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Die SPD-Abgeordnete Anette Kramme hatte Recht: "Das eigentliche Thema ist der Regierungsdialog Rente", stellte sie in der Debatte fest, die unter dem Titel "Altersarmut" am Freitag, 30.September 2011, den Bundestag beschäftigte. Gegenstand der Diskussion war eine Große Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/3139) zu diesem Thema und die Antwort der Bundesregierung darauf (17/6317). Doch die schriftlichen Ausführungen der Regierung spielten vor dem Hintergrund des Anfang September gestarteten Regierungsdialogs Rente nur eine zweitrangige Rolle.
Anfang September startete das Bundesministerium für Arbeit und Soziales einen mehrmonatigen Dialog mit Rentenversicherung, Wohlfahrtsverbänden, Gewerkschaften und Arbeitgebern um die Auswirkungen von Veränderungen in der Arbeitswelt für ein Armutsrisiko im Alter zu untersuchen.
Zeitgleich zog Bundesarbeitsministerin Dr. Ursula von der Leyen (CDU) einen medienwirksamen Vorschlag aus der Tasche: die sogenannte Zuschussrente. Geringverdiener sollen demnach ab 2013 ihre Altersrente auf 850 Euro (das wären fast 200 Euro mehr als in der Grundsicherung) aufgestockt bekommen, wenn sie auf mindestens 45 Versicherungsjahre kommen und zusätzlich privat vorgesorgt haben. Zwar plant die Regierung für die ersten zehn Jahre nach Inkrafttreten dieses Modells Übergangsregelungen, die vorsehen, dass zunächst nur 40 Versicherungsjahre und fünf Jahre zusätzlicher Vorsorge ausreichen sollen. Aber das konnte die Oppositionsfraktionen nicht überzeugen.
"Altersarmut bekämpft man nicht mit Minimallösungen im Rentensystem", monierte etwa Katrin Göring-Eckardt (Bündnis 90/Die Grünen). Sie verwies auf eine Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) aus dem Jahr 2007, wonach Deutschland das Schlusslicht bei der Alterssicherung von Geringverdienern sei.
Aufgrund des in den vergangenen Jahren stark gewachsenen Niedriglohnsektors sei Altersarmut für 6,5 Millionen Menschen in Deutschland vorprogrammiert, warnte die Grünen-Abgeordnete. Ein flächendeckender Mindestlohn reiche zwar nicht aus, sei aber ein "vorsorgender Schritt" im Kampf gegen Altersarmut.
In die gleiche Richtung zielte auch Anette Kramme. Als vier zentrale Risiken für Armut im Alter benannte die SPD-Abgeordnete Niedriglöhne, längere Arbeitslosigkeit, Erwerbsunfähigkeit und die fehlende Absicherung für Selbstständige.
Der Arbeitsmarkt spiele hier also eine zentrale Rolle, deshalb müssten sich Lösungsvorschläge auch auf diesen beziehen, sagte sie. Das Modell einer Zuschussrente tue dies jedoch nicht. Kramme forderte ebenfalls einen Mindestlohn und kritisierte die geplanten Kürzungen bei den Mitteln für Langzeitarbeitslose.
In der Ursachenanalyse war sich Matthias W. Birkwald (Die Linke) mit seinen Oppositionskolleginnen zwar einig. Doch: "Die rot-grüne Bundesregierung hat dafür gesorgt, dass das Rentenniveau drastisch sinken wird und sich der Niedriglohnsektor ausbreitet", so sein Vorwurf.
Die im Zusammenhang mit der Zuschussrente geplante Anhebung der Hinzuverdienstgrenzen für Rentner bezeichnete er als wirkungslos. Damit würden Niedriglohnjobs nicht bekämpft, die ja auch Ursache von Altersarmut seien, so Birkwald.
Die Koalitionsfraktionen zeigten wenig Verständnis für die Haltung der Opposition. Eine Debatte über den Mindestlohn helfe hier nicht weiter, stellte etwa Peter Weiß für die CDU/CSU fest. Selbst ein Mindestlohn von neun Euro würde die Rente nicht über Grundsicherungsniveau heben, so sein Argument.
Auch die von der Opposition vorgeschlagene Grundrente für alle sei keine Alternative. "Wenn Rente nichts mehr mit Arbeit und Leistung zu tun hat, dann ist das eine Entwertung von Arbeit und Lebensleistung", sagte Weiß.
Sin Kollege von der FDP, Dr. Heinrich L. Kolb, fügte hinzu, Mindestlöhne seien "definitiv" keine Lösung. "Wir brauchen einen präventiven Ansatz und müssen die Menschen ermuntern, mit einem möglichst großen Anteil an privater Vorsorge für eine ausreichende Rente im Alter zu sorgen", sagte Kolb. Der Regierungsdialog Rente biete hierfür gute Ansätze. (che)