- und Glaubensfreiheit sei insbesondere auch unter der Maßgabe des Diskriminierungsverbots und der Minderheitenrechte zu gewährleisten und zu stärken werden, verlangen die Grünen.
Bei der Aufnahme von Angehörigen verfolgter Minderheiten müsse einzig deren Schutzbedürftigkeit entscheidend sein – nicht ihre Gruppenzugehörigkeit, heißt es weiter in der Vorlage. Bei Beitrittsverhandlungen zur Europäischen Union solle die Bundesregierung zudem sicherstellen, dass der Schutz der Religions- und Glaubensfreiheit stets angesprochen werde und letztlich zwingende Voraussetzung für den Beitritt eines Landes zur EU sei. Die Grünen rufen die Regierung außerdem dazu auf, ein Konzept zur rechtlichen Gleichstellung des Islam in Deutschland vorzulegen.