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Vor dem Hintergrund der Debatte um den Fachkräftemangel und die Überalterung der Gesellschaft hat die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen einen Antrag (17/3862) vorgelegt, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, "baldmöglichst einen Gesetzentwurf vorzulegen, der für die Fachkräfte-Einwanderung ein Auswahlverfahren mit einem Punktesystem einführt". Er wird am Donnerstag, 20. Januar 2011, voraussichtlich ab 11.10 Uhr zwei Stunden lang in erster Lesung beraten.
Nur die gezielte Einwanderung von qualifizierten Arbeitskräften könne einen Beitrag zur Abmilderung der Folgen des absehbaren Alterungsprozesses der Gesellschaft leisten, heißt es in der Vorlage. Ein "geeignetes, da flexibles und maßgeschneidertes Instrument" hierfür sei ein Auswahlverfahren mit einem Punktesystem, wie es in klassischen Einwanderungsländern wie den USA und Kanada üblich sei.
Allerdings könne ein solches Punktesystem nur dann sinnvoll durchgeführt werden, wenn eine verlässliche Bewertung der ausländischen Qualifikationen auch für Einwanderungswillige gewährleistet sei, meinen die Abgeordneten. Daher sei ein Gesetz dringend notwendig, das einen Rechtsanspruch auf die bundeseinheitliche Anerkennung ausländischer Abschlüsse und die Bewertung ausländischer Qualifikationen in einem transparenten Verfahren sicherstelle.
Für das Punktesystem selbst schlägt die Fraktion folgendes Verfahren vor: Zunächst solle das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Zusammenarbeit mit einem Beirat eine Bedarfsanalyse und darauf aufbauend ein Qualifikationsprofil erstellen, das bestimmte Qualifikationen mit Punkten bewertet.
Ein solcher Punktekatalog könne beispielsweise die Kriterien Bildungsabschluss, Berufserfahrung, Sprachkenntnisse, Alter und Herkunft aus einem Entwicklungsland enthalten.
Nach den Vorstellungen der Antragsteller soll das Bundesamt der Bundesregierung daraufhin Quoten vorschlagen, wie viele Personen aufgrund dieses Punktesystems innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach Deutschland einwandern sollten.
Auf der Grundlage dieser Empfehlungen solle die Regierung die Kriterien für die Auswahl der Einwanderungsbewerber, die Bewertung durch einen Punktekatalog sowie die Quoten durch eine Rechtsverordnung festlegen. Diese solle der Zustimmung des Bundestages und des Bundesrates bedürfen.
Die Abgeordneten betonen, dass sich eine solche quantitative und qualitative Bedarfsanalyse an gesamtgesellschaftlichen Bedürfnissen orientieren müsse und nicht an den Interessen eines Unternehmers oder einer Branche. Wesentliche Bedeutung bei dem Auswahlverfahren mit einem Punktesystem müsse zudem der Bildungsgrad der künftigen Einwanderinnen und Einwanderer haben.
Als grundsätzliches Problem bei der Förderung der Einwanderung qualifizierter Fachkräfte aus Entwicklungsländern sehen die Abgeordneten den so genannten Braindrain, also die volkswirtschaftlichen Verluste durch die Emigration dieser gut ausgebildeten Menschen für die Herkunftsländer.
Ein in dieser Hinsicht besorgniserregendes Beispiel sei etwa die Abwanderung von ausgebildetem medizinischem Personal aus Afrika hauptsächlich nach Großbritannien, den USA und Kanada.
Gleichwohl gebe es in jüngster Zeit immer mehr konkrete Beispiele, die belegten, dass zahlreiche Länder auf vielfältige Weise von den Rückwirkungen der Migranten auf ihre Länder profitierten - sei es durch Rücküberweisungen, Anbahnung von Geschäftsbeziehungen, Investitionen und Know-how-Transfer.
Klar sei, dass Staaten, die die Einwanderung über ein Punktesystem gestatteten, in besonderer Verantwortung für die Förderung von Bildung und Ausbildung in Entwicklungsländern stünden. Die Ausweitung der Einwanderungsmöglichkeit durch ein Punktesystem müsse daher ergänzt werden durch Maßnahmen, die geeignet seien, die "diesbezüglichen Risiken der Entwicklungsländer zu minimieren".
Konkret schlagen die Abgeordneten unter anderem aufenthaltsrechtliche Erleichterungen in Form einer Rückkehroption vor, damit Migrantinnen und Migranten, die in Deutschland leben, in ihren Herkunftsländern beispielsweise arbeiten könnten, ohne ihren legalen Aufenthaltsstatus in einem EU-Mitgliedstaat zu verlieren. (nal)