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Der Bundestag hat am Donnerstag, 12. Mai, und Freitag, 13. Mai 2011, folgende Beschlüsse gefasst, zum Teil ohne vorherige abschließende Aussprache:
Leistungen bei Schwangerschaft und Geburt: Keine Mehrheit zum Thema Leistungen bei Schwangerschaft und Geburt fanden am 13. Mai zwei Anträge der Linksfraktion (17/2128) und von Bündnis 90/Die Grünen (17/1587). Die Linke hatte die Bundesregierung unter anderem aufgefordert, mit dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen und den Hebammenverbänden zeitnah einen Gipfel einzuberufen, auf dem eine deutliche Erhöhung der Vergütung der freiberuflichen Hebammen und Entbindungshelfer festgelegt werden soll. Der Bundestag lehnte den Antrag mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Linksfraktion bei Enthaltung der Grünen ab. Der Entscheidung lag eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit (17/4290) zugrunde. Ebenfalls keine Zustimmung fand der von den Grünen vorgelegte Antrag, in dem eine systematische Erhebung von Daten zu Arbeitsbedingungen, Tätigkeitsschwerpunkten und zur Einkommenssituation von Hebammen gefordert wird. Zur Begründung heißt es, aufgrund der bislang fehlenden Informationen hierzu sei nicht zu bewerten, ob Berichte zutreffen, nach denen wegen hoher Haftpflichtbeiträge und niedriger Honorare immer weniger Hebammen bereit seien, Geburten zu betreuen. Der Antrag wurde mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen von Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung von SPD und Linksfraktion abgelehnt. Die Abgeordneten folgten damit einer Empfehlung des Gesundheitsausschusses (17/4349).
Arbeitnehmerfreizügigkeit: Der Bundestag hat am 13. Mai Anträge der SPD (17/4530) und der Linksfraktion (17/5177) zur sozialen Ausgestaltung der seit dem 1. Mai 2011 geltenden vollständigen Arbeitnehmerfreizügigkeit in der Europäischen Union abgelehnt. Die Sozialdemokraten hatten die Bundesregierung aufgefordert, im Bereich der Arbeitsbedingungen und der Entlohnung dafür zu sorgen, dass eine Ausweitung der prekären Beschäftigung und des Niedriglohnsektors verhindert wird, um Lohn- und Sozialdumping insbesondere in der grenzüberschreitenden Leiharbeit zu unterbinden. Der Antrag wurde mit den Stimmen von CDU/CSU und FDP gegen das Votum von SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen abgelehnt. Der Entscheidung lag eine Empfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales (17/5425) zugrunde. Ebenfalls abgelehnt wurde die Forderung der Linksfraktion, dass die Bundesregierung sich unter anderem im Europäischen Rat für eine Zielvorgabe für Mindestlöhne in Höhe von mindestens 60 Prozent des nationalen Durchschnittseinkommens einsetzen soll und ferner zum 1. Mai 2011 ein gesetzlicher Mindestlohn in Deutschland eingeführt wird. Der Antrag wurde mit den Stimmen von CDU/CSU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke bei Enthaltung der SPD abgelehnt. Damit folgten die Parlamentarier einer weiteren Empfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales (17/5424).
Stärkung der Weltgesundheitsorganisation (WHO): Der Bundestag hat am 12. Mai einen Antrag der SPD-Fraktion (17/5486) zur Stärkung der Rolle der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in der "Global Health Governance" mit den Stimmen von CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der SPD bei Enthaltung der Linksfraktion und von Bündnis 90/Die Grünen abgelehnt. Die Sozialdemokraten hatten darin die Bundesregierung unter anderem aufgefordert, die Rolle der WHO als "weltweit normsetzende Organisation in allen globalen Gesundheitsfragen verbindlich festzuschreiben". Auch ein Antrag der Grünen (17/3437) wurde mit den Stimmen von Union und FDP gegen die Stimmen der Linken und der Grünen bei Enthaltung der SPD abgelehnt. Darin war eine Reform der WHO verlangt worden, um ihre Transparenz und Unabhängigkeit zu erhöhen. Den Abstimmungen lagen Beschlussempfehlungen des Gesundheitsausschusses ( 17/5800) und des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (17/5801) zugrunde. Ebenfalls abgelehnt hat der Bundestag einen weiteren Antrag der Grünen, den Vertrag zwischen der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) und der WHO vom Mai 1959 zu kündigen und die WHO zu einer unabhängigen und effektiven Organisation zu machen. Aus Sicht der Grünen hat die WHO ihre Aufgabe bei der Reaktorkatastrophe von Fukushima nicht angemessen wahrgenommen. Künftig sollte sie daher mit eigenem Personal und technischer Ausstattung vor Ort Messungen vornehmen können, heißt es in dem Antrag.
