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Die Atmosphäre war gespannt, alle Zuhörer ruhig: Als Katrin Kinzelbach am Mittwoch, 25. Januar 2012, in der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft ihre Dissertation im "Salon Junge Wissenschaft" der Körber-Stiftung vorstellte, hatte sie die volle Aufmerksamkeit ihrer Gäste. "Menschenrechtsdialog in der Krise – warum die EU-Menschenrechts- politik gegenüber China gescheitert ist" lautet der provokante Titel ihrer Arbeit, für die sie 2011 mit dem Deutschen Studienpreis der Körber-Stiftung ausgezeichnet wurde.
Die Vorsitzende des Bundestags-Forschungsausschusses, Ulla Burchardt (SPD), die auch Mitglied der Jury ist, sagte, neben dem finanziellen Lohn sei auch die Anerkennung ein Antrieb für Wissenschaftler. Deswegen seien Veranstaltungen wie der Salon wichtig. Außerdem biete sich für Abgeordnete und ihre Mitarbeiter die Gelegenheit, sich sogar in einer stressigen Sitzungswoche Anregungen für die Arbeit zu holen.
"Mit dem Deutschen Studienpreis wollen wir von den besten Doktoranden eines Jahrgangs die wichtigsten aussuchen", erklärte Matthias Mayer, Leiter des Bereichs Wissenschaft der Körber-Stiftung. Die Arbeiten sollten eine gesellschaftliche Relevanz haben. Schirmherr des Wettbewerbs ist Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert.
"Das Herzstück der jetzigen Menschenrechtsdiplomatie zwischen der Europäischen Union und China ist ein Dialog hinter verschlossenen Türen", kritisierte Katrin Kinzelbach. Seit 17 Jahren werde auf Beamtenebene verhandelt, "die öffentliche Kritik ist hinter verschlossene Türen verschoben worden".
Zweimal im Jahr habe man sich getroffen, bis die Chinesen beschlossen hätten, den Dialog auf ein Treffen im Jahr zu reduzieren. "Ich wollte wissen, worüber gesprochen wird." Außerdem habe sie der Effekt des Dialoges auf China interessiert.
Keine einfache Arbeit, denn die Dokumente der Beamten sind vertraulich, die Aussagen brisant. Kinzelbach machte sich trotzdem an die Arbeit. "Es hat mich gereizt, dass viele sagten, es sei nicht möglich."
Zweieinhalb Jahre reiste die heute 34-Jährige durch die Welt, interviewte Beteiligte in vielen Ländern und suchte nach Originaldokumenten. "Ich hatte ein Stipendium der Volkswagen-Stiftung und dadurch ein sehr gutes Reisebudget. Ich konnte alle Beamten persönlich aufsuchen, durch die Vielzahl von Aussagen kommt schon ein Puzzle zusammen."
Außerdem fand sie einige vertrauliche Schriften in den historischen Archiven der EU am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz. Bei ihrer Arbeit geholfen habe ihr sicherlich, dass sie vorher sechseinhalb Jahre für das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen gearbeitet habe. Dadurch kenne sie sich in diesem politischen Bereich aus.
Kinzelbachs Fazit über den Menschenrechtsdialog ist vernichtend. "Es gibt keine empirischen Belege dafür, dass die positiven Veränderungen, die es in China gibt, auf den Dialog zurückgehen. Außerdem gab es auch Verschlechterungen." Die Gespräche müssten von der Beamtenebene zurück auf die hohe politische Ebene gehoben werden. Würden weiter ausschließlich Beamte miteinander über Menschenrechte sprechen, die Politiker die Themen aber nur hinter vorgehaltener Hand angehen, bleibe bei den Chinesen der Eindruck, die Politik meine es mit dem Thema nicht ernst: "Der Dialog muss raus aus der separaten Box."
Außerdem reagiere die Staatsführung in Peking nur auf Druck, sei es von innen oder von außen. Einen Dialog zu führen, ohne Vorbedingungen zu stellen, sei daher nicht sinnvoll. Kinzelbach schloss mit der großen Bitte an die Parlamentarier, die Regierung ernsthaft zu kontrollieren, ob sie wirklich Menschenrechtsfragen in China anspreche. Die Parlamentarier sollten dabei präzise nachfragen, welche Themen von welchen Personen angesprochen wurden und auf welche Weise.
Die zweifache Mutter, die am Global Public Policy Institute in Berlin forscht, hat schon ihr nächstes Projekt begonnen. Sie erforscht die Menschenrechtsdiplomatie Chinas in den Vereinten Nationen. (ske)