Navigationspfad: Startseite > Presse > Aktuelle Meldungen (hib) > Juni 2012 > Sachverständige gegen "Insellösungen" bei Leerverkaufsverboten
Mit dem Entwurf werden eine Reihe von Vorschriften im Wertpapierhandelsgesetz, wie beispielsweise das nationale Leerverkaufsverbot sowie das Verbot bestimmter Kreditderivate, aufgehoben, weil sie von der EU-Vorschrift „weitgehend verdrängt“ werden, wie die Regierung im Gesetzentwurf schreibt.
Zum Inhalt der EU-Verordnung wird mitgeteilt, diese enthalte unmittelbar geltende Verbote ungedeckter Leerverkäufe von Aktien, die zum Handel an europäischen Handelsplätzen zugelassen seien. Außerdem gebe es Verbote ungedeckter Leerverkäufe von Staatsanleihen von EU-Mitgliedstaaten und der Europäischen Union. Zudem würden Kreditversicherungen (Credit Default Swaps) auf Staatsanleihen der EU-Mitgliedsländer sowie der Europäischen Union verboten, wenn sie keinen Absicherungszwecken dienen.
Das Institut der Wirtschaftsprüfer erklärte zu dem Entwurf, Wertpapierhandelsunternehmen könnten sich von der jährlichen Prüfung nach dem Wertpapierhandelsgesetz befreien lassen. Insoweit wäre selbst bei Wertpapierdienstleistungsunternehmen eine lückenlose Prüfung der Einhaltung des Leerverkaufsverbots nicht gewährleistet, so dass die Aufsichtsbehörde die Prüfungsergebnisse in diesen Fällen nicht mehr im jährlichen Turnus erhalte. Die Deutsche Kreditwirtschaft, der Zusammenschluss der Spitzenverbände der deutschen Banken, schloss sich den Bedenken der Wirtschaftsprüfer an und ergänzte, es könne zu unnötigen, kostspieligen Doppelprüfungen kommen. Gerade größere Institute könnten dadurch belastet werden.
Eine größere Rolle spielte die Empfehlung des Bundesrates, die Entscheidung über zeitlich befristete Leerverkaufsverbote an einem bestimmten Handelsplatz der Bundesanstalt für Finanzdienstleistung (BaFin) zu überlassen und nicht den Geschäftsführungen der Börsen. Die Bundesregierung hielt mit dem Argument dagegen, dass die Börsengeschäftsführungen über die besten Informationen verfügen würden, „um eine angemessene Entscheidung für den konkreten Börsenplatz zu treffen“.
Das Deutsche Aktieninstitut erklärte dazu: „Aus ökonomischer Sicht ist in der Tat zu befürchten, dass durch ein Verbot an nur einem Handelsplatz entsprechende Transaktionen sofort an anderen Handelsplätzen stattfinden.“ Allerdings habe auch das Argument der Regierung etwas für sich, wonach die Börsengeschäftsführung über die entsprechenden Daten verfüge. Es erscheine sinnvoll, dass ein Verbot nicht isoliert und ohne Inkenntnissetzung der anderen Handelsplätze von einem Handelsplatz allein ausgesprochen werden könne. Für diese Informationspflicht setzte sich auch Professor Heribert Hirte (Universität Hamburg) ein und zog das Fazit: „Der Einwand des Bundesrates hinsichtlich der Möglichkeit nicht einheitlicher Entscheidungen ist ebenso berechtigt wie der Hinweis der Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung, dass die Börsengeschäftsführungen bei einer Entscheidung über die Frage der Handelsaussetzung ,näher dran‘ sind.“
Die Gruppe deutsche Börse sah es ebenfalls als kritisch an, dass die Geschäftsführung einer Börse für Leerverkaufsverbote zuständig werden soll. Damit könne keine einheitliche und harmonisierte Vorgehensweise sichergestellt werden, und es würden Insellösungen entstehen.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) bewertete den Gesetzentwurf grundsätzlich positiv, hätte sich aber eine noch grundlegendere Regulierung vorstellen können. So sei es nicht sinnvoll, das Leerverkaufsverbot nur auf Aktien und europäische Staatsanleihen zu beschränken. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband bezeichnete die europäische Regelung des Leerverkaufsverbots als sinnvoll und geht davon aus, dass sich die Stabilität der Finanzmärkte insgesamt erhöhen wird.
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