Umsetzung der Verteidigungsgüterrichtlinie: Angenommen hat der Bundestag am 12. Mai den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vereinfachung der Bedingungen für "die innergemeinschaftliche Verbringung von Verteidigungsgütern“ (17/5262) in der vom Wirtschaftsausschuss geänderten Fassung (17/5794). Damit wurde auch die Einführung des elektronischen Kommunikationsportals des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle beschlossen, durch das Ausfuhrgenehmigungen beantragt und übermittelt werden können. Union, SPD und FDP stimmten für, Linksfraktion und Bündnis 90/Die Grünen gegen das Gesetz.
Bürgerfreundliche Gestaltung des europäischen Zahlungsverkehrs: Der Bundestag hat die Bundesregierung am 12. Mai aufgefordert, sich in den Ratsverhandlungen der Europäischen Kommission zur Errichtung eines einheitlichen Euro-Zahlungsverkehrsraums für verbraucherfreundliche Lösungen einzusetzen. So sollen nach einem von CDU/CSU und FDP eingebrachten und mit Mehrheit angenommenen Antrag (17/5768) bei der angestrebten Harmonisierung des Zahlungsmarktes für das Überweisungsverfahren und das Lastschriftverfahren einheitliche Übergangsfristen von 48 Monaten festgelegt werden. Des Weiteren sollen unter anderem die Verbraucher für inländische Überweisungen in Deutschland ihre Kundenkennungen, die kurz und dadurch verbraucherfreundlich sind, auch nach Ablauf der Übergangsfrist noch nutzen können. Ferner sollen zugunsten der Verbraucher Zahlungsdienstleister in Deutschland ausschließlich Lastschriften zur Einlösung annehmen dürfen, bei denen ein voraussetzungsloses Erstattungsrecht des Zahlungspflichtigen vorgesehen ist und das bewährte elektronische Lastschriftverfahren für einen Übergangszeitraum weitergenutzt werden kann, der erst endet, wenn ein vergleichbares europäisches Produkt durch die Kreditinstitute am Markt angeboten wird.
Bundesversorgungsgesetz geändert: Der Bundestag hat am 12. Mai beschlossen, dass ab 1. Juli 2011 in den alten wie neuen Bundesländern die gleichen Leistungshöhen im sozialen Entschädigungsrecht gelten. Weiter ist das Recht der Auslandsversorgung europarechtskonform vereinheitlicht und vereinfacht worden. Der von CDU/CSU und FDP eingebrachte Gesetzentwurf (17/5311) wurde mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der SPD bei Enthaltung der Linksfraktion und von Bündnis 90/Die Grünen angenommen. Grundlage der Entscheidung war eine Empfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales (17/5793).
Klimaschutzanträge abgelehnt: Keine Mehrheit haben am 12. Mai Anträge der SPD (17/4998), der Linken (17/4529) und von Bündnis 90/Die Grünen (17/4016) gefunden, in denen die Bundesregierung aufgefordert wird, sich in der EU für das Ziel eines um 30 Prozent verringerten Kohlendioxidausstoßes einzusetzen. Der Umweltausschuss hatte dazu eine Beschlussempfehlung (17/5402) vorgelegt. Dem Antrag der SPD "Vor Cancún - Mit Glaubwürdigkeit zu einem globalen Klimaschutzabkommen“, dem Antrag der Linken "EU-Klimaschutzziel erhöhen“ und dem Antrag der Grünen "Internationaler Klimaschutz vor Cancún - Mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten zum Ziel“ stimmten lediglich die drei Oppositionsfraktionen zu, die damit auch ein Zeichen für die Klimakonferenz im Dezember 2011 im südafrikanischen Durban setzen wollten. Darüber hinaus lehnte der Bundestag auf Empfehlung des Umweltausschusses (17/4069) einen weiteren Antrag der Grünen (17/2485) ab, das europäische Klimaschutzziel für 2020 anzuheben. Danach sollte die Emissionsminderung 2020 gegenüber dem Jahr 1990 "ohne Vorbedingungen“ 30 Prozent betragen. Die Opposition hatte diesen Grünen-Antrag geschlossen unterstützt.
