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Überall wird gespart, nur bei der Bildung nicht. Darauf hatte sich die Bundesregierung auf ihrer Sparklausur geeinigt. Als Beleg dafür gelten zwei von den Koalitionsfraktionen und der Bundesregierung vorgelegte wortgleiche Gesetzentwürfe zur Ausbildungsförderung, über die der Bundestag am Freitag, 18. Juni 2010, ab 9 Uhr abschließend beraten wird. Dabei geht es zum einem um die 23. BAföG-Novelle (17/1551, 17/1941) und zum anderen, um das "Gesetz zur Schaffung eines nationalen Stipendienprogramms" (17/1552, 17/1942). Der Bildungsausschuss hat zur BAföG-Novelle (17/2196) und zum nationalen Stipendienprogramm (17/2194) Beschlussempfehlungen vorgelegt. Zur BAfög-Novelle liegt zudem ein Entschließungsantrag von Bündnis 90/Die Grünen (17/2198), zum Stipendienprogramm von der SPD vor (17/2199).
Die Änderungen bei der Ausbildungsförderung BAföG sehen unter anderem vor, die Bedarfssätze um zwei Prozent und die Freibeträge um drei Prozent anzuheben. Der Grundbetrag für Studierende, die nicht bei ihren Eltern wohnen, würde also von 521 auf 597 Euro steigen. Der Grundfreibetrag vom Einkommen verheirateter Elternteile würde von 1.555 Euro auf 1.605 Euro steigen.
Zudem soll die allgemeine Altersgrenze von 30 Jahren für Masterstudiengänge auf 35 Jahre angehoben werden. Damit, so heißt es in der Gesetzesbegründung, "wird der stärkeren Individualisierung der Ausbildungsgänge insbesondere auch durch zwischengeschaltete Phasen der Berufstätigkeit Rechnung getragen". Beim "erstmaligen Fachrichtungswechsel aus wichtigem Grund" soll außerdem zukünftig der Anspruch auf eine BAföG-Förderung erhalten bleiben.
Insbesondere über den Umfang der geplanten Erhöhung von Bedarfssätzen und Freibeträgen, zeigten sich viele Experten bei einer Anhörung des Bildungsausschusses am 7. Juni enttäuscht.
Um gestiegene Lebenshaltungskosten auszugleichen und den Anteil der geförderten Studierenden und Schüler zu steigern, sei eine Erhöhung der Bedarfssätze und Freibeträge um zehn Prozent notwendig, sagte etwa Andreas Keller von der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW). Darüber hinaus fordere die GEW eine "dynamische und regelmäßige Anpassung auf Basis eines studentischen Warenkorbes".
Kritik gab es auch vom Generalsekretär des Deutschen Studentenwerkes (DSW), Achim Meyer auf der Heyde. Seiner Ansicht nach hat die letzte BaföG-Anpassung im Jahre 2008 lediglich dazu geführt, dass einzelne Studierende mehr Geld bekommen hätten. "Der Kreis der Geförderten hat sich hingegen nicht erhöht", sagte er. Solle die von der Bundesregierung anvisierte Zahl von 100.000 zusätzlich Geförderten erreicht werden, müssten aus Sicht des DSW die Freibeträge um 18 Prozent gesteigert werden.
Dieter Dohmen, Direktor des Forschungsinstituts für Bildung und Sozialökonomie, bezeichnete die geplante Erhöhung als "ausreichend für die Besitzstandwahrung aber nicht geeignet für die Erweiterung des Kreises der Geförderten".
Positiv bewertete wurde hingegen die geplante Anhebung der Altersgrenze. Laut GEW-Vertreter Keller sei dies "ein erster Schritt, um das BAföG 'Bologna-tauglich‘ zu machen", sagte er. Konsequent wäre es jedoch, völlig auf Altersgrenzen zu verzichten.
Die Expertenkritik wird auch von den Oppositionsfraktionen geteilt, die jeweils eigene Anträge vorgelegt haben, über die ebenfalls abgestimmt wird. So fordert die SPD-Fraktion (17/884) eine Erhöhung der Freibeträge um zehn Prozent sowie der Bedarfssätze um drei Prozent.
Eine Erhöhung von jeweils zehn Prozent ist aus Sicht Linksfraktion (17/1558) nötig, um eine "soziale Öffnung der Hochschulen zu ermöglichen". Die Grünen sehen jeweils eine Fünf-Prozent-Steigerung als Wert an, mit dem die Zahl der geförderten Studierenden erhöht werden könnte.
Das Geld für derartige Erhöhungen sei durchaus vorhanden, argumentieren die Oppositionsfraktionen. Dann nämlich, wenn auf das von Koalition und Bundesregierung geplante nationale Stipendienprogramm verzichtet wird, wie es SPD, Linke und Grüne fordern.
Ziel des Stipendienprogrammes ist es, bis zu acht Prozent der Studierenden an deutschen Hochschulen mit einem Stipendium von 300 Euro i