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Harte Bundespolitik und Klavierspiel - wie passt das zusammen? Perfekt, sagt die Konzertpianistin Agnes Krumwiede (32), die seit September als neue Abgeordnete Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag vertritt. Politik, glaubt die "grüne Pianistin" - wie sich Agnes Krumwiede selbst bezeichnet - funktioniert ähnlich wie ein Orchester: "Ein Ziel vor Augen, gibt jeder sein Bestes. Manchmal muss man sich unterordnen und ab und zu kann man lauter sein als die anderen."
Agnes Krumwiede kommt aus einem Elternhaus, in dem sie von Kindheit an gelernt hat, dass man mit den Ressourcen dieser Welt sorgsam umgehen muss. Ihr Vater engagierte sich schon vor 30 Jahren in der Öko-Partei. Der Architekt war einer ihrer Gründer, als das Thema Umweltschutz oder Erderwärmung von vielen noch nicht ernst genommen, sondern belächelt wurde. Familie Krumwiede legte Wert auf eine "grüne Erziehung", und die fiel bei der musikalisch hoch begabten Agnes offenbar auf fruchtbaren Boden.
"Schon seit ich denken kann, habe ich mich für den Umweltschutz interessiert und später politisch engagiert", sagt die Politikerin, die im Musikstudium Stipendiatin der Heinrich-Böll-Stiftung war und sich für die Stiftung lange engagierte. Im Vordergrund stand bei ihr immer Musik, Kunst, Kultur und natürlich der Umweltgedanke.
Keinesfalls aber hatte sie sich vorgenommen, einmal Bundestagsabgeordnete zu werden. "So eine politische Karriere ist nicht wirklich planbar. Es ist immer die Freude am politischen Gestalten, das kulturvolle Streiten, welches mich antreibt", sagt Agnes Krumwiede, die im Jahr 2001 in Ingolstadt in die Partei Bündnis 90/Die Grünen eintrat.
In den ersten Jahren war sie einfaches, aber engagiertes Parteimitglied. Sie strebte keine Funktion an, denn sie studierte noch. Als Anfang des Jahres 2009 in ihrem bayerischen Kreisverband Ingolstadt, Eichstätt, Neuburg-Schrobenhausen die Frage gestellt wurde, wer für den Bundestag kandieren sollte, war Agnes Krumwiede schnell im Gespräch.
Denn mit ihrer frischen und ambitionierten Bewerbungsrede vor dem Kreisverband überzeugte die junge Frau die Parteimitglieder und wurde als Kandidatin für die Landesliste aufgestellt. "Ich war zu diesem Zeitpunkt in einer Lebenssituation, in der der Schritt, in die Bundespolitik zu gehen und ein Mandat anzustreben, günstig war. Ich hatte mein Studium - Pianistin mit Konzertdiplom - beendet und war für neue Herausforderungen offen", erzählt Agnes Krumwiede.
"Mitten im Klavierstudium und ohne Abschluss hätte ich mich dafür sicher nicht entscheiden können. Um überzeugend Politik zu machen, braucht man Zeit und Visionen, und ich als Perfektionistin will das 'gscheid' machen, wie man in Bayern sagt".
Außerdem, so die selbstbewusste Abgeordnete, sei sie es gewohnt, Bühnen zu betreten. Und der Unterschied zwischen der Konzertbühne und der politischen Bühne ist gar nicht so groß. Es gilt zu überzeugen, um bestehen zu können.
Mit ihrem Anspruch: Politik braucht eine neue Kreativität und neue Lösungsansätze für die großen Probleme dieser Zeit, will Agnes Krumwiede dazu beitragen, dass das alte Denken überwunden wird - denn es hat nicht nur Deutschland, sondern Europa und die Welt in der Wirtschafts- und Finanzpolitik und natürlich in der Energiepolitik in eine sehr schwierige Lage gebracht, sagte sie in ihrer ersten Rede vor dem Deutschen Bundestag am 10. November 2009.
Als Pianistin folgt sie dem Motto "Politik muss von kreativen Köpfen profitieren". Gern zitiert sie Einstein, der einmal sagte: "Phantasie ist wichtiger als Wissen, denn das Wissen ist begrenzt."
Illusionen, dass sich ein neues Denken in der Politik schnell umsetzen lässt, macht sich die Künstlerin Krumwiede allerdings nicht. "Wer etwas verändern will, braucht Geduld, Überzeugungskraft und muss frischen Wind in verstaubte Strukturen bringen", sagt sie.
Ihrer Ansicht nach war das Parlament bisher nämlich überaltert und hatte viel zu wenig Kulturschaffende - "aber das hat sich in dieser Legislaturperiode ja schon geändert". Als Mitglied im Kulturausschuss setzt sich Krumwiede unter anderem für die kulturelle Bildung von Kindern ein, die unabhängig von deren Herkunft und sozialer Stellung der Eltern gefördert werden sollten.
Obwohl sie selbst noch nicht an Familienplanung und eigene Kinder denkt, fordert sie: "Wir müssen unsere Kinder mit Phantasie erziehen und ihnen eine gute Zukunft sichern".
Sehr wichtig ist Agnes Krumwiede der Kontakt zu den Menschen in ihrem Wahlkreis Ingolstadt - und natürlich zu ihrer Familie. "Meine Eltern sind meine wichtigsten Berater, und die würden mich auch auf den Boden zurückholen, falls ich abheben sollte", sagt Krumwiede.
Dass der Alltag einer Abgeordneten nicht nur Anstrengung bedeutet, sondern oft auch Stress und Rückschläge, ist der Grünen-Politikerin klar. Als Pianistin hat sie gelernt, dass nur eiserner Wille, tägliches Engagement und der totale Einsatz zum Erfolg führen.
So will sie es auch als Parlamentarierin halten. Tägliches Joggen und Yoga-Übungen werden sie dabei unterstützen, den Politikmarathon in den nächsten vier Jahren zu bewältigen – und zum Klavierspielen wird die Zeit hoffentlich auch noch reichen. (bsl)
(Stand: Dezember 2009)