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Die Bürger sollen künftig wirksamer vor Epidemien geschützt werden. Der Bundestag beschloss dazu am Donnerstag, 9. Februar 2012, einen Gesetzentwurf der Bundesregierung (17/7576) in der vom Gesundheitsausschuss beschlossenen Fassung (17/8615) mit den Stimmen der Koalition bei Enthaltung der Opposition. Mit dem Gesetz wird Deutschland die Umsetzung der Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) neu regeln. Ziel ist es, eine grenzüberschreitende Ausbreitung von Krankheiten zu verhindern.
Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) sagte in der Debatte, bei zwei Milliarden Flugreisen pro Jahr blieben Epidemien nicht auf eine Region beschränkt. Angesichts des immer schnelleren Austauschs von Handelsgütern breiteten sich auch Krankheitserreger immer schneller aus. Mit den IGV gebe die internationale Gemeinschaft darauf eine Antwort. Die "gute Nachricht" für die Bevölkerung sei, dass Deutschland gegen globale Gefahren von Pandemien nunmehr besser gerüstet sei.
Zudem werde auf die EHEC-Epidemie vom vergangenen Jahr reagiert. "Die Zahlen der Neuinfektionen kamen zu spät", kritisierte Bahr den damaligen Informationsfluss zum Robert-Koch-Institut (RKI). Deshalb werde die Frist für die Meldung von heute 16 auf höchstens vier Tage verkürzt. Das Robert Koch-Institut ist die zentrale Einrichtung der Bundesregierung auf dem Gebiet der Krankheitsüberwachung und -prävention.
Die Oppositionsfraktionen begrüßten im Grundsatz, dass durch die Verkürzung der Meldefristen das RKI künftig schneller über den möglichen Ausbruch einer meldepflichtigen Infektionskrankheit informiert werden soll.
Dem Gesetzentwurf zufolge muss das zuständige Gesundheitsamt innerhalb von 24 Stunden über die Diagnose einer meldepflichtigen Erkrankung informiert werden – etwa von einem Krankenhaus, das eine solche Erkrankung feststellt. Dem RKI soll diese Information innerhalb von drei Tagen vorliegen.
Die SPD-Fraktion kritisierte, die Verkürzung der Meldefrist für Infektionskrankheiten auf den nächsten Arbeitstag sei bei einem Zusammentreffen mit Feiertagen immer noch zu lang. Moderne Kommunikationsmittel erlaubten durchaus eine kürzere Fristsetzung. Diese Änderungen seien "sicherlich nicht falsch", sagte die SPD-Gesundheitsexpertin Bärbel Bas. Sie reichten aber nicht aus.
Bislang liege noch keine "hinreichende Aufarbeitung" der EHEC-Vorfälle vor, kritisierte Bas. Der Schutz der Bevölkerung lasse aber keinen Raum etwa für Kompetenzstreitigkeiten zwischen Bund, Ländern und Kommunen.
Dagegen betonte die CDU-Abgeordnete Karin Maag, die Koalition habe das Mögliche für eine Schadensminderung im Falle eines Epidemieausbruchs getan. "Wir haben auch unsere Hausaufgaben gemacht", sagte Maag. Die IGV sind laut Regierung das zentrale Rechtsinstrument im Zuständigkeitsbereich der WHO. Die drei Rechtsverordnungen, die zur Umsetzung der IGV aus dem Jahr 1969 erlassen worden waren, seien überholt und würden nun durch ein einheitliches Gesetz abgelöst, heißt es in der Vorlage.
Für den Vollzug der IGV sind laut Entwurf grundsätzlich die Länder zuständig. Als nationale Anlaufstelle ist das Gemeinsame Melde- und Lagezentrum von Bund und Ländern im Bundesamt für Bevölkerungsschutz vorgesehen. Die neuen Vorschriften beziehen sich unter anderem auf Schaffung von Kapazitäten für den öffentlichen Gesundheitsschutz in Flughäfen und Häfen. Der Gesetzentwurf sieht dafür die Flughäfen Berlin-Brandenburg, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg und München sowie die Häfen in Bremen, Bremerhaven, Hamburg, Kiel, Rostock und Wilhelmshaven vor.
Der Gesundheitsexperte der FDP-Fraktion, Jens Ackermann, sagte, die "Kapazitäten für den Ernstfall" müssten nun bis Mitte des Jahres eingerichtet werden. Mit dem Gesetz werden auch für die Krankheiten Mumps, Röteln, Windpocken und Keuchhusten neue Arzt- und Labormeldepflichten eingeführt.
Zur Begründung heißt es, die Meldepflichten seien sinnvoll, um Ausbrüche der Krankheiten frühzeitig zu erkennen und wirksam zu bekämpfen. In dem Gesetzentwurf geht es zudem um die Sicherstellung der Schiffshygiene sowie Regelungen über die Melde- und Informationspflichten von Luftfahrzeug- und Schiffsführern, "deren Erfüllung eine notwendige Basis für einen effektiven Gesundheitsschutz darstellt", wie die Regierung schreibt.
Die gesundheitspolitische Expertin der Linksfraktion und stellvertretende Vorsitzende des Gesundheitsausschusse, Kathrin Vogler, sagte, der Gesetzentwurf zu den IGV enthalte "ausnahmsweise so wenig Unsinn", dass die Opposition "nicht dagegen stimmt".
Leider habe es die Bundesregierung aber versäumt, klare Vorsorge gegen die von Atomtransporten auf See ausgehenden Gesundheitsgefahren zu treffen.
Der Grünen-Abgeordnete Harald Terpe begrüßte, dass aktuelle Erfahrungen mit Infektionskrankheiten in den Gesetzentwurf aufgenommen worden seien. Dies gelte etwa für die Verkürzung der Meldepflichten.
Allerdings sei das geplante Modellprojekt zur Optimierung der elektronischen Meldewege zu wenig ambitioniert. Es gehe nicht darum, "ob wir elektronische Medien benutzen, sondern wie und wie schnell wir sie benutzen", betonte Terpe. (mpi)