EU-Forschungsförderung: Die Bundesregierung soll bei der Ausgestaltung der künftigen europäischen Forschungsförderung von 2014 bis 2020 vor allem berücksichtigen, wie relevant die Förderung für Innovationen ist. Ein koordinierter Lösungsansatz von Forschung und Innovation zur Stärkung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit könne die gesamte Wertschöpfungskette von der Grundlagenforschung bis hin zur Markteinführung aus einem Programm fördern, heißt es in dem Antrag von CDU/CSU und FDP (17/5492), den der Bundestag am 12. Mai gegen die Stimmen der Linksfraktion und der Grünen bei Enthaltung der SPD angenommen hat. Er folgte damit einer Empfehlung des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung (17/5802). Keine Mehrheit fand ein Antrag von Bündnis 90/Die Grünen (17/5449), wonach sich die Bundesregierung für die Stärkung des "europäischen Forschungsraumes“ einsetzen solle. Bei Enthaltung der Linken unterstützte nur die SPD den Antrag der Grünen. Die Verbundforschung als Kernstück des EU-Forschungsrahmenprogramms müsse administrativ vereinfacht werden, lautete eine Forderung der Fraktion. Auch die Linksfraktion scheiterte mit ihrem Antrag (17/5386), die Regierung solle auf Veränderungen und Reformen gegenüber dem bisherigen Forschungsrahmenplan hinwirken. Die SPD enthielt sich, die Union, FDP und Grüne lehnten den Antrag der Linken ab, die den finanziellen Förderumfang mindestens erhalten und die Förderung auf Armutsbekämpfung, Gesundheit, Klima- und Umweltschutz konzentrieren wollte.
Entschließungsanträge zu Portugal: Der Bundestag hat die Bundesregierung am 12. Mai aufgefordert, dem Vorschlag der EU-Kommission für Finanzhilfen an Portugal in Höhe von insgesamt 78 Milliarden Euro zuzustimmen und dafür zu sorgen, dass die Finanzhilfen erst ausgezahlt werden, nachdem in Lissabon ein neues Parlament gewählt ist und sich eine handlungsfähige portugiesische Regierung auf die Ziele des Programms verpflichtet hat. Darüber hinaus muss der Bundestag regelmäßig über die Umsetzung des Programms informiert werden, heißt es in dem mehrheitlich angenommenen Entschließungsantrag von CDU/CSU und FDP zur vereinbarten Debatte über den Hilfsantrag Portugals (17/5797). Ein Drittel der Finanzhilfen sollen vom Internationalen Währungsfonds (IWF), zwei Drittel aus dem Europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus (EFSM) und der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) bereitgestellt werden. Keine Mehrheit fand ein Entschließungsantrag von Bündnis 90/Die Grünen (17/5798), die die Regierung aufgefordert hatten, den Kredithilfen aus dem EFSM zuzustimmen und sich dafür einzusetzen, dass die Zinshöhe der Kredite aus dem EFSF und dem EFSM sich an der Höhe der Zinssätze für die IWF orientiert. Hohe Zuschläge seien abzulehnen. Zudem müsse das Hilfsprogamm sozial und ökologisch ausgewogen sein, so die Grünen.
Hans-Peter Uhl ins Parlamentarische Kontrollgremium gewählt: Der Bundestag hat am 12. Mai auf Vorschlag der CDU/CSU-Fraktion (17/5754) den CSU-Abgeordneten Dr. Hans-Peter Uhl zum neuen Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums gewählt. Das elfköpfige Gremium unter Vorsitz von Thomas Oppermann (SPD) kontrolliert die Nachrichtendienste. Die Wahl war erforderlich geworden, da der CSU-Abgeordnete Stefan Müller als neuer parlamentarischer Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe aus dem Gremium ausscheidet. Auf Uhl entfielen 401 Stimmen, 138 Abgeordnete stimmten gegen ihn, 27 enthielten sich.
Investitionsschutzabkommen mit Pakistan angenommen: Mit breiter Mehrheit hat der Bundestag am 12. Mai ohne Aussprache den Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Abkommen mit Pakistan über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (17/5264) auf Empfehlung des Wirtschaftsausschusses (17/5564) angenommen. Dafür stimmten CDU/CSU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen, dagegen votierte Die Linke. Durch den Vertrag werden Direktinvestitionen völkerrechtlich abgesichert, insbesondere durch Gewährleistung des freien Transfers von Kapital und Erträgen. Das Gesetz beinhaltet außerdem Eigentumsschutz und Entschädigungspflicht bei Enteignungen.
Klarstellungen im Gewerberecht: Gegen das Votum von Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung der Linksfraktion hat der Bundestag am 12. Mai ohne Aussprache einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung gewerberechtlicher Vorschriften (17/5312) in der vom Wirtschaftsausschuss geänderten Fassung (17/5795) angenommen. Unter anderem werden Mustervordrucke zur Gewerbeanzeige in eine Rechtsverordnung überführt, um sie schneller an neue Anforderungen der Praxis angleichen zu können. Im Schornsteinfeger-Handwerksgesetz werden Anforderungen für die Bestellung des Bezirksschornsteinfegers und deren Aufhebung im Fall der Berufsunfähigkeit geregelt. Weitere Regelungen betreffen die Feuerstättenbescheide. (vom/eis)