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Die Schaffung eines bundeseinheitlichen Rentenrechts bleibt weiter eine Frage der Zeit. Das wurde in der Debatte des Bundestages am Freitag, 16. Dezember 2011, zum Rentenüberleitungsrecht deutlich. Zur Diskussion standen eine Große Anfrage der SPD-Fraktion (17/5540) und die Antwort der Bundesregierung darauf (17/7393) sowie zwei Anträge der SPD-Fraktion und einer der Fraktion Die Linke. Die Linke fordert in ihrem Antrag (17/7034) eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Korrektur der Rentenüberleitung im Zuge der Wiedervereinigung. Darin schreibt die Fraktion, für die meisten Menschen sei der Prozess der Rentenüberleitung zwar reibungslos verlaufen. Es zeigten sich im Laufe der Zeit aber Lücken in der Überführung, da es viele Konstellationen gibt, die das Gesetz bisher nicht erfasst, so Die Linke.
Die SPD-Fraktion schreibt in ihrem Antrag (17/6486), dass die Rentenüberleitung bis heute kein alle Interessen befriedigendes Recht geschaffen habe. Vielmehr seien im Zuge dessen soziale Härten und Ungleichbehandlungen entstanden, die bis heute bestehen. Deshalb müsse nach Alternativen gesucht werden, um diese sozialen Verwerfungen abzumildern.
Vor allem wegen der in den ostdeutschen Bundesländern stark ansteigenden Altersarmut bestehe Handlungsbedarf, so die Fraktion. Auch sie fordert deshalb eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Vorbereitung eines "Rentenüberleitungsabschlussgesetzes" und einen "Härtefallfonds".
In einem zweiten Antrag (17/6487) fordert die Fraktion eine sofortige Ost-West-Angleichung von pauschal bewerteten Versicherungszeiten für die Rentenversicherung. Sie kritisiert, dass die Anrechnung von Kindererziehungszeiten, des Wehr- und Zivildienstes, einer Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen und von Zeiten für die Pflege von Angehörigen im Osten Deutschlands zu niedrigeren Rentenanwartschaften führen als im Westen.
Iris Gleicke (SPD) warf der Bundesregierung vor, noch meilenweit von einer Lösung entfernt zu sein. Zwar verspreche sie in ihrem Koalitionsvertrag die Schaffung eines bundeseinheitlichen Rentenrechts noch in dieser Legislaturperiode. Aber offenbar sei diese Aufgabe "zu komplex" für die Regierung.
In der Tat aber, so fügte sie an, stecke der Teufel im Detail. Gleicke plädierte dafür, die Höherbewertung ostdeutscher Einkommen so lange beizubehalten wie die Löhne im Osten zwischen 15 und 20 Prozent unter denen im Westen liegen. Bis 2019, wenn der Solidarpakt II ausläuft, müssten die Einkommensunterschiede ausgeglichen werden. Dann sei auch die Höherbewertung hinfällig.
Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, Hans-Joachim Fuchtel (CDU), lehnte den Vorschlag einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe ab.
Es sei naiv zu glauben, ein solches Gremium könne die differenzierten Probleme lösen. Wichtiger sei es, dafür die Ministerpräsidenten an einen Tisch zu bekommen und mit ihnen zu einer Lösung zu kommen.
Dr. Martina Bunge (Die Linke) kritisierte, dass die Bundesregierung so tue, als wäre sie mit einem neuen Problem konfrontiert. "Sie hatten doch in der letzten Legislaturperiode vier Jahre Zeit", sagte sie. Bunge betonte, es sei höchste Zeit, bestehende Lücken in der Rentenüberleitung im Sinne der ostdeutschen Rentner zu schließen.
Sie verteidigte die Höherbewertung der Einkommen als ein Mittel, "um wenigstens für die Rente die niedrigeren Ost-Einkommen auszugleichen".
Dr. Heinrich L. Kolb (FDP) appellierte an die Opposition, bezogen auf die Etablierung eines bundeseinheitlichen Rentenrechts optimistisch in die Zukunft zu schauen. Die FDP mache sich schon seit Jahren dafür stark. Die Höherbewertung der Einkommen sei nötig gewesen, damit die Ungleichheit der Löhne wenigstens in der Rente ausgeglichen werden.
Zwar stagniere die Ost-West-Angleichung der Löhne, allerdings gebe es zunehmende regionale Lohnunterschiede jenseits der Ost-West-Marke. Daraus entstünden neue Verteilungsfragen.
Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (Bündnis 90/Die Grünen) betonte, es sei Zeit, rentenpolitisch endlich einen Schlussstrich zu ziehen. Deshalb stießen die Vorschläge der SPD nach einem Rentenüberleitungsabschlussgesetz und einem Härtefallfonds auf Sympathie in seiner Fraktion.
Skeptisch bewertete er allerdings eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe. Dadurch würde sich eine Lösung des Problems eventuell nur verzögern, mahnte er. Er forderte eine Anhebung des Rentenwerts Ost auf das Westniveau, allerdings müsse dann auch die Höherbewertung der Einkommen wegfallen.
Maria Michalk (CDU/CSU) verwies auf die "geschichtsträchtige, sehr sehr komplexe Aufgabe" der Rentenüberleitung nach der Wiedervereinigung. Es habe gegolten, nicht nur die DDR-Sozialversicherung, sondern auch 27 Zusatzversorgungssysteme und fünf Sonderversorgungssysteme in bundesdeutsches Recht zu überführen.
Sie warnte davor, den Eindruck zu erwecken, dass mit einer Angleichung des Rentenwertes automatisch höhere Renten im Osten verbunden seien. (che)