Navigationspfad: Startseite > Presse > Aktuelle Meldungen (hib) > September 2010 > Schneiderhan kritisiert Pressereferat von Ex-Minister Jung
Berlin: (hib/KOS/KT) Scharfe Kritik an der Öffentlichkeitsarbeit von Thomas Raabe, Sprecher des ehemaligen Verteidigungsministers Franz-Josef Jung (CDU), in der ersten Zeit nach dem Bombardement in der afghanischen Kundus-Region vom 4. September 2009 übte am Mittwochnachmittag im Kundus-Untersuchungsausschuss zum Auftakt seiner Vernehmung Wolfgang Schneiderhan. Der von Jungs, Nachfolger Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) im Zuge der Kundus-Affäre entlassene Generalinspekteur über die Verlautbarungen Raabes, in denen zivile Opfer des Luftangriffs zunächst bestritten und dann nur als Eventualität in Betracht gezogen worden waren: ”Die Aktivitäten des Herrn Raabe in den ersten Tagen nach dem Bombardement trugen nicht unbedingt zu einem geordneten Verwaltungshandeln bei.“ Der Zeuge beklagte, es habe ein ”lustiges Telephonieren“ seitens Jungs und Raabes mit den Einsatzkräften in Afghanistan und der Nato in Brüssel, aber kein sachgerechtes Vorgehen gegeben. Für die Informationspolitik des Ministeriums in jener Phase sei er nicht verantwortlich, so Schneiderhan: ”Der Pressestab hat an uns vorbeiagiert“. Der General betonte, der Presseabteilung hätten alle Unterlagen des Planungs- und des Einsatzführungsstabs vorgelegen.
Der Ausschuss soll Hintergründe und politische Folgen des von Bundeswehroberst Georg Klein befohlenen und von zwei US-Piloten ausgeführten Bombardements erhellen. Bei dieser Attacke auf zwei von Taliban gekidnappte Tanklaster gab es zahlreiche Tote und Verletzte, unter ihnen viele zivile Opfer.
Schneiderhan wie auch der ehemalige Staatssekretär Peter Wichert traten auf Antrag von SPD, Linken und Grünen am Mittwoch erneut vor dem Gremium auf, da aus Sicht der Opposition Widersprüche zwischen den Aussagen der beiden ehemaligen Spitzenbeamten und Angaben des CSU-Politikers existieren. Guttenberg hatte das Bombardement zunächst als ”militärisch angemessen“ bewertet, dieses Urteil später jedoch als Fehleinschätzung korrigiert. Seinen Sinneswandel führte der Ressortchef darauf zurück, dass ihm im Ministerium wesentliche Informationen wie vor allem ein kritischer Feldjäger-Bericht vorenthalten worden seien. Deshalb mussten Schneiderhan und Wichert auf Druck Guttenbergs den Hut nehmen.
Wie der Ex-Generalinspekteur am Mittwochnachmittag zu Beginn seiner Anhörung sagte, habe sich Guttenberg bei seiner ersten positiven Einstufung des Luftangriffs Anfang November 2009 auf den umfassenden Untersuchungsbericht der Nato stützen können. In dieser Isaf-Analyse sei auch die Feldjäger-Studie samt ihren ”strittigen Punkten“ verarbeitet worden. Der Zeuge erklärte, er habe vom Bericht der Militärpolizei erstmals am 16. September 2009 erfahren und dieses Papier sofort gestoppt, weil es ”nicht angemessene Bewertungen“ des Bombardements enthalten habe. Er habe, so Schneiderhan, den Feldjäger-Bericht ”gründlich geprüft“ und dann in Abstimmung mit dem damaligen Minister Jung in die ”Nato-Kanäle“ gegeben, wo er in die Isaf-Analyse eingeflossen sei. Der frühere Generalinspekteur erläuterte, er habe zusammen mit Wichert schon wenige Tage nach dem Luftangriff entschieden, keine nationale Untersuchung dieses Bombardements zu veranlassen. Da die Bundeswehr in Afghanistan militärisch der Nato unterstehe, sei eine solche Untersuchung deren Aufgabe gewesen.
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