Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Web- und Textarchiv > 2011 > Sechszehnter Deutscher Bundestag (2005 - 2009)
Die Bundestagswahl am 27. September 2009 folgte auf ein Jubiläum: Vor 60 Jahren, am 7. September 1949, war die Volksvertretung in der provisorischen Hauptstadt Bonn zu ihrer ersten Sitzung zusammengetreten. Anlass für einen Rückblick auf 16 Wahlperioden, auf Meilensteine, Wendemarken, Personen und Entscheidungen.
Wegen der vorzeitigen Parlamentsauflösung im Juli 2005 findet die Wahl zum 16. Deutschen Bundestag bereits am 18. September 2005 statt. Sechs Parteien gelingt der Einzug ins Parlament. Stärkste politische Kraft werden CDU/CSU mit 35,2 Prozent der Zweitstimmen, knapp gefolgt von der SPD mit 34,2 Prozent. Die FDP erringt 9,8 Prozent, die Linkspartei.PDS 8,7 Prozent. Bündnis 90/Die Grünen kommen auf 8,1 Prozent der Zweitstimmen.
Bei der Wahl verliert die seit 1998 regierende rot-grüne Koalition unter BundeskanzlerDr. Gerhard Schröder ihre Mehrheit. Aber auch für eine Regierung aus CDU, CSU und FDP reichen die Stimmen nicht. So konstituiert sich am 18. Oktober 2005 zwar der 16. Deutsche Bundestag, über die Bildung einer Bundesregierung aber wird weiter verhandelt.
Nach dem Ausscheiden anderer Optionen einigen sich die beiden Unionsparteien und die SPD im November 2005 auf eine Große Koalition unter Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (CDU). Sie ist die erste Frau in der Geschichte der Bundesrepublik, die dieses Amt bekleidet. Am 22. November 2005 wird sie vom Deutschen Bundestag gewählt.
Die zweite Große Koalition auf Bundesebene nach 1966/69 setzt sich für die Legislaturperiode 2005 bis 2009 umfangreiche Ziele. Zu ihren wichtigsten Vorhaben gehören ein Umbau des Gesundheitssystems, die Neuordnung der föderalen Beziehungen zwischen Bund und Ländern, eine Neuausrichtung in der Familienpolitik sowie die Haushaltskonsolidierung.
Die 2008 einsetzende globale Finanzkrise, die sich zu einer weltweiten Wirtschaftskrise entwickelt, erzwingt von der Großen Koalition zudem ein schnelles und umfangreiches Krisenmanagement.
Im Sommer 2006 beschließt das Parlament mit der "Föderalismusreform I", der umfassendsten Reform des Grundgesetzes seit 1949, verschiedene Verfassungsänderungen, um die verflochtenen Entscheidungsstrukturen zwischen Bundestag und Bundesrat, Bund und Ländern neu zu regeln und die Zuständigkeiten klarer abzugrenzen.
Die zweite Stufe der Föderalismusreform, die "Föderalismusreform II", wird am 29. Mai 2009 vom Parlament verabschiedet. Sie regelt die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern neu und nimmt eine so genannte Schuldenbremse in das Grundgesetz auf.
Im Sinne einer nachhaltigen Familienpolitik beschließt der Bundestag am 29. September 2006 das Gesetz zum Elterngeld und zur Elternteilzeit. Anstelle des bisherigen Erziehungsgeldes unterstützt das Elterngeld ab 2007 Familien mit Kindern.
Es beträgt 67 Prozent des Nettoeinkommens des Betreuenden, mindestens jedoch 300 Euro. Ein Elternteil kann bis zu zwölf Monate Elterngeld beziehen. Es wird bis zu 14 Monate gezahlt, wenn sich anschließend der andere Elternteil um die Kindererziehung kümmert.
Die Entscheidung über eine Verlängerung des Afghanistan-Mandates um ein weiteres Jahr und eine Aufstockung des deutschen Truppenkontingents muss nach der Bundestagswahl 2005 noch der Bundestag der 15. Wahlperiode bei einer Sondersitzung am 28. September 2005 treffen. Der Bundestag stimmt mit großer Mehrheit zu und beschließt eine Aufstockung des Truppenkontingents in der internationalen Sicherheitsunterstützungsgruppe ISAF von 2.250 auf bis zu 3.000 Soldatinnen und Soldaten.
Am 4. September 2009 kommt es zu einem von deutscher Seite angeforderten Luftangriff auf zwei Tanklaster bei Kundus in Afghanistan, die anscheinend einem Terrorangriff auf ein deutsches Feldlager dienen sollen. Bei dem Luftangriff sterben bis zu 147 Menschen, darunter auch Zivilpersonen. Der zu dieser Zeit verantwortliche Verteidigungsminister Dr. Franz Josef Jung (CDU) tritt später, zu Beginn der 17. Legislaturperiode, von seinem neuen Amt als Arbeitsminister zurück.
Am 2. Februar 2007 wird mit dem Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung eine neue Gesundheitsreform vom Parlament verabschiedet. Die neue Gesundheitsversicherung tritt schrittweise bis 2009 in Kraft.
Wichtige Eckpunkte sind die Einführung einer Krankenversicherungspflicht, die Reform der Versorgungsstruktur und der Kassenorganisation, Änderungen in der privaten Krankenversicherung sowie eine Reform in der Finanzierungsordnung, unter anderem durch die Einführung eines einheitlichen Beitragssatzes für alle Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung (Gesundheitsfonds). Mit der schrittweisen Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalter auf 67 Jahre von 2012 an soll das Rentensystem zukunftsfähig gemacht werden.
Insbesondere durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer von 17 auf 19 Prozent sowie mit Hilfe konjunkturbedingter Steuermehreinnahmen gelingt der Großen Koalition eine kontinuierliche Rückführung der Nettokreditaufnahme.
So wird 2008 die niedrigste Neuverschuldung seit 1990 erreicht. Wegen des Ausbruchs der Finanz- und Wirtschaftskrise, in deren Folge die Wirtschaftsleistung des Landes im Vergleich zu 2008 um real fünf Prozent einbricht, verzeichnet der Bund 2009 dann die bisher höchste Neuverschuldung seit 1949.
Die Folgen der globalen Finanzmarkt- und Bankenkrise und die daraus resultierende weltweite Rezession, ausgelöst durch die US-Immobilienkrise im Jahr 2007, stellt Deutschland seit 2008 vor enorme Herausforderungen. Die Große Koalition beschließt im Herbst 2008 daher Maßnahmen zur Stabilisierung des Finanzmarktes und der gesamten Wirtschaft. Am 18. Oktober 2008 beschließt der Deutsche Bundestag in einem beschleunigten Gesetzgebungsverfahren innerhalb einer Woche das Finanzmarktstabilisierungsgesetz.
Zur Rekapitalisierung der Banken wird ein Fonds mit einem Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für Bürgschaften und Kapitalhilfen eingerichtet. Der Bundestag beschließt außerdem Ende 2008 sowie Anfang 2009 zwei umfangreiche Konjunkturprogramme zur Sicherung der Beschäftigung, zur Stärkung des Wachstums und zur Abfederung der Auswirkungen der Rezession in einem Gesamtumfang von rund 81 Milliarden Euro. Sie beinhalten unter anderem Investitionen, Steuersenkungen sowie Investitionsanreize. (lyh)