Navigationspfad: Startseite > Presse > Aktuelle Meldungen (hib) > Juni 2012 > "Causa Erfurt" birgt nach wie vor Unklarheiten in sich
Die Vorstandsvorsitzende der Nada, Andrea Gotzmann, stellte die Situation aus ihrer Sicht dar. Danach habe sie sich im Februar 2012 explizit mit der Frage, ob die von einem Sportmediziner am OSP Thüringen vorgenommenen Bluttransfusionen erst durch den ab 2011 geltenden Wada-Code verboten gewesen seien oder auch schon davor, an die Wada gewandt und dazu auch sämtliche vorhandenen Unterlagen beigelegt. Ende April sei dann von der Wada in einem Brief die Mitteilung gekommen, es handle sich erst seit dem neuen Wada-Code um eine verbotene Methode. „Über diese Entscheidung haben wir uns gewundert, sie aber akzeptiert“, sagte die Nada-Vorstandsvorsitzende. Ende Mai jedoch habe Wada-Chef Howman in einem Brief schwere Vorwürfe gegenüber der Nada erhoben. So seien die „falschen Fragen gestellt und nicht alle Unterlagen zugeschickt worden“. Der Brief sei daher nur ein Zwischenbericht, da unvollständige Angaben keine finale Antwort ergeben könnten. Die Vorwürfe habe Howman später auch bei einem Interview auf dem Frankfurter Flughafen erneuert.
Vor den Abgeordneten stellte Gotzmann jedoch klar: „Das ist falsch.“ Es seien sehr wohl alle relevanten Informationen weitergeleitet worden. Der Wada habe man mit einem Protestbrief geantwortet, sagte sie. Bei einer schlussendlich am vergangenen Samstag stattgefundenen Telefonkonferenz habe Howman „in einem Nebensatz“ eingeräumt, dass die Missverständnisse auf internen Kommunikationsproblemen der Wada beruht hätten, sagte die Nada-Vorstandsvorsitzende.
Was die Situation am OSP Thüringen angehe, liege seit dem 11. Juni das beauftragte Gutachten von Professor Heiko Striegel vor, wonach die Behandlung auch vor 2011 verboten gewesen sei. Daraufhin habe die Nada zwei Tage später ein Verfahren gegen einen Radsportler eingeleitet, sagte Gotzmann.
Kritik am Verhalten der Wada äußerten anschließend vor allem die Vertreter von Unions-, FDP- und Linksfraktion sowie der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Christoph Bergner (CDU). Für ihn sei es „völlig unverständlich“, wie die Wada agiere, sagte Klaus Riegert (CDU/CSU). Sein Fraktionskollege Eberhard Gienger sagte, die Wada versuche sich mit den Anschuldigungen „aus der Affäre zu ziehen“. Der Briefwechsel zwischen Wada und Nada sei eine „Posse“, urteilte Jens Petermann (Die Linke). Lutz Knopek (FDP) zeigte sich „überrascht“ vom Verhalten der Wada und sprach sich dafür aus, künftig jede Blutmanipulation als Doping anzusehen. Bergner kritisierte insbesondere, dass Howman lediglich für ein Interview nach Deutschland geflogen sei, statt den Kontakt mit der Nada zu suchen.
Zweifel an der Darstellung Gotzmanns, wonach der Wada-Chef in der Telefonkonferenz das Problem auf Missverständnisse innerhalb der Wada zurückgeführt habe, äußerte Viola von Cramon (Bündnis 90/Die Grünen). „Meine Korrespondenz mit der Wada sagt weiterhin aus, dass Sie die falschen Fragen gestellt haben sollen“, sagte sie. Der SPD-Abgeordnete Martin Gerster äußerte sein Unverständnis darüber, dass die Nada das Schiedsverfahren gegen die Eisschnellläuferin Judith Hesse mit einem Vergleich beendet habe. „Sie hätten doch eigentlich an einem Urteil interessiert sein müssen“, sagte er. Nada-Vorstandsmitglied Lars Mortsiefer entgegnete, dass das Verfahren nicht mit einem Vergleich, sondern einem „Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut“ beendet worden sei. Der Schiedsrichter habe zwei Sachen klargestellt, so Mortsiefer. Zum einen, dass es sich um ein Dopingvergehen handle. Zum anderen, dass aber kein schuldhaftes Verhalten der Athletin festzustellen sei.
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