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Nordkorea, Myanmar, Venezuela, Haiti, Burundi und Somalia. All diese Länder vereint, dass sie das traurige Ende des aktuellen Korruptionsindexes bilden, den die internationale Organisation Transparency International herausgibt. Deutschland liegt momentan auf Platz 14 und somit im europäischen Mittelfeld. Dass es nicht Gefahr läuft, auf hintere Ränge zu rutschen, möchte die SPD-Fraktion zumindest im Hinblick auf eine Bestechung von Abgeordneten weder dem Zufall noch allein der Moral der Mandatsträger überlassen, sondern gesetzlich regeln. Deshalb hat die Fraktion den Entwuf eines Strafrechtsänderungsgesetzes (17/8613) in den Bundestag eingebracht, der am Freitag, 2. März 2012, in erster Lesung beraten wurde.
Nach Meinung der SPD-Fraktion ist der Paragraf 108e des Strafgesetzbuches, der eine etwaige Korruption von Abgeordneten sanktioniert, nicht ausreichend. Nach geltendem Recht seien Bestechlichkeit und Bestechung von Parlamentariern nur als Stimmenkauf und -verkauf bei Wahlen strafbar. Bis heute gebe es keine strafrechtliche Regelung, die sämtliche strafwürdigen Verhaltensweisen von Mandatsträgern im Bereich der Vorteilsannahme und -zuwendung erfasst.
Die SPD-Fraktion begründet den aus ihrer Sicht bestehenden Änderungsbedarf unter anderem damit, dass das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Integrität der Volksvertreter in den vergangenen Jahren stetig gesunken sei. "Wurden Skandale in der Vergangenheit noch als Einzelfälle wahrgenommen, beschädigen sie heute längst die Gesamtheit der politisch Verantwortlichen", heißt es in dem Entwurf.
Allerdings will die sozialdemokratische Fraktion sogenannte "parlamentarische Gepflogenheiten" von ihrer Forderung ausnehmen: "Um die im parlamentarischen Verkehr üblichen Verhaltensweisen aus der Strafbarkeit auszuklammern, nimmt der Gesetzentwurf Zuwendungen, die parlamentarischen Gepflogenheiten entsprechen, explizit aus dem Vorteilsbegriff heraus."
Dazu zählten beispielsweise die im Zusammenhang mit Informationsgesprächen und Festveranstaltungen üblicherweise verbundene Bewirtung bis hin zur Teilnahme an sportlichen und kulturellen Veranstaltungen. Zudem sei der unentgeltliche Transport zu einer Veranstaltung in diesem Zusammenhang ebenso zu nennen wie die Übernahme der mit der Teilnahme verbundenen Übernachtungskosten.
Auf internationaler Ebene forderten beispielsweise das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption und das Strafrechtsübereinkommen des Europarates eine erweiterte Definition von Abgeordnetenbestechung, schreiben die Abgeordneten.
In der Debatte betonte die SPD-Abgeordnete Christine Lambrecht eingangs, dass es das Anliegen aller Parlamentarier sein müsse, „weltweit Korruption zu bekämpfen, überall wo sie auftritt.“ Vor allem aber sei die Umsetzung der internationalen Übereinkommen in deutsches Recht erforderlich. Ihre Fraktion habe es sich „nicht leicht gemacht“, im Spannungsfeld zwischen Korruption und parlamentarischem Verhalten den Gesetzentwurf zu erarbeiten. Sie habe aber schließlich eine „ganz klare Definition“ erarbeitet: Korruption sei der Fall, wenn ein Parlamentarier „einen Vorteil für sich oder einen Dritten dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei der Wahrnehmung seines Mandates eine Handlung im Auftrag oder auf Weisung vornehme oder unterlasse“.
Zur Konkretisierung führt Lambrecht ein fiktives Beispiel an: Wer vom Weinbauernverband aufgefordert werde, die Initiative zu ergreifen, die Sektsteuer abzuschaffen, das dann auch erreiche und daraufhin eine Reise vom Verband erhalte und annehme – das wäre ein ganz klarer Fall von Bestechung. Es werde Zeit, appellierte die SPD-Abgeordnete an alle Mandatsträger im Plenarsaal, den Verdacht auszuräumen, „dass wir nur uns Vorteile verschaffen wollen“.
Daraufhin monierte Andrea Astrid Voßhoff, Abgeordnete der CDU/CSU-Fraktion, dass das Beispiel sowie die Definition und der Gesetzentwurf der SPD-Fraktion insgesamt zu kurz griffen. Es sei nur ein „Negativ-Beispiel“, das zeige, was nicht erlaubt sei.
Es werde aber nicht deutlich, was laut SPD-Fraktion nun im Rahmen der „parlamentarischen Geflogenheiten“ erlaubt sei. „Wir werden uns immer in diesem Problemfeld bewegen“, resümierte Voßhoff. Dem Gesetzentwurf gegenüber habe sie deshalb „erhebliche Bedenken“.
„Vertrauen ist der wichtigste Wert, den wir hier haben, wenn wir Politik machen. Und dieses Vertrauen müssen wir stärken“, betont Raju Sharma von der Fraktion Die Linke zum Verhältnis zwischen den Abgeordenten und ihren Wählern. Deshalb brauche man auch in Deutschland „konkretere Regelungen, bei denen auch der Bürger weiß, was erlaubt ist und was nicht erlaubt ist“.
Deshalb sei es zwar gut, dass die SPD mit dem Gesetzentwurf die Initiative ergriffen habe. Sharma kritisierte jedoch wie Voßhoff, dass der SPD-Entwurf zu allgemein gehalten sei. „Wir brauchen klare Regeln wie eine Bagatell- oder Nichtigkeitsgrenze“, erklärte Sharma. "Ich würde die ganz niedrig ansetzten, bei zehn Euro.“ Für zehn Euro, so seine Erläuterung, könne man Kaffee und Kuchen annehmen, aber bei einem Abendessen sei Schluss. Schließlich seien dafür die Diäten da. Statt eines „Placebo-Gesetzes“ brauche man die „bittere Pille“ der konkreten Vorschriften.
„Wir brauchen Abgeordnete, die einen Beruf haben, in den sie auch wieder zurückkehren können.“ Diesen Vorschlag brachte der FDP-Abgeordnete Jörg van Essen in die Debatte ein.
Weiter führte er aus: „Rechtsanwälte oder Beamte mit Rückkehrgarantie werden sich anders verhalten als jemand, der Sorge hat, was aus ihm wird."
Jerzy Montag, Abgeordneter der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen definierte schließlich Korruption als „das Gesetz des Dschungels“, weshalb sie bekämpft werden müsse.
Und deshalb müssten sich die Abgeordneten „ interfraktionell zusammenschließen“, um an einem finalen Gesetzentwurf zu arbeiten. (ver)